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Zur Etablierung standardisierter Assessments zur klinischen Erfassung der Risikofaktoren Delir, Dysphagie und Malnutrition bei pflegebedürftigen geriatrischen Krankenhauspatienten
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Veröffentlicht: | 6. September 2024 |
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Einleitung: Im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts stellen für geriatrische Patientinnen und Patienten mit hohem pflegerischen Hilfebedarf Delir, Dysphagie und vorbestehende oder dadurch akzentuierte Malnutrition ernstzunehmende Risikofaktoren für Komplikationen dar. Diese können ursächlich lebensbedrohliche Folgeerkrankungen sowie eine richtungsweisende Zunahme der Pflegebedürftigkeit bedingen [1], [2]. Eigene Untersuchungen aus dem Jahre 2018 belegten bereits die Notwendigkeit in Hinblick auf eine verbesserte Versorgung, bei der beschriebenen Patientenklientel das standardisierte geriatrische Basisassessment gebotener Maßen um ein Delir- und Dysphagiescreening sowie Assessment zur Ernährungssituation mit dem Ziel der Risikoabschätzung und entsprechenden Therapieplanung zu ergänzen [3]. Dies könnte auch ein Beitrag zur Vermeidung erhöhter Folgekosten durch vermeidbare Komplikationen darstellen. Eine erstmals im Jahr 2019 veröffentlichte S1 Leitlinie „Geriatrisches Assessment der Stufe 2“ betont die Relevanz einer standardisierten Anwendung dieser Instrumente als Grundlage eines multidimensionalen Ansatzes bei der Identifikation des individuell-personbezogenen alters- und erkrankungsbedingten Gefährdungspotentials hinsichtlich Lebensqualität und Lebenserwartung [4]. Die Leitlinie enthält dezidierte Vorschläge zum Einsatz entsprechender Assessmentinstrumente zur therapierelevanten Objektivierung des Verlaufs und der Prognose der oben genannten funktionellen Störungen. Evaluiert werden sollte anhand von begutachtungsrelevanten Unterlagen des Medizinischen Dienstes (MD), inwieweit bei der geriatrischen Komplexbehandlung inzwischen entsprechende standardisierte Assessments im Rahmen der stationären Routine nachweislich dokumentiert etabliert sind.
Methode: Retrospektive Stichprobenanalyse anhand von sachverständigen Stellungnahmen des MD Hessen und den dazugehörigen Begutachtungsunterlagen zu 80 stationären Behandlungsfällen in fünf verschiedenen geriatrischen Fachabteilungen aus dem Jahre 2023. Einschlusskriterien: Alter ≥ 70 Jahre, geriatrische Komplexbehandlung (OPS 8-550.-) und Barthel Index bei Klinikaufnahme < 35 Punkte.
Ergebnisse: Das Geschlechterverhältnis „männlich/weiblich“ betrug 40:40, die Altersspanne 71-95 Jahre. Die Auswertung der Stichprobe belegte in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle den Mangel eines routinemäßigen Einsatzes standardisierter Assessments zu Delir, Dysphagie und Malnutrition in der klinisch-geriatrischen Routine, sowohl initial zur Risikoeinschätzung und Therapieplanung als auch konsekutiv zur Verlaufsbeurteilung und dies auch selbst dann nicht, wenn klinische Hinweise auf Delir, Dysphagie und Malnutrition in den Krankenhausakten eindeutig nachvollziehbar dokumentiert waren.
Diskussion: Zur Diagnosesicherung, Verlaufsbeurteilung und Informationsübermittlung im Rahmen der Weiterbehandlung, gerade an der Schnittstelle zum ambulanten Versorgungsbereich, wäre der routinemäßige Einsatz standardisierter Screening- und Assessmentinstrumente zur Detektion und Quantifizierung der essentiellen Risikofaktoren Delir, Dysphagie und Malnutrition notwendig indiziert. Trotzdem ist dieser im Rahmen einer stationären geriatrischen Komplexbehandlung pflegebedürftiger geriatrischer Patienten als noch nicht prinzipiell implementiert festzustellen. Primär ursächlich können hierfür angenommen werden eine unzureichende Praktikabilität bzw. ein als zu beträchtlich erachteter Aufwand herkömmlicher Testverfahren sowie die Knappheit an geschultem Fachpersonal. Hier könnte eventuell Abhilfe schaffen der flächendeckende Einsatz vom im Jahr 2019 vorgestellten validierten, einfach durchzuführenden und damit praktikablen „Dysphagie Screening Tool Geriatrie (DSTG)“ [5].
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.
Literatur
- 1.
- Özlü I. Delir – Bedeutung und Auswirkungen auf Patient und Klinik. intensiv. 2020;28(04):183-186.
- 2.
- Hey C. Was bestimmt die Prognose von Patienten mit Störungen des Schluckvorganges? Laryngo-Rhino-Otologie. 2018;97(04):232-234.
- 3.
- Hanussek B, Hoell C, Gaertner T, Ried M, Langhans M, van Essen J. Die komplizierenden Nebendiagnosen Delir und Dysphagie als Risikofaktoren für dauerhaft erhöhte Pflegebedürftigkeit. Das Gesundheitswesen. 2018;80(08/09):781.
- 4.
- Krupp S, für die AG Assessment der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie e. V. S1-Leitlinie Geriatrisches Assessment der Stufe 2. AWMF-Register-Nr. 084-002LG. Living Guideline. Version 11.01.2024. Verfügbar unter: https://register.awmf.org/assets/guidelines/084-002LGl_S1_Geriatrisches_Assessment_der_Stufe_2_2024-02.pdf
- 5.
- Deutsche Gesellschaft für Geriatrie e. V. Dysphagie Screening Tool Geriatrie (DSTG). Stand 12/2019. Verfügbar unter: https://www.dggeriatrie.de/images/Dokumente/191227-DSTG-befundbogen-und-handlungsanleitung-dysphagie-screening-tool-geriatrie.pdf