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Gesundheit – gemeinsam. Kooperationstagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH)

08.09. - 13.09.2024, Dresden

Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue Syndrom (ME/CFS) nach SARS-CoV-2-Infektion in Berlin-Neukölln – eine bevölkerungsbasierte Erhebung im Rahmen von NAPKON-POP

Meeting Abstract

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  • Lilian Krist - Institute of Social Medicine, Epidemiology and Health Economics, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Germany
  • Carmen Scheibenbogen - Charité - Universitätemedizin Berlin, Berlin, Germany
  • Kirsten Wittke - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Germany
  • Thomas Keil - Institute of Social Medicine, Epidemiology and Health Economics, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Germany; Institute of Clinical Epidemiology and Biometry, University of Würzburg, Würzburg, Germany; State Institute of Health I, Bavarian Health and Food Safety Authority, Erlangen, Germany

Gesundheit – gemeinsam. Kooperationstagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH). Dresden, 08.-13.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocAbstr. 1007

doi: 10.3205/24gmds725, urn:nbn:de:0183-24gmds7256

Veröffentlicht: 6. September 2024

© 2024 Krist et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Nach einer Sars-CoV-2-Infektion können Beschwerden auch über die Akutphase der Erkrankung hinaus bestehen bleiben. Dauert dieser Zustand länger als 3 Monate an, liegt ein Post-COVID-Syndrom vor. Häufige Beschwerden umfassen kardiovaskuläre Probleme, Atembeschwerden und Fatigue, gelegentlich jedoch auch das Myalgische Enzephalomyelitis/Chronische Fatigue Syndrom (ME/CFS). Dieses tritt nach Infektionserkrankungen, u.a. nach SARS-CoV-2, auf. Studien zur Häufigkeit von ME/CFS liefern heterogene Ergebnisse, und es gibt es bislang keine verlässlichen Zahlen zur Prävalenz von ME/CFS nach einer SARS-CoV-2-Infektion. Das Nationale Pandemie-Kohorten-Netz (NAPKON) ist eine von mehreren Studien im „Netzwerk Universitätsmedizin“ (NUM), das die Langzeitfolgen von COVID-19 erforschen will. Daher war es das Ziel der vorliegenden Studie, die Häufigkeit der ME/CFS bei im Gesundheitsamt von Berlin-Neukölln registrierten SARS-CoV-2-Infizierten zu untersuchen.

Methodik: Im Rahmen von NAPKON-POP Berlin wurden über das Gesundheitsamt Berlin/Neukölln alle Personen, die im dortigen Stadtbezirk zwischen März und Dezember 2020 mittels PCR-Test positiv auf das SARS-CoV-2-Virus getestet wurden, angeschrieben und zur Teilnahme an der Studie eingeladen. Einschlusskriterium war ein mindestens 6-monatiger Abstand zur SARS-CoV-2-Infektion. Die Teilnehmenden wurden im Studienzentrum befragt und medizinisch untersucht. Es wurden soziodemographische Faktoren, Lebensstil, Vorerkrankungen und selbst berichtete Symptome erfasst sowie der Verdacht auf ME/CFS mit Hilfe der kanadischen Konsenskriterien nach Carruthers et al. [1] erhoben. In diesem Screening positive Studienteilnehmende wurden an die ME/CFS-Sprechstunde im Charité Fatigue Centrum weitergeleitet, um die Diagnose ME/CFS durch vertiefende Diagnostik zu bestätigen bzw. auszuschließen.

Ergebnisse: Von 1663 angeschriebenen Personen konnten 284 Personen (50% Frauen, mittleres Alter 43,7±15.5 Jahre) in die Analyse eingeschlossen werden. Die mittlere Dauer zwischen dem positiven PCR-Test und der Befragung betrug 11,7 Monate. Während 201 Personen angaben, keinerlei Beschwerden mehr zu haben, berichteten 70, aufgrund von Beschwerden in ihren alltäglichen Aktivitäten eingeschränkt zu sein. Im ME/CFS-Screening-Fragebogen waren 24 Personen positiv. Von diesen Verdachtsfällen konnten 10 in der ME/CFS-Sprechstunde der Charité weitergehend untersucht werden. Bei 2 Personen wurde ein ME/CFS diagnostiziert. Unter der Annahme, dass alle 24 Personen in der ME/CFS-Sprechstunde untersucht worden und die Eigenschaften der Probanden ähnlich seien, könnten bis zu 5 Personen betroffen sein. Diese Ergebnisse sind noch vorläufig.

Diskussion: Die Häufigkeit von ME/CFS-Fällen bei mit SARS-CoV-2-Infizierten im Berliner Bezirk Neukölln im ersten Jahr Pandemie scheint sehr gering. Die große Diskrepanz zwischen der Anzahl der Verdachtsfälle im Screening-Fragebogen und den klinisch diagnostizierten Fällen unterstreicht die Notwendigkeit einer präzisen klinischen Bewertung zur Vermeidung von Fehldiagnosen und Überschätzungen der Häufigkeit von ME/CFS, besonders bei unspezifischen Symptomen wie Fatigue.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.


Literatur

1.
Carruthers BM, Jain AK, De Meirleir KL, Peterson DL, Klimas NG, Lerner AM, et al. Myalgic Encephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrome: Clinical Working Case Definition, Diagnostic and Treatment Protocols. Journal Of Chronic Fatigue Syndrome. 2003;11(1):7–115.