gms | German Medical Science

4. Symposium Health Technology Assessment
Bewertung medizinischer Verfahren

Deutsche Agentur für HTA des DIMDI – DAHTA@DIMDI

13. bis 14.11.2003, Krefeld

Ergebnisbericht der Arbeitsgruppe Anforderungen an HTA aus Sicht der PatientInnen

Vortrag

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  • corresponding author Gregor Bornes - Bundesarbeitsgemeinschaft der PatientInnenstellen und -initiativen /Patientinnenstelle im Gesundheitsladen Köln e.V, Köln

Deutsche Agentur für Health Technology Assessment des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information. 4. Symposium Health Technology Assessment - Bewertung medizinischer Verfahren. Krefeld, 13.-14.11.2003. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2004. Doc03hta05

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/hta2003/03hta05.shtml

Eingereicht: 16. Februar 2004
Veröffentlicht: 29. April 2004

© 2004 Bornes.
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Gliederung

Text

Bedürfnisse der PatientInnen

PatientInnen sind Kranke, die sich hilfesuchend an ein professionelles medizinisches System wenden. Sie sind oft in einer körperlich und/oder psychisch geschwächten Verfassung. In dieser Situation haben PatientInnen zuallererst Bedürfnisse nach einer würdevollen und humanen Behandlung. Auf der Suche nach Heilung und Linderung ist wichtig, dass medizinische Leistungen in einer guten und zuverlässigen Qualität angeboten werden. Diese Leistungen sollen in ihrer Struktur, in ihrer Durchführung und in ihrer Qualität transparent angeboten werden, damit sie leicht in Anspruch genommen werden können. PatientInnen haben das Bedürfnis und das verbriefte Recht, selbstbestimmt Entscheidungen über ihren individuellen Umgang mit der Krankheit zu treffen. Ein weiteres Bedürfnis drückt sich oft in Angst und Unsicherheiten aus: das Bedürfnis nach Sicherheit und Schutz vor Fehlbehandlung.

Situation im modernen Medizinsystem

Im heutigen Medizinsystem sind zwei wesentliche Entwicklungen erkennbar:

• Die Verfügbarkeit medizinischen Wissens schreitet exponentiell fort. Die sich daraus ergebende Informationsflut wird zunehmend schwieriger zu handhaben. Für PatientInnen bedeutet die größere Verfügbarkeit einerseits die Möglichkeit sich besser zu informieren, andererseits entsteht zunehmend die Notwendigkeit, zwischen wichtigen und unwichtigen oder auch richtigen oder falschen Informationen zu unterscheiden. Vor allem vor dem Hintergrund wachsender Anforderungen an die „mündige PatientIn" ist es zunehmend wichtig, ausreichend verlässliche und verständliche Informationen zu erhalten.

• Aufgrund knapper werdender Ressourcen, einer sich stetig verteuernden Apparatemedizin und einschränkenden rechtlichen Regelungen entsteht eine Lücke zwischen möglichen und versicherungsrechtlich abgesicherten Leistungen. Immer häufiger werden PatientInnen privat zur Kasse gebeten. Dies macht objektive und nachvollziehbare Informationen über die Qualität und den Umfang verschiedener Behandlungsalternativen zur Entscheidungsfindung notwendig.

Möglichkeiten und Grenzen von HTA für PatientInnen

HTA-Berichte können vor allem bei Informationsfragen unter den Gesichtspunkten Verweigerung von Kostenübernahme oder privat zu bezahlenden medizinischen Angeboten eine hilfreiche Informationsquelle oder sogar Entscheidungshilfe sein.

Aufgrund der stark wissenschaftlich geprägten Ausrichtung der Berichte ist eine Übertragungsleistung nötig. Daher kann HTA eher in speziellen Selbsthilfe-, PatientInnen- oder Verbraucherberatungsstellen, seltener für fachlich versierte Betroffene direkt dienlich sein. PatientInnen suchen meist Antworten auf Probleme, HTA-Berichte bearbeiten aber eher Methoden. Dies kann zu Problemen führen.

Weitere Schwierigkeiten von HTA bestehen darin, dass lediglich die verfügbare Literatur ausgewertet wird. Dies kann dazu führen, dass medizinische Methoden fälschlich als untauglich beschrieben werden.

Kriterien für die Nutzung von HTA durch PatientInnen

Trotz der benannten Hindernisse kann HTA aber für PatientInnen, bei Beachtung folgender Kriterien nützlich sein:

Leicht zu finden

HTA-Berichte müssen für PatientInnen leicht zu finden sein. Sie sollten nicht in einer internen Datenbank abgelegt werden, sondern öffentlich zugänglich sein. Sie sollten mit möglichst geringen (technischen) Hürden an nachvollziehbaren Orten (digital aber auch in öffentlichen Einrichtungen) auffindbar sein. Sie sollten themen- und/oder symptombezogen verschlagwortet sein.

Fachlich korrekt und vollständig

Die Informationen müssen fachlich korrekt wiedergegeben werden. In Fällen, bei denen es sich widersprechende medizinische Meinungen gibt, müssen die Inhalte und ihre jeweiligen Belege nebeneinander dargelegt werden. Wenn bestimmte Inhalte nicht aufgenommen werden, ist das zu begründen.

Verständlich, übersichtlich, barrierefrei

HTA-Berichte, die Nutzen für PatientInnen entfalten sollen, müssen laienverständlich formuliert sein. Die dazu notwendige Übertragungsarbeit ist bisher nicht erbracht und eingeplant. Außerdem muss der Text eine leicht verständliche Struktur haben, die es dem Leser/der Leserin ermöglicht, schnell zu erfassen, welche Teile für ihn bzw. sie wesentlich sind.

Nützlich

Der Nutzen einer Studie und mehr noch der eines HTA-Berichts macht sich fest an Kriterien des tatsächlichen Nutzens für die Gesundheit oder die Lebensqualität der Behandelten. Surrogatparameter sind dafür meist ungeeignet und aus Patientensicht tendenziell unethisch. Die Nützlichkeit von HTA steigt, je mehr es als Entscheidungshilfe dienlich ist.

Unabhängig, neutral und transparent im Entstehungsprozess

HTA-Autoren dürfen nicht interessengebunden sein. Sie sollten ihre eventuellen Interessenskonflikte offen legen. Der HTA-Bericht sollte Informationen enthalten über die Auftraggeberinnen, die Ziele des Berichts und die geleistete Qualitätssicherung.

International

Vor allem bei abgelehnten oder schlecht beurteilten Methoden ist es für PatientInnen hilfreich, Informationen über die Anwendung der Methode im Ausland zu erhalten. Mit solchen Informationen kann eventuell trotz der negativen Beurteilung im deutschen Raum eine Entscheidung für ein bestimmtes Verfahren gefällt werden, das allerdings meist selbst bezahlt werden muss.