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7. Wissenschaftlicher Kongress "Familienmedizin in der hausärztlichen Versorgung der Zukunft"

Institut für Allgemeinmedizin und Ambulante Gesundheitsversorgung (iamag), Universität Witten/Herdecke

11. November 2023, Witten

„Positive Health“ in der universitären Lehre – ein Erfahrungsbericht

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Ottomar Bahrs - Fachbereich Gesundheitswissenschaften, Hochschule Fulda; Institut für Allgemeinmedizin, Universität Düsseldorf; Dachverband Salutogenese, Göttingen

Institut für Allgemeinmedizin und Ambulante Gesundheitsversorgung (iamag), Universität Witten/Herdecke. 7. Wissenschaftlicher Kongress „Familienmedizin in der hausärztlichen Versorgung der Zukunft“. Witten, 11.-11.11.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23iamag11

doi: 10.3205/23iamag11, urn:nbn:de:0183-23iamag111

Veröffentlicht: 8. November 2023

© 2023 Bahrs.
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Gliederung

Text

Zielsetzung/Fragestellung: Eignet sich „Positive Health“ als Basiselement zur Vermittlung von Gesundheitsmodellen – wie z.B. der Salutogenese – und ressourcenorientierter Praxis im Studium der Gesundheitswissenschaften?

Methoden: Erfahrungsbericht des Dozenten. Auswertung von Dokumentationen von 6 „Positive Health-Gesprächen“ sowie gesamthafter Eindruck von Unterrichtsbeteiligung und Rückmeldungen der Studierenden.

Ergebnisse: Im SS 23 machten Studierende mit engagierten und qualifizierte Impulsreferaten das Thema zur eigenen Sache. Im Anschluss hat etwa jede/r sechste (von 55) Teilnehmende freiwillig und zusätzlich das Tool im Interview mit einem/r Gesprächspartner*in außerhalb der Hochschule erprobt, dies dokumentiert und reflektiert sowie einen schriftlichen Bericht verfasst. Beispiele:

  • Die Befragten legen vor dem Hintergrund von Lebensalter und -erfahrungen den Fokus auf andere Ressourcen und beziehen sich in unterschiedlichen Lebensphasen auf verschiedene Entwicklungsaufgaben. Sie machen einen gesunden Eindruck, obwohl beide belastet sind. Von außen lässt sich eine mögliche gesundheitliche Einschränkung nur begrenzt beurteilen.
  • Chronische Überforderung vor dem Hintergrund beruflicher Belastungen einerseits und dem Wunsch, sich angesichts einer (nahezu geheim gehaltenen) chronischen Erkrankung durch permanente Ansprechbarkeit unentbehrlich zu machen. Das damit verbundene Risiko wird im Gespräch körperlich inszeniert und thematisiert. Dies führt zu veränderter Prioritätensetzung im Alltag. „Endlich hat mich jemand ernst genommen.“
  • Eine Befragte findet schon den Namen „Meine positive Gesundheit“ motivierend und freut sich, dass der Fokus nicht nur auf „dieser einen Sache“ liegt, wie zumeist im Umgang mit Ärzt*innen und Kranken-/Pflegekassen. Sie möchte dies regelmäßig wiederholen.

Diskussion: Hier werden erste Eindrücke berichtet. Das Thema stößt auf großes Interesse und reaktiviert ein häufig primäres Motiv für die Berufswahl. Angehörige aller Berufsgruppen (Pflege, Physiotherapie, Hebammen, Public Health usw.) fühlen sich angesprochen und das Tool hat sich auch im vorberuflichen Feld bewährt: Aus einem Lehrinterview wurde eine Unterstützungsbeziehung, die ohne explizite Rollenzuweisung vorhandene Kompetenzen nutzt. Dies lässt vermuten, dass „Positive Health“ auch im Bereich bürgerschaftlicher Hilfeleistung (Familienhilfe, Nachbarschaftshilfe, Ehrenamtlichkeit) handlungsleitend werden kann.

Take Home Message: Positive Health wirbt für eine salutogene Orientierung. Eigene Gesprächserfahrung und deren strukturierte und selbstreflexive Aufbereitung erleichtern den Zugang zu Personenzentrierung, Wertschätzung von subjektiven Gesundheits- und Krankheitskonzepten, Wahrnehmung von Ressourcen und dem Gewicht von Beziehungsgestaltung sowie zu biographischen und sozialen Aspekten gesundheitlicher Ungleichheit. Damit wird insgesamt ein holistisches Verständnis von Gesundheit und Krankheit gefördert.