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Gesundheit – gemeinsam. Kooperationstagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH)

08.09. - 13.09.2024, Dresden

Gesundheit von alleinerziehenden Müttern und Vätern: Wie gesund sind sie im Vergleich zu in Partnerhaushalten lebenden Müttern und Vätern und welche Rolle spielen Einkommen, Bildung, Erwerbsstatus und soziale Unterstützung?

Meeting Abstract

  • Petra Rattay - Robert Koch-Institut, Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, Berlin, Germany
  • Yasmin Öztürk - Deutsches Jugendinstitut, München, Germany
  • Raimund Geene - Berlin School of Public Health (BSPH), Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Germany
  • Stefanie Sperlich - Medizinische Hochschule Hannover - Medizinische Soziologie, Hannover, Germany
  • Ronny Kuhnert - Robert Koch-Institut, Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, Berlin, Germany
  • Hanne Neuhauser - Robert Koch-Institut, Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, Berlin, Germany
  • Ulfert Hapke - Robert Koch-Institut, Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, Berlin, Germany
  • Anne Starker - Robert Koch-Institut, Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, Berlin, Germany
  • Claudia Hövener - Robert Koch-Institut, Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, Berlin, Germany

Gesundheit – gemeinsam. Kooperationstagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH). Dresden, 08.-13.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocAbstr. 939

doi: 10.3205/24gmds759, urn:nbn:de:0183-24gmds7591

Veröffentlicht: 6. September 2024

© 2024 Rattay et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Sowohl die Familienformen als auch die Lebenslagen Alleinerziehender zeichnen sich heute durch eine große Heterogenität aus. Spezifisch für die Lebenssituation Alleinerziehender sind jedoch die – zumindest zeitweise – alleinige Verantwortung für Familie und Haushalt und oftmals damit einhergehende Probleme der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Darüber hinaus sind Alleinerziehende einem hohen Armutsrisiko ausgesetzt.

Unter Berücksichtigung von Unterschieden in der sozialen Lage wurde die Gesundheit von alleinerziehenden Müttern und Vätern in vergleichender Perspektive zu Eltern in Partnerhaushalten analysiert.

Methode: Die Analysen basieren auf Daten der GEDA-Studien 2019-2023 (7.999 Mütter, 6.402 Väter). Für die selbsteingeschätzte allgemeine Gesundheit, depressive Symptomatik, chronische Krankheiten, Rauchen sowie Bedarf und Inanspruchnahme professioneller Hilfe aufgrund psychischer Probleme wurden Prävalenzen für alleinerziehende und in Partnerhaushalten lebende Mütter und Väter berechnet. In Poisson-Regressionen wurde für Anzahl und Alter der Kinder sowie Einkommen, Bildung, Erwerbsstatus und soziale Unterstützung adjustiert. Darüber hinaus wurden in die Modelle für die Mütter (Fallzahlen für alleinerziehende Väter sind zu klein) Interaktionen zwischen der Familienform und Einkommen, Erwerbsstatus und sozialer Unterstützung einbezogen und vorhergesagte Wahrscheinlichkeiten (Predicted Probability) für die Gesundheits-Outcomes berechnet.

Ergebnisse: Für alleinerziehende Mütter und Väter finden sich bei allen Gesundheitsindikatoren höhere Prävalenzen als für in Partnerhaushalten lebende Eltern.

Einkommen, Bildung, Erwerbstätigkeit und soziale Unterstützung variieren zwischen den Familienformen. Sie können Unterschiede in der Gesundheit zwischen den beiden Familienformen zum Teil, aber nicht gänzlich erklären. Auch nach Adjustierung bleiben die Unterschiede in der gesundheitlichen Lage zwischen alleinerziehenden und in Partnerhaushalten lebenden Eltern bestehen.

Die Gesundheit alleinerziehender Mütter variiert zudem teils stärker mit dem Einkommen, dem Erwerbsstatus und der sozialen Unterstützung als dies bei in Partnerhaushalten lebenden Müttern der Fall ist. Eine weniger gute allgemeine Gesundheit sowie eine depressive Symptomatik finden sich insbesondere bei nicht erwerbstätigen oder armutsgefährdeten alleinerziehenden Müttern und bei jenen mit geringer sozialer Unterstützung. Professionelle Hilfe aufgrund psychischer Probleme nahmen vor allem alleinerziehende Mütter in Anspruch, die nicht erwerbstätig waren oder nur eine geringe soziale Unterstützung erhielten. Das Rauchen variiert bei alleinerziehenden Müttern nicht mit Einkommen, Erwerbsstatus oder sozialer Unterstützung, wohl aber mit der Bildung. In der mittleren Bildungsgruppe rauchen alleinerziehende Mütter deutlich häufiger als in Paarhaushalten lebende Mütter [1].

Diskussion: Die Ergebnisse decken sich weitgehend mit dem Forschungsstand. Auch während der COVID-19-Pandemie war die Gesundheit von Alleinerziehenden häufiger beeinträchtigt als von in Partnerhaushalten lebenden Eltern. Ob Unterschiede in der Gesundheit zwischen den Familienformen während der Pandemie zu- oder abgenommen haben, wurde aufgrund der geringen Fallzahl bei den Alleinerziehenden nicht analysiert. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass Alleinerziehende keine homogene soziale Gruppe sind und ihre Gesundheit in hohem Maße von sozialen Ressourcen abhängig ist. Analysen explizit zur Gesundheit von getrennterziehenden Eltern sind mit den GEDA-Daten nicht möglich. Die Querschnittsdaten erlauben zudem keine Analysen zur Richtung des Zusammenhangs zwischen Familienform und Gesundheit.

Schlussfolgerungen: Alleinerziehende sind eine wichtige Zielgruppe für Gesundheitsförderung und Prävention. Ein besonderer Fokus sollte auf der Förderung der Gesundheit sozial benachteiligter, mehrfach belasteter Alleinerziehender liegen. Neben Maßnahmen zur Stärkung persönlicher Kompetenzen braucht es politische und settingbasierte Maßnahmen, um sozialen und gesundheitlichen Benachteiligungen von Alleinerziehenden entgegenzuwirken und ihnen ein Leben in guter Gesundheit zu erleichtern.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.


Literatur

1.
Rattay P, Öztürk Y, Geene R, Sperlich S, Kuhnert R, Neuhauser H, et al. Gesundheit von alleinerziehenden Müttern und Vätern in Deutschland. Ergebnisse der GEDA-Studien 2019–2023. J Health Monit. 2024;9(3):e12121. DOI: 10.25646/12121 Externer Link