gms | German Medical Science

Gesundheit – gemeinsam. Kooperationstagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH)

08.09. - 13.09.2024, Dresden

Der Sicherstellungsradar der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein – ein Werkzeugkasten zur Unterstützung der strategischen und operativen Sicherstellung

Meeting Abstract

  • Silke Boos - Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein, Düsseldorf, Germany
  • Engin Aydin - Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein, Düsseldorf, Germany
  • Viola Graefe - Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein, Düsseldorf, Germany
  • Beate Maßmann - Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein, Düsseldorf, Germany
  • Christoph Potempa - Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein, Düsseldorf, Germany

Gesundheit – gemeinsam. Kooperationstagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH). Dresden, 08.-13.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocAbstr. 374

doi: 10.3205/24gmds808, urn:nbn:de:0183-24gmds8083

Veröffentlicht: 6. September 2024

© 2024 Boos et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Einleitung: Vor dem Hintergrund der steigenden Lebenserwartung sowie einer zunehmenden Alterung der Bevölkerung wird der Bedarf an ambulanter medizinischer wie psychotherapeutischer Versorgung in Zukunft weiter zunehmen. Der steigende Versorgungsbedarf ist patientenseitig mit der Erwartung einer wohnortnahen Versorgung verbunden. Demgegenüber steht eine begrenzte zur Verfügung stehende Arztzeit, die durch ein steigendes Durchschnittsalter der Ärzteschaft sowie die Trends zur Anstellung und zur Teilzeitarbeit trotz einer steigenden Zahl tätiger Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen zuletzt stagnierte. In diesem Spannungsfeld sehen sich die Kassenärztlichen Vereinigungen mit besonderen Herausforderungen konfrontiert, um Ihrem gesetzlichen Auftrag einer flächendeckenden und wohnortnahen ambulanten medizinischen Versorgung auch künftig gerecht zu werden.

Um diesen Herausforderungen zu begegnen, hat die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein ein digitales Monitoring-System, den sogenannten „Sicherstellungs-Radar“, entwickelt, der die Fachabteilungen im Rahmen der operativen Sicherstellung, der Beantwortung von Anfragen zur Versorgungssituation sowie im Rahmen der Planung zukünftiger strategischer Sicherstellungsmaßnahmen unterstützt. Das System, das sich aus drei Bausteinen zusammensetzt, berücksichtigt dabei verschiedene räumliche und zeitliche Betrachtungsebenen, um so die vielfältigen Fragestellungen zielgerichtet beantworten zu können.

Methoden: Die Bereitstellung des Monitoring-Systems erfolgt mittels Microsoft SQL Server Reporting Services (SSRS) in Form paginierter Berichte und Power BI–Dashboards. Zur Prozessierung der verschiedenen raumzeitlich aggregierten Kennzahlen wird auf die Stammdatenbanken der KV Nordrhein zurückgegriffen, und diese Daten wiederum über ein Datawarehouse für den Sicherstellungsradar verfügbar gemacht. Die Modellierung der langfristigen Versorgung in Nordrhein erfolgt zudem mit Hilfe der Statistiksoftware R.

Ergebnisse: Das Monitoring-System setzt sich aus den folgenden Komponenten zusammen:

  • Reporting-System: Durch eine standardisierte Bereitstellung sicherstellungsrelevanter Kennzahlen in Form eines SSRS Self-Service-Berichts wird eine tagesaktuelle Auskunft über die aktuelle Versorgungssituation in Nordrhein ermöglicht. Die Informationen werden fachgruppenspezifisch sowie auf verschiedenen Raum- und Planungsebenen (Nordrhein, Raumordnungsregion, Kreis, Mittelbereich, Gemeinde) zur Verfügung gestellt.
  • Frühwarn-System:
    • Dashboard „Frühwarnsystem Regionen“: In einem interaktiven Dashboard werden tagesaktuell ausgewählte sicherstellungsrelevante Kennzahlen zur Verfügung gestellt, um die Bewertung der kurz- bis mittelfristigen Versorgungssituation in den verschiedenen Fachgruppen und Regionen Nordrheins zu ermöglichen und potenzielle lokale Sicherstellungsprobleme frühzeitig zu identifizieren. Die Kennzahlen lassen sich dabei sowohl einzeln betrachten als auch in Form eines Versorgungsindex, der die einzelnen Kennzahlen in Summe bewertet.
    • Dashboard „Frühwarnsystem Praxen“: In einem interaktiven Dashboard werden ausgewählte strukturelle Kennzahlen zu nordrheinischen Praxen zur Verfügung gestellt, um Hinweise auf Versorgungsengpässe durch die Schließung (system-)relevanter Praxen zu erhalten. Die Kennzahlen lassen sich hier ebenfalls einzeln betrachten und auch als Index, der eine Gesamtbewertung zum Ausfallrisiko einer Praxis zulässt, abrufen.
  • Prognose-System: Anhand eines datengestützten Modells wird fachgruppenspezifisch die zukünftige Versorgungssituation in Nordrhein im Zeitraum zwischen 2024 und 2035 prognostiziert und in einem interaktiven Dashboard visualisiert. Hierfür werden jahresweise Versorgungsgrade und Niederlassungsmöglichkeiten in den einzelnen Planungsbereichen bestimmt. In einer zusätzlichen Variante wird das Modell mittels des regionalen Beanspruchungsindex (rBIX), eines vom Zentralinstitut der Kassenärztlichen Vereinigungen (Zi) entwickelten Index modifiziert, wodurch noch präzisere Vorhersagen ermöglicht werden.

Schlussfolgerung: Mit dem Sicherstellungs-Radar ist ein wichtiges Instrument zur Unterstützung der strategischen und operativen Sicherstellung geschaffen worden. Die ad hoc-Verfügbarkeit verschiedenster versorgungsrelevanter Kennzahlen hilft dabei zeitnah auf aktuelle Versorgungsengpässe zu reagieren und durch Antizipation zukünftiger Sicherstellungsprobleme bereits im Vorfeld diesen mit geeigneten Maßnahmen gegenzusteuern.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.


Literatur

1.
Schulz M, Czihal T, Bätzing-Feigenbaum J, Stillfried D. Zukünftige relative Beanspruchung von Vertragsärzten – Eine Projektion nach Fachgruppen für den Zeitraum 2020 bis 2035. Versorgungsatlas-Bericht Nr. 16/02. Berlin: Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi); 2016.
2.
Hering R, Schulz M, Czihal T. Zukünftige relative Beanspruchung von Vertragsärzten – Eine Projektion nach Fachgruppen bis 2035. Versorgungsatlas-Bericht Nr. 23/07. Berlin: Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi); 2023.