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Gesundheit – gemeinsam. Kooperationstagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH)

08.09. - 13.09.2024, Dresden

Außerklinische Intensivpflege: Ergebnisse nach den ersten persönlichen Begutachtungen durch den Medizinischen Dienst

Meeting Abstract

  • Thomas Gaertner - Medizinischer Dienst Hessen, Oberursel, Germany
  • Andreas Mappes - Medizinischer Dienst Hessen, Oberursel, Germany
  • Sylvia Brinkmeyer - Medizinischer Dienst Hessen, Oberursel, Germany
  • Jörg van Essen - Medizinischer Dienst Hessen, Oberursel, Germany

Gesundheit – gemeinsam. Kooperationstagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH). Dresden, 08.-13.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocAbstr. 357

doi: 10.3205/24gmds706, urn:nbn:de:0183-24gmds7063

Veröffentlicht: 6. September 2024

© 2024 Gaertner et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Das am 23.10.2020 in Kraft getretene Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz (IPReG) hat die außerklinische Intensivpflege (AKI) neu strukturiert, indem es diese aus der häuslichen Krankenpflege herausgelöst und in eine eigenständige Rechtsvorschrift (§ 37c SGB V) überführt hat [1]. Dementsprechend anspruchsberechtigt sind Versicherte mit einem besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege. Die Krankenkassen haben durch eine persönliche Begutachtung des Medizinischen Dienstes (MD) jährlich überprüfen zu lassen, ob die medizinischen Anspruchsvoraussetzungen inklusive der entsprechenden Verordnung für die AKI vorliegen [2], [3]. Ein weiteres Ziel ist es, die Qualität der Versorgung von Patienten mit einem Bedarf an AKI zu verbessern und auch das vorhandene Weaning- bzw. Dekanülierungspotenzial besser zu nutzen. Inwieweit letzteres der Fall ist sollte analysiert werden.

Methode:Retrospektive Sekundärdatenanalyse aller durch den Medizinischen Dienst Hessen im Zeitraum vom 31.10.-31.12.2023 erfolgten persönlichen Inaugenscheinnahmen. Diese wurden jeweils von einem spezialisierten Tandemteam aus Facharzt/Fachärztin plus Fachpflegefachkraft und entsprechend der konsentierten Begutachtungsanleitung des MD Bund durchgeführt.

Ergebnisse:

  • Anzahl der Vor-Ort-Begutachtungen: 211
  • Leistungsort: Häuslichkeit (124 = 59 %), stationäres Pflegeheim (41 = 19 %), Intensiv-Wohngemeinschaft (27 = 13 %), Kindergarten/Schule/Werkstatt (19 = 9 %)
  • Altersmittelwert gesamt: 44 Jahre (Erwachsene: 59, Kinder 8 Jahre)
    (Altersspanne: 0-96 Jahre, Geschlechterverteilung m/w: 110/101)
  • Ergebnis der Begutachtung: Sozialmedizinische Empfehlung für die Krankenkassen
    • erfüllt: 130 (62 %)
    • teilweise erfüllt: 47 (22 %)
    • nicht erfüllt: 21 (10 %)
    • sonstige: 13 (6 %)
  • Anteil an Versicherten mit Tracheostoma und/oder invasiver/nichtinvasiver Beatmung: Erwachsene 92 %, Kinder 41 % (insgesamt: 82 %)
  • insgesamt mit vorliegendem Muster 62 A (Potenzialerhebung zur Beatmungsentwöhnung bzw. Dekanülierung): 39 %
  • insgesamt ohne aktuelles oder perspektivisches Weaning- oder Dekanülierungspotenzial: 164 (95 %)

Diskussion: Die Grundgesamtheit der untersuchten Fälle spiegelt das breite Versorgungsspektrum und die große Spannbreite von Patientinnen und Patienten mit Verordnungen zur AKI wider. Viele dieser Fälle wurden in den letzten Jahren nicht mehr zur Begutachtung vorgelegt. Auffällig ist der erhebliche Anteil von tracheotomierten und beatmeten Versicherten (61 %) ohne die auf Grund einer Übergangsregelung bis zum 31.12.2024 aktuell nicht zwingend vorzulegende Potenzialerhebung zur Beatmungsentwöhnung bzw. Dekanülierung. Dieses Potenzial war in der Subpopulation zudem nur in etwa 5 % der Gesamtfälle als „möglicherweise vorliegend“ beschrieben. Hier sollte zukünftig ein besonderes Augenmerk liegen. Die vom GKV-Spitzenverband veröffentlichten Zahlen weisen in die gleiche Richtung, obwohl hier keine Aufsplittung in ein möglicherweise vorliegendes Weaning- bzw. Dekanülierungspotenzial erfolgte und auch Begutachtungen nach Aktenlage miteinbezogen wurden [4].

Immerhin in 10 % der durchgeführten Vor-Ort-Begutachtungen konnten die sozialmedizinischen Voraussetzungen nicht nachvollzogen werden. Weitere retrospektive Analysen mit größeren Datensätzen sind zukünftig erforderlich.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.


Literatur

1.
Räker M, Matzk S, Büscher A, Willms G, Hakim Bayarassou A, Knizia NA, Stegbauer C, Hopp M, Schwinger A. Außerklinische Intensivpflege nach dem IPReG – eine Standortbestimmung anhand von AOK-Abrechnungsdaten. In: Jacobs K, Kuhlmey A, Greß S, Klaube J, Schwinger A, Hrsg. Pflege-Report 2022. Berlin Heidelberg: Springer; 2023.
2.
G-BA. Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von außerklinischer Intensivpflege (Außerklinische Intensivpflege-Richtlinie/AKI-RL). Verfügbar unter: https://www.g-ba.de/downloads/62-492-3230/AKI-RL_2023-07-20_iK-2023-09-15.pdf Externer Link
3.
MD Bund. Begutachtungsanleitung Richtlinie des Medizinischen Dienstes Bund nach § 283 Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V. Außerklinische Intensivpflege nach § 37c SGB V (BGA AKI). Verfügbar unter: https://md-bund.de/fileadmin/dokumente/Publikationen/GKV/Begutachtungsgrundlagen_GKV/BGA_AKI_230925.pdf Externer Link
4.
Kukla G. Bericht des GKV-Spitzenverbandes an das BMG zur Anzahl der durchgeführten Potenzialerhebungen im Rahmen der AKI vom 31.10.2023 bis zum 31.12.2023. 19.03.2024.