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96. Jahrestagung der Vereinigung Südwestdeutscher Hals-Nasen-Ohrenärzte

28. - 29.09.2012, Koblenz

Komplikationen nach Abdruckentnahme für Hörgeräte und Ohrpassstücke

Meeting Abstract

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Vereinigung Südwestdeutscher Hals-Nasen-Ohrenärzte. 96. Jahrestagung der Vereinigung Südwestdeutscher Hals-Nasen-Ohrenärzte. Koblenz, 28.-29.09.2012. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2012. Doc12hnoswS9

doi: 10.3205/12hnosw26, urn:nbn:de:0183-12hnosw264

Veröffentlicht: 11. Dezember 2012

© 2012 Wolferts et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die Abdruckentnahme für Hörgerät-Ohrpassstücken erfolgt in Deutschland bei Hörgeräteakustikern und wird mit verschiedenen Materialien, meist Silikon oder Silikonanaloga durchgeführt. Der Vorgang ist bei ordnungsgemäßer Durchführung, insbesondere sicherer Abdichtung der medialen Gehörgangsabschnitte und vorsichtiger Applikation der Abdrucksubstanz in aller Regel komplikationslos. Allerdings kann in sehr seltenen Fällen Abdruckmaterial in die Pauke und in das Antrum gelangen und hier gravierende Schäden verursachen. Bisher wurden nur einzelne Fälle in der einschlägigen Literatur beschrieben.

Methoden: Es wird über drei Pat. berichtet, bei denen Abdruckmaterial in die Pauke gelangt war. Alle Pat. wurden operativ und wegen begleitender Innenohraffektionen mit einer systemischen Cortisontherapie behandelt. Die intraoperativen Befunde wurden präzise dokumentiert, sodass eindrucksvolles Bild- und Videomaterial zur Verfügung steht.

Ergebnisse: In einem Fall gelangte das Silikonmaterial trotz intaktem Trommelfell in die Pauke, in einem weiteren Fall kam es zu einem spontanen, sekundären Trommelfellverschluss über der intratympanal applizierten Silikonmasse. Die Operation gestaltete sich in allen Fällen sehr aufwändig, da eine en bloc-Entfernung der Abdruckmassen nicht möglich war und regelhaft Subluxationen der Ossikelkette vorlagen. Es wurden keine traumatischen Cholesteatombildungen beobachtet, die Entwicklung der Hörverluste gestaltete sich inhomogen.

Schlussfolgerung: Die Fälle demonstrieren, dass keine Hörgeräteversorgung ohne fachärztliche Begleitung erfolgen sollte. Nicht nur vor sondern auch nach einer Abdrucknahme für eine Otoplastik sollte stets eine HNO-ärztliche Untersuchung durchgeführt werden. Andernfalls können vorbestehende Trommelfelldefekte und Gehörgangsanomalien übersehen werden, und Läsionen, die durch die Abdrucknahme entstanden sind und zunächst klinisch inapparent sind, zu spät oder gar nicht diagnostisch korrekt erfasst werden. Innenohrschäden sind nicht selten, wenn otoplastisches Abdruckmaterial in die Pauke gelangt, dort expansiv aushärtet und zu Subluxationen der Ossikelkette, insbesondere des Stapes führt. In Analogie zu anderen akuten Innenohrerkrankungen sollte eine adjuvante, leitlinienkonforme Therapie mit Cortison möglichst zeitnah zum auslösenden Ereignis einsetzen. Gerade vor dem aktuellen Hintergrund der kontroversen Diskussionen um die Qualitätssicherungsvereinbarungen zur Hörgeräteversorgung zeigen die Fälle sehr deutlich, dass die Hörgeräteversorgung stets fachärztlich begleitet werden sollte.