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Gesundheit – gemeinsam. Kooperationstagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH)

08.09. - 13.09.2024, Dresden

Langanhaltende Folgen einer COVID-19-Erkrankung als Anlass für die Inanspruchnahme medizinischer Versorgungsleistungen

Meeting Abstract

  • Ines Schäfer - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Epidemiologisches Studienzentrum, Hamburg, Germany; Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Universitäres Herz- und Gefäßzentrum, Klinik für Kardiologie, Hamburg, Germany
  • Alena Haack - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Epidemiologisches Studienzentrum, Hamburg, Germany; Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Universitäres Herz- und Gefäßzentrum, Klinik für Kardiologie, Hamburg, Germany
  • Marie Neumann - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Epidemiologisches Studienzentrum, Hamburg, Germany; Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Universitäres Herz- und Gefäßzentrum, Klinik für Kardiologie, Hamburg, Germany
  • Julia Waibel - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Epidemiologisches Studienzentrum, Hamburg, Germany; Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Universitäres Herz- und Gefäßzentrum, Klinik für Kardiologie, Hamburg, Germany
  • Elina Petersen - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Epidemiologisches Studienzentrum, Hamburg, Germany; Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Universitäres Herz- und Gefäßzentrum, Klinik für Kardiologie, Hamburg, Germany

Gesundheit – gemeinsam. Kooperationstagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH). Dresden, 08.-13.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocAbstr. 691

doi: 10.3205/24gmds721, urn:nbn:de:0183-24gmds7218

Veröffentlicht: 6. September 2024

© 2024 Schäfer et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Länger anhaltende Krankheitssymptome, die in Zusammenhang mit einer durchgemachten SARS-CoV-2-Infektion auftreten, generieren einen erhöhten und spezifischen medizinischen Versorgungsbedarf, über dessen Größenordnung bisher kaum Daten vorliegen. Untersucht wurde die Prävalenz der Inanspruchnahme ambulanter und rehabilitativer medizinischer Leistungen aufgrund von langanhaltenden Beschwerden nach einer SARS-CoV-2-Infektion.

Methoden: Mit Unterstützung der Stadt Hamburg wird die laufende „Hamburger Long-COVID-Studie“ auf Basis der Kohortenstudie Hamburg City Health Study (HCHS) durchgeführt. Die HCHS umfasst eine Zufallsstichprobe aus der Hamburger Bevölkerung im Alter von 45 bis 74 Jahren. In Form einer Querschnittsbefragung wurden Ende 2023 alle 17.222 bisherigen HCHS-Teilnehmer:innen (TN) zur standardisierten Erhebung von Long COVID-Informationen kontaktiert.

Die Terminologie und Definition von Long-COVID bzw. dem post-COVID-Syndrom ist im allgemeinen und wissenschaftlichen Sprachgebrauch uneinheitlich; klinisch wird ein breites Spektrum an Manifestationen beschrieben. Für diesen Beitrag wird der umgangssprachliche Überbegriff „Long COVID“ (LC) verwendet. Die Einschlusskriterien für die vorliegenden Analysen basieren auf (inter-)nationalen Definitionen [1], [2] und umfassen als sog. „LC-Hauptsymptome“, Beschwerden wie unter anderem Fatigue, mangelnde körperliche Belastbarkeit, Konzentrationsstörungen, kardiologische Beschwerden, sowie Lungen- oder Atembeschwerden, die mindestens 12 Wochen nach der akuten COVID-19 Erkrankung fortbestehen. Berücksichtigt wurde die Inanspruchnahme ambulanter (fach-)ärztlicher Leistungen, die mehrmalig aufgrund der LC-Symptome erfolgten sowie rehabilitative Versorgungsleitungen.

Ergebnisse: Von den 12.139 antwortenden TN (Response 70,5 %) gaben 8.886 (73,3 %) mindestens einen positiven SARS-CoV-2 Test an. Bei 1.602 Personen (18,0 %) hielt mindestens eines der LC Hauptsymptome mehr als 12 Wochen an (hier: LC-Fälle; mittleres Alter 60 Jahre, 60,1 % weiblich), wovon 472 (29,5 %) Versorgungsleistungen in Anspruch nahmen. Dabei wurden am häufigsten hausärztliche (86,1 %), pulmologische (38,8 %) und kardiologische Arztpraxen (33,7 %) aufgesucht. 8,9 % erhielten eine Reha-Maßnahme, 22,0 % eine ≥ 6-wöchige AU-Bescheinigung. Unter den Personen, die eine Arztpraxis aufsuchten, berichteten 72,9 % mangelnde körperlicher Belastbarkeit, 54,4 % Fatigue Symptome und 49,2 % Lungen- oder Atembeschwerden. Diese Symptome traten jeweils signifikant häufiger auf als in der Gruppe der LC-Patient:innen, die keine Arztpraxis aufsuchten. Zwischen den Gruppen bestand kein signifikanter Unterschied hinsichtlich Alter, Geschlecht, Bildung oder chronischen Vorerkrankungen. Mangelnde Belastbarkeit (95,2 %) und Fatigue bzw. Konzentrationsstörungen (jeweils 76,2 %) waren die häufigsten Symptome bei Personen mit ambulanten oder stationären LC-Rehamaßnahmen. Eine anhaltender Geruchs- oder Geschmacksbeeinträchtigung hingegen führte als Einzelsymptom nicht zu einer signifikant erhöhten Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen.

Schlussfolgerung: 30 % aller Personen mit mindestens einem LC-Symptom nahmen aus diesem Anlass mehrfach eine ambulante oder jemals eine rehabilitative Versorgungsleitung in Anspruch. Wesentliche Anlaufstellen waren dabei die Hausarztpraxen. Für die erhobenen selbstberichteten Outcomes ist ein potenzieller Klassifikationsbias zu diskutieren. In der Größenordnung entsprechen die Prävalenzen der LC Symptome denen anderer Studien [3] und belegen eine hohe Nachfrage nach qualifizierter regionaler Versorgungskapazität.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.


Literatur

1.
WHO. A clinical case definition of post COVID-19 condition by a Delphi consensus. WHO reference number: WHO/2019-nCoV/Post_COVID-19_condition/Clinical_case_definition/2021. October 2021.
2.
RKI. Long COVID – eine Herausforderung für Public Health und Gesundheitsforschung. Epid Bull. 2022;44:3-9.
3.
Kluge H, et al. Call for action: Health services in the European region must adopt integrated care models to manage Post-Covid-19 Condition. The Lancet Regional Health – Europe. 2022;18:100435.