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Gesundheit – gemeinsam. Kooperationstagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH)

08.09. - 13.09.2024, Dresden

COVID-19 und Einsamkeit: Ausmaß und Analyse der wahrgenommenen Einsamkeit im Zusammenhang mit soziodemografischen Merkmalen und der seelischen und emotionalen Gesundheit einer Blutspender-Kohorte (SeMaCo)

Meeting Abstract

  • Robert Pohl - Otto-von-Guericke-Universität, Medizinische Fakultät, Institut für Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Magdeburg, Germany
  • Christoph Stallmann - Otto-von-Guericke-Universität, Medizinische Fakultät, Institut für Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Magdeburg, Germany
  • Lotte Scheibler - Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Medizinische Fakultät, Institut für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie mit Blutbank, Magdeburg, Germany
  • Pauline Marquardt - tto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Medizinische Fakultät, Institut für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene, Magdeburg, Germany
  • Ute Bank - tto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Medizinische Fakultät, Institut für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene, Magdeburg, Germany
  • Achim J. Kaasch - tto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Medizinische Fakultät, Institut für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene, Magdeburg, Germany
  • Hans-Gert Heuft - Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Medizinische Fakultät, Institut für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie mit Blutbank, Magdeburg, Germany
  • Christian Apfelbacher - Otto-von-Guericke-Universität, Medizinische Fakultät, Institut für Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Magdeburg, Germany

Gesundheit – gemeinsam. Kooperationstagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH). Dresden, 08.-13.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocAbstr. 856

doi: 10.3205/24gmds398, urn:nbn:de:0183-24gmds3980

Veröffentlicht: 6. September 2024

© 2024 Pohl et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Die gesundheitlichen Risiken von Einsamkeit sind gut dokumentiert [1]. Die COVID-19-Pandemie und die damit verbundenen Maßnahmen zur sozialen Distanzierung haben die Prävalenz von Einsamkeit erhöht [2] und verschiedene demografische Faktoren wie Geschlecht, Alter und Familienstand als Risikofaktoren identifiziert [3]. Ziel dieses Beitrags ist es, das Ausmaß der Einsamkeit während der Pandemie in einer regionalen Blutspender-Kohorte (SeMaCo) darzustellen und Zusammenhänge mit soziodemografischen Merkmalen sowie der seelischen und emotionalen Gesundheit aufzuzeigen.

Methoden: In einer Seroprävalenzstudie zu SARS-CoV-2-Antikörpern bei BlutspenderInnen aus Magdeburg und Umgebung (SeMaCo-Studie, gefördert vom Land Sachsen-Anhalt) wurde zwischen Mai bis Juli 2023 und Oktober bis Dezember 2023 neben soziodemografischen Daten auch das Einsamkeitsempfinden seit Pandemiebeginn anhand der 3-Item-Version der UCLA Loneliness Scale [4] erhoben. Zudem wurden Fragen zur seelischen und emotionalen Gesundheit aus dem Short-Form-Health Survey SF-12 [5] gestellt. Mittels Pearson's Chi-Quadrat-Test wurden Zusammenhänge zwischen dem kategorisierten Einsamkeitsscore (»keine bis geringe Einsamkeit« und »mäßige bis starke Einsamkeit«) und den soziodemografischen Variablen sowie der seelischen und emotionalen Gesundheit untersucht. Die Spearman-Korrelationsanalyse wurde genutzt, um die Beziehung dieser Variablen zum Summenwert der Einsamkeitsskala zu untersuchen. Darüber hinaus wurde eine lineare Regressionsanalyse durchgeführt, um den Einfluss dieser unabhängigen Variablen auf das Einsamkeitsempfinden zu bestimmen.

Ergebnisse: Es lagen Angaben zur UCLA-Skala von n=806 Personen vor (53,5 % männlich; 46,5 % weiblich; Alter 49,02 ± 14,23 Jahre). 60 % gaben an, manchmal bis oft die Gesellschaft anderer seit Beginn der Pandemie zu vermissen, 33,9 % hatten das Gefühl außen vor zu sein und 35,1 % fühlten sich sozial isoliert. 31,1 % berichteten über moderate bis ausgeprägte Einsamkeit. 23,9 % gaben an, dass ihre Einsamkeitsgefühle im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie stärker geworden waren. Geschlecht und Altersgruppen korrelierten signifikant, wenn auch schwach, mit dem Einsamkeitsempfinden (rs 0,168; rs -0,076). Frauen berichteten häufiger über moderate bis ausgeprägte Einsamkeit im Vergleich zu Männern (38,7 % vs. 24,6 %; p < 0,001). In den jüngeren Altersgruppen (18 bis 29 Jahre) wurde ein höherer Prozentsatz an moderater bis ausgeprägter Einsamkeit beobachtet (37,9 %), verglichen mit den älteren Altersgruppen (50 Jahre und älter) (28,6 % bis 29,8 %; n.s.). Personen mit höherem Bildungsabschluss hatten tendenziell geringere Einsamkeitswerte als Personen mit niedrigerer Bildung (27,4 % vs. 37,5 %; p < 0,01). Die Einsamkeitsverteilung nach Familienstand und Partnerschaftsstatus zeigte keine Signifikanz. In der multivariaten linearen Regressionsanalyse zeigte sich, dass das Geschlecht (B = 0,575; p < 0,001) einen (positiven) signifikanten Einfluss hatte, während sich das Bildungsniveau (B = -0,322; p = 0,021) und Einschränkungen in sozialen Kontakten aufgrund seelischer oder emotionaler Probleme (B -0,903; p = 0,027) negativ auf den Summenwert der Einsamkeitsskala auswirkten.

Schlussfolgerung: Die vorliegenden Ergebnisse basieren auf einer regionalen Blutspender-Kohorte und sind daher nicht repräsentativ für die Gesamtbevölkerung. Dennoch zeigen unsere Ergebnisse teilweise Ähnlichkeiten mit größeren nationalen Studienkohorten, die aufzeigen, dass verschiedene demografische Gruppen unterschiedlich von Einsamkeit betroffen sind. Es wird erforderlich sein, zugängliche und zielgerichtete Public-Health-Maßnahmen zu entwickeln, die die Bewusstseinsbildung für das Thema Einsamkeit steigern und unterstützende Netzwerke sowie Ressourcen für gefährdete Gruppen, insbesondere Frauen und Menschen mit niedrigem Bildungsstand, bereitstellen.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.


Literatur

1.
Leigh-Hunt N, Bagguley D, Bash K, Turner V, Turnbull S, Valtorta N et al. An overview of systematic reviews on the public health consequences of social isolation and loneliness. Public Health. 2017;152:157–71.
2.
Cénat JM, Farahi SMMM, Dalexis RD, Darius WP, Bekarkhanechi FM, Poisson H et al. The global evolution of mental health problems during the COVID-19 pandemic: A systematic review and meta-analysis of longitudinal studies. Journal of Affective Disorders. 2022;315:70–95.
3.
Berger K, Riedel-Heller S, Pabst A, Rietschel M, Richter D. Einsamkeit während der ersten Welle der SARS-CoV-2-Pandemie – Ergebnisse der NAKO-Gesundheitsstudie. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz. 2021;64(9):1157–64.
4.
Hughes ME, Waite LJ, Hawkley LC, Cacioppo JT. A Short Scale for Measuring Loneliness in Large Surveys: Results From Two Population-Based Studies. Res Aging. 2004;26(6):655–72.
5.
Nübling M, Andersen HH, Mühlbacher A. Entwicklung eines Verfahrens zur Berechnung der körperlichen und psychischen Summenskalen auf Basis der SOEP - Version des SF 12 (Algorithmus). Berlin; 2006.