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Gesundheit – gemeinsam. Kooperationstagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH)

08.09. - 13.09.2024, Dresden

Wer erinnert Eltern in Deutschland wie an die HPV-Impfung? Ergebnisse bundesweiter Befragungen von Eltern und Pädiater:innen im Rahmen von InveSt HPV, 2023

Meeting Abstract

  • Anja Takla - Robert Koch-Institut, Abteilung Infektionsepidemiologie, Berlin, Germany
  • Elisa Wulkotte - Robert Koch-Institut, Abteilung Infektionsepidemiologie, Berlin, Germany
  • Yvonne Bichel - Robert Koch-Institut, Abteilung Infektionsepidemiologie, Berlin, Germany
  • Johannes Lachmann - Robert Koch-Institut, Abteilung Infektionsepidemiologie, Berlin, Germany
  • Nora Schmid-Küpke - Robert Koch-Institut, Abteilung Infektionsepidemiologie, Berlin, Germany

Gesundheit – gemeinsam. Kooperationstagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH). Dresden, 08.-13.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocAbstr. 700

doi: 10.3205/24gmds582, urn:nbn:de:0183-24gmds5826

Veröffentlicht: 6. September 2024

© 2024 Takla et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Jährlich erkranken in Deutschland etwa 6.250 Frauen und 1.600 Männer an HPV-bedingten Krebserkrankungen. Durch eine zeitgerechte HPV-Impfung könnte ein Großteil dieser Erkrankungen mittelfristig verhindert werden. Aktuell liegen die HPV-Impfquoten in Deutschland für eine vollständige Impfserie bei 15-jährigen Mädchen und Jungen lediglich bei 54% bzw. 27%. Internationale Studien belegen die Wirksamkeit von Erinnerungssystemen zur Impfquotensteigerung, jedoch sind diese in Deutschland bisher nicht flächendeckend etabliert. Im Rahmen der „Interventionsstudie zur Steigerung der HPV-Impfquoten in Deutschland“ (InveSt HPV) des RKI wurden bundesweit Eltern und Pädiater:innen befragt. Ziel der Befragungen war es u.a., die Nutzung solcher Erinnerungssysteme in Deutschland zu erfassen und elterliche Wünsche an Erinnerungssysteme am Beispiel der HPV-Impfung zu identifizieren.

Methoden: Von August bis November 2023 wurden Eltern mit mindestens einem 9-14-jährigen Kind sowie niedergelassene Pädiater:innen aus ganz Deutschland mittels zweier Online-Surveys befragt. Die Eltern wurden unter Berücksichtigung von Quoten nach Bildungsstand (Statistisches Bundesamt, 2022) und nach Geschlecht des Kindes (50:50) rekrutiert. Die Auswertungen erfolgten deskriptiv und Gruppenunterschiede wurden inferenzstatistisch abgesichert.

Ergebnisse: An den Befragungen nahmen 1.805 Eltern und 345 Pädiater:innen teil.

Die Impfstatus-Kontrolle erfolgte bei 27% der Pädiater:innen in der Regel anhand der Patientenakte und bei 21% anhand des vorgelegten Impfausweises. 10% der Pädiater:innen nutzten zur Kontrolle ein Praxisverwaltungssystem. Häufigster Anlass für die Impfstatuskontrolle war die U- oder J-Untersuchung (47%). Pädiater:innen gaben das persönliche Gespräch in der Praxis als primäre Erinnerungsart an (68%), gefolgt von Erinnerungszetteln (11%). 35% der Pädiater:innen nutzten ein softwaregestütztes Erinnerungssystem; von diesen berichteten 40%, dass die Kontaktaufnahme zur HPV-Impferinnerung automatisiert erfolgt. Als häufigste Gründe für die Nicht-Nutzung eines softwaregestützten Erinnerungssystems wurden eine hohe Auslastung der Praxis und ein zu hoher zeitlicher und finanzieller Aufwand der Nutzung genannt.

47% der befragten Eltern wurden schon einmal an die HPV-Impfung erinnert, 76% davon von der versorgenden Arztpraxis: 29% der Eltern im persönlichen Gespräch, 18% per Telefonanruf und 13% mittels Erinnerungszettel. 11% der befragten Eltern mit angegebener Erinnerung erhielten diese von der Krankenkasse: 32% postalisch, 21% per Telefonanruf und 14% mittels SMS/Messenger-Dienst.

Der HPV-Impfstatus der Kinder unterschied sich signifikant danach, ob die Eltern eine Erinnerung erhalten hatten: mind. einmal geimpft waren 70% der erinnerten Kinder vs. 44% der nicht-erinnerten Kinder (p<0,001). 70 % der Eltern wünschten sich generell Impferinnerungen: 57% von der versorgenden Arztpraxis, 20% von der Krankenkasse, am häufigsten in schriftlicher Form (24% per Post, 22% per Email) und personalisiert (68%).

Schlussfolgerung: Kinder in Deutschland, deren Eltern an die HPV-Impfung erinnert wurden, waren signifikant häufiger gegen HPV geimpft. Die HPV-Impferinnerung erfolgte am häufigsten durch das persönliche Gespräch in der versorgenden Arztpraxis. Eltern wünschen sich dagegen eher schriftliche Erinnerungen. Die für eine Erinnerung notwendige Impfstatuskontrolle wurde von Pädiater:innen zumeist analog anhand der Akte oder des mitgebrachten Impfpasses durchgeführt und war in den meisten Fällen an eine U-/J-Untersuchung gekoppelt. Softwaregestützte Erinnerungssysteme sind in Deutschland mit einem Nutzeranteil von einem Drittel bisher wenig verbreitet. Auch bei Pädiater:innen mit softwaregestütztem Erinnerungssystem erfolgte die Kontaktaufnahme zur Impferinnerung mehrheitlich trotzdem zeitaufwendig durch das Praxispersonal. Die Ergebnisse machen deutlich, dass HPV-Impferinnerungen in Deutschland nicht systematisch erfolgen und zumeist an eine aktive Arzt-Patienten-Beziehung mit Praxisbesuchen geknüpft sind.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.