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Lemierre-Syndrom: Mediastinitis als Komplikation der „vergessenen Krankheit“
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Veröffentlicht: | 24. April 2007 |
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Hintergrund: Das Lemierre-Syndrom ist eine prinzipiell lebensbedrohliche Erkrankung, die im Zeitalter der Antibiotika nicht umsonst als die „vergessene Krankheit“ bezeichnet wird. Zu Grunde liegt eine oropharyngeale bakterielle Infektion mit lokalem Voranschreiten in den parapharyngealen Raum, einer Thrombose der V. jugularis interna und septischen Thrombemboli.
Anamnese und Verlauf: Ein sonst klinisch gesunder 51-jähriger stellte sich mit dem Bild eines Peritonsillarabszesses links in unserer Notaufnahme vor. Er hatte mehr als 3g ASS eingenommen, weshalb wir uns zunächst zu einer enoralen Abszessspaltung entschlossen hatten. In Folge kam es unter Antibiose zu keiner Besserung; die ipsilaterale Lymphadenitis zeigt einen progredienten Verlauf. In der durchgeführten Sonographie stellte sich eine partielle Thrombose der V. jug. int. links dar; im folgenden CT wurde ein Emphysem parapharyngeal und im Mediastinum deutlich. In einer Not-Operation wurde ein komplett nekrotischer M. sternocleidomastoideus exzidiert; die nekrotisierende Fasziitis hatte sich bis ins Mediastinum ausgebreitet, sodass das Mediastinum exploriert und drainiert werden musste. Der weitere Verlauf war unter Wundtoilette und Antibiose langsam rückläufig. Nach Abheilung wurde ein nekrotischer Hautdefekt zervikal mittels eines Deltopectoralis-Lappens gedeckt. Wir konnten den Patienten nach zwei Monaten Klinik-Aufenthalt bei allgemeinem Wohlbefinden entlassen.
Fazit: Ein Hauptsymptom des sehr seltenen Lemierre-Syndroms, nämlich septische Thrombemboli, wurde durch eine schmerzbedingte ASS-Einnahme kupiert und erschwerte die Diagnosestellung. Die fulminante nekrotisierende Fasziitis, die sich innerhalb eines Tages bis ins Mediastinum ausgebreitet hatte, war in unserem Fall der kritische Faktor.