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102. Jahrestagung der Vereinigung Südwestdeutscher Hals-Nasen-Ohrenärzte

21.09. - 22.09.2018, Karlsruhe

Fallvorstellung: Komplikation einer akuten Tonsillitis: absteigender Parapharyngealabszess mit Mediastinitis

Meeting Abstract

  • corresponding author Vanessa Grüßinger - SLK Kliniken, Heilbronn, Deutschland
  • Stavroula Andrianopoulou - SLK Kliniken, Heilbronn, Deutschland
  • Miriam Schmitt - SLK Kliniken, Heilbronn, Deutschland
  • Olcay Cem Bulut - SLK Kliniken, Heilbronn, Deutschland
  • Burkard Lippert - SLK Kliniken, Heilbronn, Deutschland

Vereinigung Südwestdeutscher Hals-Nasen-Ohrenärzte. 102. Jahrestagung der Vereinigung Südwestdeutscher Hals-Nasen-Ohrenärzte. Karlsruhe, 21.-22.09.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18hnosw14

doi: 10.3205/18hnosw14, urn:nbn:de:0183-18hnosw141

Veröffentlicht: 13. Dezember 2018

© 2018 Grüßinger et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die akute Tonsillitis ist eine häufige Infektionskrankheit, die in jedem Lebensalter auftreten kann, jedoch einen Häufigkeitsgipfel im Schulkindesalter hat. Haupterreger sind Viren (u.a. Adenoviren, EBV, Rhinoviren), seltener Bakterien, sowohl aerobe (v.a. Streptococcus pyogens) als auch anaerobe (Fusobacterium). Als Komplikation kann ein Peri-, Intratonsillar- oder Parapharyngealabszess entstehen [1], [2]. Abszesse treten gehäuft im jungen bis mittleren Erwachsenenalter (2.–4. Lebensdekade) und bei männlichen Patienten auf. Eine parapharyngeale Ausbreitung wird in der Literatur in 3–5% der Fälle beschrieben. Typische Symptome sind Fieber, Odynodysphagie, Trismus und Halsschwellung. Eine operative Drainage ist die Therapie der Wahl, begleitend mit einer antibiotischen und suffizienten analgetischen Therapie. Aufgrund des heute verfügbaren breiten Antiobiotikaspektrums ist die Zahl der Abszesse und damit verbundenen Komplikationen insgesamt deutlich gesunken [3], [4].

Fallvorstellung: Eine 43-jährige Patientin stellte sich mit einer therapieresistenten progredienten Angina tonsillaris mit Dyspnoe und Thoraxschmerzen sowie einer Schwellung präthyroidal vor. Es zeigte sich eine Pharynxasymmetrie mit minderbeweglicher Stimmlippe links und diffuser Schwellung des äußeren Halses. Laborchemisch zeigten sich erhöhte Entzündungswerte. Computertomografisch zeigte sich eine langstreckige Abszessformation von retropharyngeal und retrolaryngeal nach kaudal ins Mediastinum ziehend sowie Zeichen einer Mediastinitis. Es erfolgte die Abszess-Tonsillektomie und Spaltung parapharyngeal und retrolaryngeal. Anschließend erfolgte die Mediastinoskopie und Abszessentlastung mediastinal durch die Kollegen der Thoraxchirurgie. Bei klinischer und radiologischer Befundverschlechterung erfolgte im Verlauf eine erneute Revision mit erneuter Drainage und eine abstrichgerechte kalkulierte antibiotische und antimykotische Therapie. Der intraoperative Abstrich und die Blutkultur ergab eine Besiedelung mit Candida albicans und Enterokokkus faecium. Die Extubation der Patientin konnte nach prolongiertem stationären Verlauf nach 10 Tagen und die Entlassung nach etwa 1 Monat erfolgen. In der HNO-fachärztlichen Kontrolle zeigten sich insgesamt zeitgerechte Befunde. Bei persistierenden Schluckbeschwerden wurde eine Anschlussheilbehandlung zur Schluckrehabilitation geplant.

Ergebnisse: Als seltene Komplikationen eines Parapharyngealabszesses können eine Phlegmone, Jugularvenenthrombose, Pneumonie, Sepsis oder Mediastinitis auftreten. In der Literatur wird eine Mediastinitis in <2% als Komplikation beschrieben [3], [4]. In dem vorgestellten Fall zeigte sich bereits bei der stationären Aufnahme, trotz antibiotischer Anbehandlung, eine ausgeprägte Mediastinitis mit septischem Krankheitsbild. Trotz der zügigen Bildgebung und interdisziplinären Therapie musste bei Progredienz eine Revision erfolgen. Durch die stetige Anpassung der intensiven Therapie konnte die Patientin schließlich genesen.

Schlussfolgerung: Ein absteigender Parapharyngealbszess mit konsekutiver Mediastinitis als Komplikation ist ein seltenes aber schwerwiegendes und lebensbedrohliches Krankheitsbild. Zur optimalen Behandlung ist die antibiotische Therapie und operative Abszessentlastung in interdisziplinärer Zusammenarbeit erforderlich.


Literatur

1.
AWMF. S2k-Leitlinie 017/024 – Therapie entzündlicher Erkrankungen der Gaumenmandeln Tonsillitis. 2015.
2.
Strutz J, Mann W. Praxis der HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie. 2. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2010.
3.
Brit TP, Hazboun IM, Fernandes FL, Bento LR, Zappelini CEM, Chone CT, Crespo AN. Deep neck abscesses: study of 101 cases. Braz J Otorhinolaryngol. 2017 May-Jun;83(3):341-348.
4.
Gujrathie AB, Ambulgekar V, Kathait P. Deep neck space infection – A retrospective study of 270 cases at tertiary care center. Worl J Otorhinolaryngol Head Neck Surg. 2016 Dec 22;2(4):208-31.
5.
Meher R, Jain A, Sabharwal A, Gupta B, Singh I, Agarwal AK. Deep neck abscesses: A prospective study of 54 cases. J Laryngol Otol. 2005;119:299-302.