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Gesundheitliche Beschwerden bei Beschäftigten in Gesundheitsberufen im Vergleich zu anderen Berufen: Analyse mittels der BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2018
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Veröffentlicht: | 6. September 2024 |
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Hintergrund und Zielsetzung: Aus Public-Health-Perspektive gehören Angehörige von Gesundheitsberufen zu auch zukünftig dringend benötigten Berufsgruppen und sind gleichzeitig hohen körperlichen und psychosozialen Belastungen ausgesetzt.
Im Rahmen des Forschungsprojekts „Moderne Arbeit – Gesunde Arbeit“ untersuchen wir Gesundheitsberufe hinsichtlich gesundheitlicher Beschwerden im Vergleich mit Erwerbstätigen aus anderen Branchen.
Ziel ist es Belastungsschwerpunkte in Gesundheitsberufen herauszuarbeiten und Ansatzpunkte für Präventionsmaßnahmen zu identifizieren.
Methodik: Datenbasis ist die Erwerbstätigenbefragung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) aus dem Jahr 2018. Es wurden 20012 Erwerbstätige ab 15 Jahren mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mindestens 10 Stunden mittels computergestützten Telefoninterviews befragt.
Für die sekundäre Datenanalyse liegt die Gesamtstichprobe vor. Der Anteil der Beschäftigten mit Gesundheitsbezug beträgt nahezu 10% (N=1987). Für die Analyse nutzen wir die Systematik der BIBB-Berufsfeldgruppe, die die Situation im deutschen Gesundheitswesen mit einem Krankenpflegeexamen nach beruflicher Ausbildung abbildet und zusätzlich die Altenpflege umfasst.
Zunächst analysieren wir die Gesundheitsberufe insgesamt. Auf einer weiteren Ebene werden Gesundheitsberufe mit (N=321) und ohne (N=1666) Approbation getrennt betrachtet und auf einer dritten Ebene schließlich einzelne Tätigkeitsgruppen.
Die Gruppen charakterisieren wir deskriptiv und mittels logistischer Regression, kontrolliert für Geschlecht, Alter und höchsten Schulabschluss. Vergleichsgruppe sind jeweils die übrigen Erwerbstätigen der Gesamtstichprobe. Deskriptiv schauen wir uns zudem Familienstand und Migrationshintergrund an und vergleichen zwei Altersstrata.
Als abhängige Variablen betrachten wir 21 Items subjektiver gesundheitlicher Beschwerden. Dies enthält Beschwerden des Bewegungsapparats, einige Symptome schwerwiegender Gesundheitsstörungen, Hautreizungen und psychosomatische Beschwerden.
Ergebnisse: Von den 21 Gesundheitsaspekten treten 17 häufiger bei Gesundheitsberufen als bei der Vergleichsgruppe auf, davon 14 signifikant häufiger. Lediglich „Hörverschlechterung/ Ohrgeräusche“ sind signifikant seltener bei Gesundheitsberufen. Hinweise für potenziell lebensbedrohliche Krankheiten wie „Luftnot, Herz- und Kopfschmerz“ sind tendenziell auch seltener vorhanden. Die größten Unterschiede zwischen Gesundheitsberufen und sonstigen Erwerbstätigen finden sich für Hautreizungen, gefolgt von körperlicher Erschöpfung und Schmerzen der unteren Extremitäten.
Weitere Differenzierungen nach Berufsgruppe zeigen, dass die Ergebnisse insbesondere durch die Berufsgruppen ohne Approbation getrieben sind. Die höchsten Gesundheitsbelastungen werden bei Beschäftigten aus den Bereichen Alten- und Krankenpflege, Rettungsdienst und Geburtshilfe erreicht. Die Beschwerdehäufigkeiten in den akademischen Berufen sind insgesamt niedriger, jedoch nicht für Ärzte und Ärztinnen unter 45 Jahren.
Diskussion: Die Ergebnisse zeigen deutlich höhere Belastungen bei Beschäftigten im Gesundheitswesen im Vergleich zu den anderen Erwerbstätigen auf. Sie stehen im Einklang mit vorangegangenen Ergebnissen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit, die ebenfalls eine hohe Belastung und niedrige Kontrollmöglichkeit für Gesundheitsberufe aufzeigen. Im Einklang mit Karaseks Anforderungs-Kontroll-Modell könnte dieses Ungleichgewicht zwischen Anforderungen und Bewältigungsmöglichkeiten zu den beobachteten gesundheitlichen Belastungen beigetragen haben. Die subjektive Belastung hat einen hohen prädiktiven Wert für den Verbleib im Beruf. Für die Sicherstellung der medizinischen Versorgung sind somit gesundheitsförderliche Arbeitsbedingungen für Berufstätige in der unmittelbaren Patientenversorgung Voraussetzung. Hierbei sollte auch die demografische Entwicklung, der hohe Anteil (>80%) weiblicher Beschäftigter und die Notwendigkeit einer 24/7-Versorgung Berücksichtigung finden.
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.