gms | German Medical Science

Gesundheit – gemeinsam. Kooperationstagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH)

08.09. - 13.09.2024, Dresden

Der Community Health Survey Veddel – eine partizipative Stadtteilbefragung als Beitrag zur kleinräumigen Gesundheitsberichterstattung und Analyse von Versorgungsbedarfen

Meeting Abstract

  • Anna Köster-Eiserfunke - Poliklinik Veddel, Hamburg, Germany
  • Philipp Dickel - Poliklinik Veddel, Hamburg, Germany
  • Jonas Fiedler - Poliklinik Veddel, Hamburg, Germany
  • Ebou Uhlig - Poliklinik Veddel, Hamburg, Germany
  • Silke Betscher - Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg, Department Soziale Arbeit, Hamburg, Germany
  • Ove Spreckelsen - Poliklinik Veddel, Hamburg, Germany; Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Abteilung Allgemeinmedizin, Oldenburg, Germany

Gesundheit – gemeinsam. Kooperationstagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH). Dresden, 08.-13.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocAbstr. 1102

doi: 10.3205/24gmds592, urn:nbn:de:0183-24gmds5924

Veröffentlicht: 6. September 2024

© 2024 Köster-Eiserfunke et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Für die zielgerichtete Planung von Maßnahmen der Gesundheitsförderung und Prävention sowie der gesundheitlichen Versorgung sind genauere Kenntnisse über die soziale Zusammensetzung, den Gesundheitszustand und den Versorgungsbedarfen der Einzugsbevölkerung förderlich. Kleinräumige Daten auf Stadtteilebene sind allerdings häufig nicht umfassend genug oder gar nicht verfügbar. Für einen der ärmsten Stadtteile Hamburgs hatte der als partizipative Stadtteilbefragung konzipierte Community Health Survey Veddel zum Ziel eine solche Datenbasis zu schaffen.

Methoden: Ein gemeinsames Team aus einer Gruppe von Stadtteilforscher*innen und einem Forschungskoordinationsteam aus dem Stadtteilgesundheitszentrum Poliklinik Veddel und der HAW Hamburg konzipierte gemeinsam den Fragebogen. Inhaltliche Schwerpunktsetzungen wurden gemeinsam diskutiert und festgelegt. Die Befragung wurde als Vollerhebung sämtlicher Haushalte des Stadtteils angelegt und von Teams aus geschulten Peer-Interviewer*innen mit mehreren Sprachkompetenzen Tablet-gestützt von Tür-zu-Tür im November und Dezember 2022 durchgeführt. Es wurde eine Person pro Haushalt mit einem Mindestalter von 16 Jahren interviewt.

Ergebnisse: 561 Personen nahmen an der Befragung teil (Rücklauf von 23,48%). Das mittlere Alter der Befragten betrug 37,8 Jahre (SD 15,4 Jahre). 52,0% der Befragten identifizierten sich als Frauen, 44,6% als Männer und 3,4% als non-binär. Die Bevölkerung war mit über 50 Muttersprachen migrantisch geprägt, 43,3% der Befragten gaben an, nur mit Schwierigkeiten finanziell über die Runden zu kommen.

Die subjektive Gesundheit bewerteten 23,9% als mittelmäßig, 10,2% als schlecht und 2,0% als sehr schlecht. Die fünf häufigsten jemals ärztlich diagnostizierten (chronischen) Erkrankungen waren chronische Rückenleiden (25,3%), Depressionen (22,8%), Arterieller Hypertonus (15,3%), Asthma Bronchiale (13,4%) und Diabetes mellitus (8,7%).

Verglichen mit Daten für den bundesdeutschen Durchschnitt waren die Prävalenzen - auch stratifiziert nach dem Alter und dem Geschlecht - für eine schlechtere subjektive Gesundheit, Depressionen und Asthma Bronchiale deutlich erhöht. Unter Männern wurden auf der Veddel niedrigere Prävalenzen für den Arteriellen Hypertonus und Diabetes mellitus angegeben. Innerhalb der Survey-Population ließen sich einkommensabhängige soziale Gradienten in der Gesundheit darstellen.

Diskussion: Mit dem Community Health Survey Veddel konnten Daten über die soziale Zusammensetzung und der gesundheitlichen Situation der Bevölkerung des Stadtteils gewonnen werden, die zuvor nicht in der Kleinräumigkeit verfügbar waren. Neben anderen Aspekten förderte die partizipative Herangehensweise die lokale Relevanzsetzung und den verhältnismäßig hohen Rücklauf.

Erwartungsgemäß zeigte sich der subjektive Gesundheitszustand schlechter als im Vergleich zum Bundesdurchschnitt. Unerwartet waren die unplausibel niedrigeren Prävalenzen in Bezug auf den Arteriellen Hypertonus und Diabetes mellitus unter Männern, für die - neben einer in Bezug auf diese Erkrankungen tatsächlich gesünderen Bevölkerung - als mögliche Erklärungsansätze eine Unterdiagnostik aufgrund einer möglichen geringeren Inanspruchnahme medizinischer Versorgung als auch Herausforderungen bezüglich der Erhebungsinstrumente bei sprachlichen Verständigungsschwierigkeiten zu diskutieren wären. Die ansonsten höheren Prävalenzen von psychischen und Atemwegserkrankungen in der gesamten Survey-Population machen einen besonderen Versorgungsbedarf deutlich. Schwerpunktsetzungen für Maßnahmen der Gesundheitsförderung, Verhaltens- und Verhältnisprävention können anhand der Ergebnisse zielgerichteter erfolgen.

Interessenkonflikte: Anna Köster-Eiserfunke, Jonas Fiedler, Philipp Dickel und Ove Spreckelsen sind beschäftigt oder aktiv bei der Poliklinik Veddel.

Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.