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„… es gibt halt nicht diesen einen richtigen Weg“ – Aushandlungsprozesse von Familien in Bezug auf frühkindliche Nahrungsmittelallergien und deren Prävention
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Veröffentlicht: | 6. September 2024 |
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Einleitung: Frühkindliche Nahrungsmittelallergien nehmen in den westlichen Gesellschaften zu und stellen damit, nicht nur für Familien, ein wachsendes Gesundheitsproblem dar [1]. Bisher gibt es nur wenig Forschung zu elterlichen Erfahrungen im Kontext von Prävention von und Umgang mit Nahrungsmittelallergien bei Kleinkindern. Daher war es unser Ziel, eine Grounded Theory zu entwickeln, um die Erfahrungen und Interaktionen von Familien zu verstehen, deren Kind eine Nahrungsmittelallergie oder ein Risiko für eine solche hat.
Methoden: Unsere qualitative Studie wurde auf der Grundlage der konstruktivistischen Grounded Theory von Kathy Charmaz [2] durchgeführt. Zwischen März und September 2022 rekrutierten wir mittels Schneeball- und theoretischem Sampling 27 Teilnehmende mit Kindern im Alter von 0-3 Jahren für ein leitfadengestütztes Interview, darunter 24 Mütter, zwei Väter und ein Elternpaar. In den teilnehmenden Familien hatten 13 Kinder der Altersgruppe ein Risiko und weitere 18 Kinder eine diagnostizierte Nahrungsmittelallergie. Vier Teilnehmerinnen waren zum Zeitpunkt des Interviews schwanger. Die transkribierten Interviews analysierten wir mit Hilfe von MAXQDA Analytic Pro 2022.
Ergebnisse: Die Datenanalyse zeigte, dass Aushandlungsprozesse das zentrale Phänomen der Erfahrungs- und Interaktionsdynamik in Familien mit einem Kind mit erhöhtem Nahrungsmittelallergierisiko bzw. einer entsprechenden Diagnose sind. Diese Aushandlungsprozesse, von uns als „Doing Food Allergy Family“ bezeichnet, umfassen verschiedene Themenbereiche: die elterlichen Rollen, einschließlich Verantwortlichkeiten für Medikation und Informationsbeschaffung; Zugang zur und Inanspruchnahme von Gesundheitsversorgung, u.a. die Entscheidung zur (zusätzlichen) Konsultation von Allergolog:innen, Ernährungsberater:innen und/ oder Heilpraktiker:innen; Zugang zu und Inanspruchnahme von Kinderbetreuung; die Nutzung informeller Unterstützung durch Familie, Freunde und Social Media sowie die (Re-)Organisation von Familienroutinen wie der Familienernährung. Selbstwirksamkeit und Gesundheitskompetenz wurden als wichtige individuelle Ressourcen in den Aushandlungsprozessen hervorgehoben.
Schlussfolgerung: Aushandlungsprozesse dienen den Familien dazu, die wahrgenommene Unsicherheit hinsichtlich des Allergierisikos oder der Diagnose einer Nahrungsmittelallergie zu überwinden und ein Gefühl der Kompetenz im Umgang mit (der Prävention von) Nahrungsmittelallergien zu entwickeln. Damit unterstreichen unsere Ergebnisse die Notwendigkeit der Stärkung der elterlichen Selbstwirksamkeit und Gesundheitskompetenz, um Unsicherheiten innerhalb der Familien entgegenzuwirken. Elterliches Kompetenzerleben kann sich positiv auf deren Bemühungen zur frühkindlichen Prävention und das Management von Nahrungsmittelallergien auswirken.
Interessenkonflikte: CA is a Grant Holder Scientific Representative of the Core Outcome Measures for Food Allergy Action (COMFA, European COST Action 18227).
Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.