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7. Wissenschaftlicher Kongress "Familienmedizin in der hausärztlichen Versorgung der Zukunft"

Institut für Allgemeinmedizin und Ambulante Gesundheitsversorgung (iamag), Universität Witten/Herdecke

11. November 2023, Witten

„Let’s talk about sex“ – welche Barrieren und Förderfaktoren beeinflussen die Thematisierungshäufigkeit von Sexualität im Arzt-Patienten-Gespräch in der Hausarztpraxis?

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Josephine Solbach - Lehrstuhl für Allgemeinmedizin II und Patientenorientierung in der Primärversorgung, Institut für Allgemeinmedizin und Ambulante Gesundheitsversorgung (iamag), Universität Witten/Herdecke
  • Christine Kersting - Lehrstuhl für Allgemeinmedizin II und Patientenorientierung in der Primärversorgung, Institut für Allgemeinmedizin und Ambulante Gesundheitsversorgung (iamag), Universität Witten/Herdecke
  • Alexandra Schmidt - Lehrstuhl für Allgemeinmedizin II und Patientenorientierung in der Primärversorgung, Institut für Allgemeinmedizin und Ambulante Gesundheitsversorgung (iamag), Universität Witten/Herdecke
  • Achim Mortsiefer - Lehrstuhl für Allgemeinmedizin II und Patientenorientierung in der Primärversorgung, Institut für Allgemeinmedizin und Ambulante Gesundheitsversorgung (iamag), Universität Witten/Herdecke

Institut für Allgemeinmedizin und Ambulante Gesundheitsversorgung (iamag), Universität Witten/Herdecke. 7. Wissenschaftlicher Kongress „Familienmedizin in der hausärztlichen Versorgung der Zukunft“. Witten, 11.-11.11.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23iamag13

doi: 10.3205/23iamag13, urn:nbn:de:0183-23iamag136

Veröffentlicht: 8. November 2023

© 2023 Solbach et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Physische und psychische Probleme rund um Sexualität haben laut einer Bevölkerungsstudie in Deutschland eine hohe Versorgungsrelevanz. Obgleich Hausärzt:innen als primäre Ansprechpartner:innen für Gesundheitsfragen ihrer Patient:innen fungieren, zeigen Studien, dass dieses Thema in der Sprechstunde selten kommuniziert wird. Mögliche Gründe dafür wurden im deutschsprachigen Raum bisher wenig untersucht.

Fragestellung: Welche Barrieren und Förderfaktoren bestehen für die Thematisierung von Sexualität im Arzt-Patienten-Gespräch in der Hausarztpraxis? Wie häufig und zu welchen Anlässen wird über Sexualität gesprochen und welche Faktoren haben Einfluss auf die Thematisierungshäufigkeit?

Methoden: Online-Querschnittstudie unter Hausärzt:innen im Zeitraum 10.11.2021–01.06.2022. Die Entwicklung des Fragebogens erfolgte in einem mehrstufigen Prozess. Der Umfrage-Link wurde über Verteiler verschiedener Organisationen verbreitet. Zur Datenauswertung wurden in SPSS Statistics deskriptive statistische Methoden, bivariate Analysen und Regressionsmodelle angewendet.

Ergebnisse: Es nahmen 249 Hausärzt:innen teil, von denen 68,7% Männer waren. Die Teilnehmenden waren im Mittel 54,4 (±9,7) Jahre alt und seit 17,4 (±10,9) Jahren hausärztlich niedergelassen. Sexualität war für 68,6% der teilnehmenden Hausärzt:innen ein wichtiges Gesundheitsthema und wurde von 48,7% als Teil ihres hausärztlichen Zuständigkeitsbereichs gesehen. 39,5% gaben an, Sexualität häufig (täglich bis mind. 1x wöchentlich) anzusprechen; 48,1% thematisierten Sexualität nach eigener Angabe seltener als medizinisch indiziert, wobei Zeitmangel, Sprachbarrieren, Anwesenheit von Angehörigen und Erstgespräche zentrale Barrieren darstellen. Die Regressionsanalyse zeigte eine signifikant häufigere Thematisierung von Sexualität bei folgenden Eigenschaften der Ärzt:innen: Nicht-Heterosexualität (OR: 5,47), hohe subjektiv empfundene Kompetenz bezüglich sexualmedizinischer Themen (OR: 4,26), männliches Geschlecht (OR: 4,20) und Erfahrung, dass sich die Thematisierung positiv auf das Behandlungsergebnis auswirkt (OR: 3,58).

Diskussion: Die befragten Hausärzt:innen halten Sexualität überwiegend für ein wichtiges Thema und sehen sich in der Zuständigkeit. Dennoch thematisieren sie es unter anderem aus Zeitgründen seltener als medizinisch indiziert. Hohe Kompetenz und Routine in dem Themengebiet fördern die Häufigkeit der Kommunikation über Sexualität.

Take Home Message: Eine strukturierte Kommunikation über Sexualität in der hausärztlichen Sprechstunde könnte zur besseren Versorgung von Patient:innen beitragen und sollte daher präsenter in Studium und Fortbildungen sein.