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12. Internationales SkillsLab Symposium 2017

31.03. - 01.04.2017, Erlangen

... denn sie wissen nicht, was sie nicht wissen ... Entwicklung eines Peer Teaching-Tutorials zu Breaking Bad News

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  • presenting/speaker Katharina Veltmaat - MH Hannover, Skills Lab, Hannover, Deutschland
  • Sofie Kadel - MH Hannover, Skills Lab, Hannover, Deutschland
  • corresponding author Angelika Kursch - MH Hannover, Skills Lab, Hannover, Deutschland

12. Internationales SkillsLab Symposium 2017. Erlangen, 31.03.-01.04.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocD06

doi: 10.3205/17isls42, urn:nbn:de:0183-17isls422

Veröffentlicht: 23. März 2017
Veröffentlicht mit Erratum: 24. März 2017

© 2017 Veltmaat et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Ein zentraler Punkt im NKLM ist die Stärkung der kommunikativen Kompetenzen. Im Modellstudiengang Hannibal der MHH wird im zweiten Studienjahr die Diagnosemitteilung ausführlich mit vielen Feedback- und Reflexionseinheiten gelehrt, geübt und abschließend im OSCE geprüft. Im Verlauf des Studiums ist die Arzt-Patienten-Kommunikation zwar in vielen Modulen ein fester Bestandteil der Lehre, allerdings gibt es nur noch selten die Möglichkeit für die Studierenden eine Rückmeldung hierzu zu erhalten. Insbesondere für die Diagnosemitteilung fehlt es häufig an praktischen und supervidierten Übungsmöglichkeiten. Wohingegen die Anamneseerhebung im Studienverlauf häufig geübt wird. Hier werden der Bedarf an zusätzlichen Übungseinheiten, insbesondere zu Diagnosemitteilung, und dem gemeinsamen Austausch zu dieser Herausforderung, deutlich. Jedoch sind viele Studierende an einen straffen Stundenplan gebunden und erkennen mögliche Defizite und Übungsbedarf zu Themen, die nicht explizit von ihnen erwartet werden, nicht. Bei aktiver Ansprache hierzu wird jedoch der Wunsch nach einem Austausch über die in Famulatur und PJ erlebten kommunikativen Herausforderungen von Studierenden durchaus verbalisiert.

Zielsetzung: Mit einem Peer Teaching Angebot für höhere Semester zu „Breaking Bad News“ wollten wir auf Augenhöhe ein Tutorial konzipieren, das inhaltlich zum einen den aktiven Austausch über das praktisch Erlebte in Famulatur, Blockpraktika oder PJ ermöglicht und darüber hinaus ein erneutes Üben mit Videoeinsatz und Feedback bietet. Ein weiteres Ziel war es, jenseits der Tutorials zu den praktischen Medical Skills und Untersuchungstechniken, die im Hannoverschen Skills Lab sehr gut laufen, insbesondere Tutorials zu Kommunikation zu etablieren.

Herausforderungen: Bei den konzeptionellen Überlegungen konnte es kein Peer Teaching-Tutorial sein, in dem eine „richtige“ Diagnosemitteilung von studentischen Tutoren gelehrt wird, denn wir Tutoren haben weder die Kompetenzen noch die Erfahrungen im Bereich der Diagnosemitteilung. Es galt ein Konzept zu finden, in dem wir Tutoren (nach entsprechender Vorbereitung und Schulung) die Rolle der Moderatoren, die aktiv das Miteinander und den Austausch gestalten und nicht die der Lehrenden, übernehmen. Auch erwies sich die genaue Festlegung der Zielgruppe als eine weitere Herausforderung. Theoretische und praktische Kenntnisse aus der curricularen Lehre des zweiten Studienjahres mussten die Voraussetzung zur Teilnahme sein. Es sollten also explizit Studierende der höheren Semester angesprochen werden. Da es bei Hannibal als Modellstudiengang keine klare Trennung zwischen vorklinischem und klinischem Abschnitt gibt, befinden sich auch Studierende, denen die theoretischen und praktischen Kenntnisse aus dem zweiten Studienjahr fehlen, in den höheren Semestern. Hierdurch wurde eine Definition der Zielgruppe erschwert. Eine weitere zentrale Herausforderung war es, die Studierenden auf die Notwendigkeit des Übungs- und Austauschbedarfs zum Thema Diagnosemitteilung aufmerksam zu machen und die definierte Zielgruppe zu werben.

Methoden: Mit der Konzeptfindung wurde Mitte 2015 begonnen, zunächst als Brainstorming im Team von vier studentischen Tutoren und mit der Tutorialpatin (ebenfalls Tutorin). Es galt passende Fallvignetten für die praktischen Übungen zu entwickeln. Das erfolgte unter vier Gesichtspunkten. Insbesondere sollten sich diese Fälle deutlich von den Übungsfällen aus der curricularen Lehre im zweiten Studienjahr abgrenzen. Wir wollten zum einen explizit keine Krebsdiagnosen und keine Diagnosen mit infauster und rasch letaler Prognose nehmen. Zum anderen haben wir mit den Krankheiten Endometriose, Morbus Crohn und Diabetes mellitus Typ I Fälle ausgewählt, die schwerpunktmäßig jüngere Patienten mitgeteilt bekommen, sodass sich die Studierenden gut in die Situation der Patienten hineinversetzen können. Und drittens sollte bei den Diagnosen Morbus Crohn und Diabetes mellitus Typ I wie auch bei der COPD der Aspekt der Lebensstiländerung und die damit verbundene kommunikative Herausforderung geübt werden. Im Gegensatz zu der Altersgleichheit bei den erstgenannten Fällen, wurde die Erkrankung COPD für die praktischen Übungen ausgewählt, damit ein Altersunterschied zwischen Patienten und den zukünftigen jungen Ärzten dargestellt werden kann. Für die kurze theoretische Auffrischung im Rahmen des Tutorials anhand des SPIKES-Modells wurde ein Handout entwickelt. Es erfolgte eine eindeutige Rollenklärung für uns Tutoren als Moderatoren und Regieanweisungen zum Feedback wurden erstellt. Auch wichtige Aspekte zur Zielgruppe, Dauer des Tutorials und zum Zeitmanagement wurden ins Konzept aufgenommen. Aus Gründen der Gruppendynamik wurde eine Mindestteilnahmezahl von drei Teilnehmenden festgelegt. Zudem wurde ein Werbetext entwickelt, um das Interesse möglichst vieler Studierender zu wecken.

Nach einem Probelauf im Januar 2016 mit am Konzept unbeteiligten Skills Lab Tutoren und der anschließenden Evaluation und Rückmeldung, erfolgte im weiteren Verlauf eine kontinuierliche Nachjustierung. Unter anderem wurde auf Anregung der Teilnehmenden des Probelaufes die Zielgruppe vom 4.- 6. Studienjahr auch auf die Studierenden des dritten Studienjahres erweitert. Das Tutorial wurde zur Anmeldung freigeschaltet, im Februar 2016 das erste Mal angeboten und auf Facebook beworben. Die ersten Anmeldungen erfolgten jedoch von Studierenden, die nicht der Zielgruppe entsprachen (s. Herausforderungen). Es folgte eine Präzisierung der Ausschreibung und ein erneutes Ausschreiben im Mai, Juni und September 2016. Die Mindestteilnahmezahl wurde jeweils nicht erreicht. Als Reaktion darauf wurden im Verlauf die Werbemaßnahmen in Form von vermehrten Facebookeinträgen, Werbeaushängen auf dem Campus und der Einbindung des PJ-Büros als Schnittstelle zu den PJ-lern intensiviert. Zum Start des neuen Studienjahres 2016/2017 haben wir das Tutorial erneut angeboten und es fand mit drei Studentinnen statt. In einem vorab in Kooperation mit dem Evaluationsbüro speziell für die Kommunikationstutorials entwickelten Evaluationsbogen wollten wir u.a. Folgendes bewertet wissen: a). Intention der Teilnehmenden b). Kompetenz der Tutoren, c). Erwartungen versus Konzeptausschreibung umgesetzt und d). explizit die Frage (Freitext) zum persönlichen Mehrwert.

Ergebnisse:

1.
Probelauf mit am Konzept unbeteiligten Skills Lab Tutoren:
Tutorialkonzept hat überzeugt. Die Fallvignetten als Übungsbeispiele wurden als gut umsetzbar bewertet. Videofeedback wurde intensiv genutzt und als sehr positiv evaluiert (n=7).
2.
Evaluationsbogen Tutorial Oktober 2016:
a) Intention: „über die curriculare Lehre hinaus vertiefen wollen“… „ Anleitung durch Tutoren gewünscht“.
b) Die Kompetenz der Tutoren wurde als sehr gut bewertet …“sehr motivierte und fähige Tutoren“.
c) Das Tutorial entsprach den Erwartungen (N=3)
d) Persönlicher Mehrwert: „Übungsmöglichkeit“…“Feedback und Austausch“.

Von den drei Teilnehmerinnen waren zwei im dritten und eine im sechsten Studienjahr.

Diskussion: Trotz der positiven Evaluationsergebnisse von zwei Durchläufen stellen wir uns die Frage, wieso die Nachfrage so gering ist, obwohl eine supervidierte Interaktion mit den Patienten im Studienverlauf wenig stattfindet. Wir sind der Meinung, dass die Studierenden die Notwendigkeit von Übungen zu ärztlicher Gesprächsführung jenseits eines „Muss“, nicht erkennen, da sie auf die Defizite hierzu viel weniger hingewiesen werden als beispielsweise bei den Medical Skills.

Wir sind von dem Konzept überzeugt und bereit für einen „langen Atem“. Wir wollen das Tutorial weiter anbieten, denn: Wer nicht Blutabnehmen kann, merkt dies früh – Wer sich in der Gesprächsführung nicht aktiv ausprobiert … kommt sich nicht auf die Spur …


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