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Untersuchung des Risikos für eine Substanzgebrauchsstörung durch Gabapentinoide bei Patient*innen mit chronischen, nicht-tumorbedingten Schmerzen
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Veröffentlicht: | 8. November 2023 |
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Hintergrund: Die bedeutende Zunahme des Gebrauchs von Gabapentinoiden in der Therapie chronischer, nicht-tumorbedingter Schmerzen (CNTS) hat die Aufmerksamkeit auf das mögliche Potential einer Substanzgebrauchsstörung von Gabapentinoiden gelenkt. Literatur-Reviews verweisen auf ein klinisch relevantes Risiko des Fehl-/Missbrauchs von Gapapentinoiden in substanzgebrauchenden Populationen. Trotzdem steigen die Verschreibungsraten der Gabapentionoide in vielen Ländern wie den USA und Deutschland weiter an. Ein erweitertes Indikationsspektrum oder die steigende Prävalenz von CNTS erklären diesen Trend nicht allein. Vielmehr gibt eine aktuelle Sekundärdatenanalyse zu Verordnungsmustern Hinweise auf die Off-label-Verschreibung von Gabapentinoiden bei chronischen Schmerzen, und zwar unabhängig von einer neuropathischen Schmerzdiagnose. Nebenwirkungen wie Sedation, Schwindel und kognitive Defizite sind dabei besorgniserregend.
Zielsetzung: Ziel ist die Überprüfung des Risikos einer Substanzgebrauchsstörung durch Gabapentinoide (Gabapentin, Pregabalin) in einem Kollektiv von Patient*innen mit chronischen Schmerzen.
Methoden: Es wurde eine anonyme, fragebogenbasierte Querschnittstudie unter CNTS-Patient*innen in Hausarztpraxen durchgeführt. Insgesamt nahmen 100 Patient*innen an der Befragung teil. Der eingesetzte Fragebogen basiert auf validierten und etablierten Diagnoseinstrumenten wie dem DSM-5 und dem Drug-Effect-Questionnaire (DEQ). Zusätzlich wurden Informationen zur Soziodemographie, zur Schmerzmedikation und zum vorliegenden Schmerz erfragt. Die erhobenen Daten wurden mittels deskriptiver Statistiken und logistischen Regressionen in SPSS ausgewertet.
Ergebnisse: In der deskriptiven Analyse zeigt sich eine Prävalenz von 26,9% (n=93) für das Vorhandensein einer mindestens leichten Substanzgebrauchsstörung in der vorliegenden Stichprobe. In der logistischen Regression zeigen sich das männliche Geschlecht und der Hauptschulabschluss als statistisch signifikante Prädiktoren.
Diskussion: Bisher wurde die Prävalenz einer Substanzgebrauchsstörung durch Gabapentinoide bei Menschen mit CNTS unzureichend untersucht. Die vorliegenden Ergebnisse stehen im Einklang mit den Hinweisen auf riskanten Konsum in der Literatur. Weitere Forschung erscheint dringend nötig, da Gabapentinoide kombiniert mit Opiodpräparaten das Risiko eines opioidbedingten Todes steigern.
Take Home Message: Die vorliegenden Ergebnisse weisen auf die Notwendigkeit einer besonderen Wachsamkeit bei der Verordnung von Gabapentinoiden bei Patient*innen mit chronischen Schmerzen hin. In der vorliegenden Stichprobe zeigte sich das Risiko einer Substanzgebrauchsstörung im Zusammenhang mit dem männlichen Geschlecht und bei einem geringen Bildungsniveau als erhöht.