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Gesundheit – gemeinsam. Kooperationstagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH)

08.09. - 13.09.2024, Dresden

Medizinische Rehabilitation von Menschen mit vorbestehenden Behinderungen – Studienprotokoll für ein qualitatives Forschungsdesign

Meeting Abstract

  • Stefanie Gillitzer - Universität Bielefeld, Bielefeld, Germany
  • Jana Stucke - Universität Bielefeld, Bielefeld, Germany
  • Anna Brinkmann - Universität Bielefeld, Bielefeld, Germany
  • Oliver Razum

Gesundheit – gemeinsam. Kooperationstagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH). Dresden, 08.-13.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocAbstr. 242

doi: 10.3205/24gmds704, urn:nbn:de:0183-24gmds7042

Veröffentlicht: 6. September 2024

© 2024 Gillitzer et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Die medizinische Rehabilitation stellt eine wichtige Säule der Gesundheitsversorgung für Menschen mit Behinderungen dar. Obwohl viele Studien Defizite in der medizinischen und gesundheitlichen Versorgung dieser Personengruppe belegen [1], gibt es nur wenige Erhebungen, die sich speziell mit der medizinischen Rehabilitation von Menschen mit vorbestehenden Behinderungen befassen. Die hier fokussierte Zielgruppe umfasst Personen, die mit einer Behinderung leben und aufgrund einer Sekundärerkrankung, einer Komorbidität oder eines Unfalls einen Rehabilitationsbedarf haben. Primärziel der Studie ist es, Problembereiche und Handlungsfelder zu identifizieren. Sekundärziel ist die Formulierung konsentierter Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der rehabilitativen Versorgung. Die zugrundeliegenden Forschungsfragen lauten:

1.
Welche Rolle spielt eine vorbestehende Behinderung im Zugang zu und bei der Inanspruchnahme von medizinischer Rehabilitation aufgrund eines zusätzlich auftretenden Gesundheitsproblems?
2.
Welche Personen sind in welcher Weise von Herausforderungen im Prozess der medizinischen Rehabilitation betroffen?

Methoden: Die Studie folgt einem explorativen, qualitativen Forschungsdesign. Zunächst wird eine Hintergrundrecherche durchgeführt, um Erkenntnisse über den Prozess der medizinischen Rehabilitation zu sammeln. Dabei untersuchen wir u.a. Informationen zur Antragstellung sowie Selbstangaben von Rehabilitationskliniken zum Thema Barrierefreiheit.

Durch leitfadengestützte Interviews mit narrativem Ansatz werden die Erfahrungen von (potenziellen) Rehabilitand*innen (n= min. 10) erfasst.

In Expert*inneninterviews befragen wir Prozessbeteiligte (z. B. An- und Zugehörige, Sozialarbeitende, Wohnbetreuungen, Mediziner*innen) (n= mind. 8), die Menschen mit Behinderungen während des Rehabilitationsprozesses begleiten, zu ihren Erfahrungen mit der medizinischen Rehabilitation von Menschen mit Behinderungen. Das Sampling erfolgt nach dem Prinzip der maximalen Variation.

Alle Interviews werden als Audiodatei aufgenommen, geglättet transkribiert, pseudonymisiert und anschließend inhaltsanalytisch ausgewertet [2]. Für die Rehabilitand*inneninterviews erfolgt teilweise eine detailliertere Transkription, um vereinzelte Feinanalysen durchführen zu können.

Die Ergebnisse aus den Interviews werden zu zwei Zeitpunkten in der Studienlaufzeit in jeweils zwei Gruppendiskussionen mit Menschen mit vorbestehenden Behinderungen und Prozessbeteiligten diskutiert. Ziel ist es, durch die Teilnehmenden konsentierte Handlungsempfehlungen zu generieren.

(Erwartbare) Ergebnisse: Das Projekt schafft Sichtbarkeit für eine bislang vernachlässigte Zielgruppe und wird Erkenntnisse, die zur Verbesserung der medizinischen Rehabilitation für Menschen mit vorbestehenden Behinderungen beitragen können, liefern. Durch die Erfahrungsberichte erwarten wir einen Wissenszuwachs hinsichtlich Feststellung und Anerkennung des Rehabilitationsbedarfs, der Beantragung von Rehabilitationsleistungen sowie des Umgangs mit Rehabilitationszielen, -bedarfen und -bedürfnissen während der Rehabilitationsmaßnahme. Die Ergebnisse ermöglichen die Identifikation von Barrieren und Defiziten im Rehabilitationsprozess und dienen als Grundlage für Handlungsempfehlungen und die Entwicklung gezielter Maßnahmen für eine bedarfsgerechte und antidiskriminierende Versorgung für Menschen mit Behinderungen.

Schlussfolgerung: Einerseits mangelt es an systematisch erhobenen Daten, bei verfügbaren Daten aus dem internationalen Kontext ist die Übertragbarkeit auf das deutsche Gesundheitssystem möglicherweise eingeschränkt. Andererseits ist unklar, welche Daten bereits vorliegen, wie und wo diese zu beschaffen sind und welche Daten besonders relevant sind. Entsprechend der oben genannten Ziele ermöglicht das offene und qualitativ angelegte Vorgehen die Exploration des Forschungsfeldes als Grundlage für weitere (quantitative) Studienkonzeptionen.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.


Literatur

1.
Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Hrsg. Dritter Teilhabebericht der Bundesregierung über die Lebenslagen von Menschen mit Beeinträchtigungen: Teilhabe – Beeinträchtigung – Behinderung; 2021.
2.
Kuckartz U. Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computerunterstützung. 4. Auflage. Weinheim, Basel: Beltz Juventa; 2018.