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Gesundheit – gemeinsam. Kooperationstagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH)

08.09. - 13.09.2024, Dresden

Authentische Führung und ihre gesundheitsbezogenen Konsequenzen für Mitarbeitende – eine Betrachtung psychischer und körperlicher Symptome

Meeting Abstract

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  • Verena Thiem - Westfälische Hochschule, Gelsenkirchen, Germany
  • Kai Externbrink - Westfälische Hochschule, Gelsenkirchen, Germany

Gesundheit – gemeinsam. Kooperationstagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH). Dresden, 08.-13.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocAbstr. 26

doi: 10.3205/24gmds655, urn:nbn:de:0183-24gmds6550

Veröffentlicht: 6. September 2024

© 2024 Thiem et al.
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Gliederung

Text

Problemstellung und Zielsetzung: Laut dem BKK-Gesundheitsreport war in 2022 etwa jeder fünfte AU-Tag durch Muskel-Skelett-Erkrankungen, jeder siebte durch psychische Störungen und jeder zehnte durch Verletzungen verursacht [1]. Vor diesem Hintergrund beschäftigen wir uns mit der Präventionswirkung des erlebten Führungsverhaltens am Arbeitsplatz. Führungsverhalten und Gesundheit von Mitarbeitenden sind über drei Pfade miteinander verbunden: die Vorbildfunktion der Führungskraft (Gesundheitshandeln, Glaubwürdigkeit, Engagement), ihre direkte Kommunikation mit den Mitarbeitenden (Wertschätzung, Anerkennung, soziale Unterstützung), die Gestaltung der Arbeit und des Arbeitsumfelds durch die Führungskraft (Belastungen, Ressourcen und Problemfelder) [2]. Wir unterziehen das Konzept der Authentischen Führung einer empirischen Prüfung.

Authentische Führung weckt positive Emotionen: Authentische Führung bedeutet, dass man im Einklang mit seinen moralischen Werten handelt und explizit für andere eintritt. Dies hat die Führungsforschung entlang von vier Dimensionen beschrieben: Selbstkenntnis, moralische Festigung, transparente Beziehungsgestaltung und ausgeglichene Informationsverarbeitung [3]. Gemeint sind Führungskräfte, die sich anderen gegenüber aufrichtig und transparent verhalten, umsichtig über arbeitsbezogene Probleme nachdenken und auch unter Druck ihre persönlichen Wertvorstellungen hochhalten. Dies soll bei den Geführten nicht nur Identifikation und Vertrauen, sondern auch positiven Emotionen auslösen, wie Freude, Stolz und Dankbarkeit während der Arbeit [3].

Positive Emotionen stärken Resilienz: Die positiven gesundheitlichen Effekte für Mitarbeitende, die wir von Authentischer Führung als Auslöser positiver Emotionen erwarten, lassen sich durch die Broaden-and-Build-Theory erklären [4]. Demnach beeinflussen Emotionen das Wahrnehmungs- und Verhaltensmuster: Negative Emotionen wirken einschränkend, weil Bedrohungen abzuwehren sind. Positive Emotionen wirken hingegen erweiternd, weil man sich sicher fühlt und gewinnbringenden Tätigkeiten widmen kann, die den Aufbau persönlicher Ressourcen ermöglichen. Diese protektive Wirkung gegen Stressoren, erhöht das Wohlbefinden und verbessert fortlaufend die psychische Gesundheit.

Methodik: Insgesamt nahmen N = 190 Mitarbeitende aus unterschiedlichen Berufen an unserer Querschnittsstudie teil. In einer Onlinebefragung mit etablierten Skalen wurden Angaben zum wahrgenommenen Führungsverhalten (ALQ), ihren Emotionen am Arbeitsplatz (PANAS), dem Ausmaß emotionaler Erschöpfung (MBI), ihrem allgemeinen psychischen und somatischen Gesundheitszustand (GHQ) sowie ihrem Engagement am Arbeitsplatz (UWES) gemacht. Wir prüften Skalenreliabilität und bivariate Korrelationen und berechneten über die regressionsanalytische Methode eine Mediatoranalyse [5].

Ergebnisse: Die Ergebnisse der Untersuchung deuten darauf hin, dass Authentische Führung sich positiv auf die Gesundheit der Mitarbeitenden auswirkt: Mitarbeitende, die ihre Führungskraft als authentisch wahrnehmen, erzielen geringere Werte bei emotionaler Erschöpfung (Überforderung, Burnout, Erschöpfung durch Arbeit) und gleichzeitig höhere im Arbeitsengagement (Vitalität, Hingabe, Absorbiertheit bei der Arbeit); außerdem berichten sie weniger psychische und körperliche Symptome. Die Ergebnisse unserer Mediatoranalyse lassen außerdem den Schluss zu, dass diese gesundheitsförderlichen Zusammenhänge durch das vermehrte Erleben von positiven Emotionen erklärt werden können.

Diskussion: Grundsätzlich stimmen die Ergebnisse optimistisch, dass die positive Organisationspsychologie ein gutes Rahmenmodell für die Gesundheitsförderung in Unternehmen darstellt. Dabei sind praktische Implikationen aus dem Bereich der Organisations- und Personalentwicklung denkbar, die auf die Förderung Authentischer Führung und positiver Affektivität am Arbeitsplatz abstellen. Einschränkungen liegen darin, dass wir aus den Querschnittsdaten keine kausalen Schlussfolgerungen ziehen können: So kann auch eine höhere psychische Gesundheit der Mitarbeitenden zu einer positiveren Beurteilung der Führungskraft führen. Zukünftige Forschung kann hier durch Längsschnittdesigns zu einem besseren Verständnis beitragen. Limitierend kommen auch potentielle Verzerrungen durch Einheitsmethodenvarianz hinzu, die wir nicht gänzlich ausschließen können.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.


Literatur

1.
Knieps F, Pfaff H, Hrsg. Gesunder Start ins Berufsleben. BKK Gesundheitsreport 2023. Berlin: MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft und BKK Dachverband e. V.; 2023.
2.
Wegge J, Shemla M, Haslam SA. Leader behavior as a determinant of health at work: specification and evidence of five key pathways. Ger J Hum Resour Manag. 2014;28(1-2):6-23. DOI: 10.1177/239700221402800102 Externer Link
3.
Avolio BJ, Gardner WL, Walumbwa FO, Luthans F, May DR. Unlocking the mask: a look at the process by which authentic leaders impact follower attitudes and behaviors. Leadersh Q. Dec 2004;15(6):801-23. DOI: 10.1016/j.leaqua.2004.09.003 Externer Link
4.
Fredrickson BL. The role of positive emotions in positive psychology: the broaden-and-build theory of positive emotions. Am Psychol. 2001;56(3):218-26. DOI: 10.1037/0003-066x.56.3.218 Externer Link
5.
Hayes AF. Introduction to mediation, moderation, and conditional process analysis. A regression-based approach. Second edition. New York: The Guilford Press; 2017.