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Die Behandlung von Patienten mit schweren blasenbildenden Hauterkrankungen in einem Brandverletztenzentrum
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Veröffentlicht: | 25. März 2019 |
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Akut auftretende exfoliative Hauterkrankungen wie die toxische epidermale Nekrolyse (TEN) oder das Steven Johnson Syndrom (SJS) sind seltene Erkrankungen mit einer zum Teil hohen Morbidität und Mortalität. Bei der TEN findet sich histologisch eine subepidermale Blasenbildung, wodurch sich eine Analogie zu oberflächlich dermalen thermischen Verletzungen (Grad IIa) findet.
Aufgrund dieser Ähnlichkeit und den teilweise sehr großen Wundflächen, mit dem damit verbundenen Risiko einer Wundinfektion, wird eine Behandlung in einem Brandverletztenzentrum empfohlen.
Die toxisch epidermale Nekrolyse ist als Maximalvariante einer schweren blasenbildenden Hautreaktion vielen noch unter der nicht mehr gebräuchlichen, ungenauen Bezeichnung Lyell-Syndrom bekannt. Bei dieser in der Regel medikamenteninduzierten Erkrankung sind mehr als 30 % der Körperoberfläche von der Blasenbildung betroffen und in den meisten Fällen liegt eine zusätzliche Beteiligung der Schleimhäute vor. Blasenbildung betreffend von mehr als 90 % der Körperoberfläche sind bei diesen Veränderungen keine Seltenheit.
Eine Vielzahl von Medikamenten wird für die Auslösung der Toxisch epidermalen Nekrolyse verantwortlich gemacht. Unter den zahlreichen Antibiotika wird häufig das Cotrimoxazol als Auslöser der TEN genannt. Aber auch die Einnahme von Medikamenten aus dem Bereich der Antikonvulsiva, der nicht-steroidale Antiphlogistika oder auch der Muskelrelaxantien werden gehäuft mit dem Auftreten von toxisch epidermalen Nekrolysen in Zusammenhang gebracht.
In der Literatur wird ein Auftreten der toxisch epidermalen Nekrolyse zwischen 0,5 bis 1,0 Fällen pro 1 Mio. Einwohner pro Jahr beschrieben. Die TEN ähnelt der oberflächlich zweitgradigen Verbrennung nicht nur in ihrem Erscheinungsbild, auch hinsichtlich der Komplikationen gibt es Parallelen. Als Komplikationen aufgrund der Größe der Wundfläche ist hier vornehmlich die Gefahr der Wundinfektion zu nennen. Die große Wundfläche ist wie bei den Verbrennungen prädestiniert für das Auftreten von Wundinfektionen mit nachfolgender Sepsis. Bezüglich der Letalität finden sich in der Literatur Angaben von 30 bis 60%.
Eine intensivierte Oberflächentherapie steht aufgrund der möglichen Komplikationen somit im Vordergrund der Behandlung. Im Rahmen der Erstversorgung erfolgt nach Abtragung der Blasen und Debridement unter OP Bedingungen die Anlage einer Verbandanordnung mit Fettgaze und einem lokalen Antiseptikum. Im weiteren Verlauf wird eine repräsentative PE zur Sicherung der Diagnose vorgenommen. Darüber hinaus werden aufgrund der Schleimhautbeteiligung die Kliniken für HNO und Augenheilkunde konsiliarisch hinzugezogen.
Mit Übernahme der Patienten ist die Behandlung gekennzeichnet durch eine adäquate, wenn möglich, orale Substitutionstherapie bei intensivmedizinischem Monitoring. Die Schleimhautläsionen bedürfen intensive pflegerische Maßnahmen und die medikamentöse Therapie beschränkt sich auf das Notwendigste.
Nach Abschluss der Blasenbildung können moderne Epidermis-Ersatzmaterialien wie z. B. Biobrane, Epicite oder Suprathel zum Einsatz gebracht werden. Bei superinfizierten Wundflächen, wie es vereinzelt nach verspäteter Zuweisung der Patienten zu verzeichnen ist, wird die Therapie mit einem Antiseptikum fortgesetzt.
Durch frühzeitige Verwendung des temporären Epidermisersatzes kann der Flüssigkeitsverlust über die große Wundfläche deutlich reduziert und die lokale Keimbesiedlung minimiert werden. Hierdurch kann auf eine prophylaktische Antibiotikatherapie verzichtet werden. Bei einem komplikationsfreien Verlauf kommt es zu einer Reepithelialisierung, die nach etwa 2 Wochen abgeschlossen ist.
Fazit: Patienten mit TEN sollten frühestmöglich in ein Zentrum für Schwerbrandverletzte verlegt werden, wo im Rahmen eines interdisziplinären Behandlungskonzeptes die Durchführung einer aufwendigen protektiven Oberflächenbehandlung möglich ist.