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Zeitliche Entwicklung der Sterblichkeit an häufigen nichtübertragbaren Krankheiten bei 30- bis 69-Jährigen in Deutschland 1998–2022 – Ergebnisse der Todesursachenstatistik
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Veröffentlicht: | 6. September 2024 |
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Einleitung: Weltweit versterben jährlich etwa 40 Millionen Menschen an nichtübertragbaren Krankheiten (non-communicable diseases, NCD), wovon etwa 80 % auf Krebserkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und chronische Atemwegserkrankungen entfallen. Neben genetischer Prädisposition gelten vor allem lebensstilbedingte Faktoren (z.B. Rauchen, körperliche Inaktivität, ungesundes Ernährungsverhalten) und Umweltbedingungen (z.B. Luftverschmutzung) als wichtigste Risikofaktoren dieser vier häufigsten NCD. Durch Vermeidung oder Verringerung der Risikofaktoren könnte die Anzahl der Todesfälle deutlich gesenkt werden. Vor diesem Hintergrund hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) das Ziel ausgegeben, die Sterblichkeit an den vier häufigsten NCD im Alter ab 30 bis unter 70 Jahren deutlich zu verringern. Vor allem in diesem Altersabschnitt wird ein Versterben an NCD als potenziell vermeidbar angesehen. Das Ziel des vorliegenden Beitrags besteht darin, die zeitliche Entwicklung der Sterblichkeit an den vier häufigsten NCD im Alter von 30 bis 69 Jahren im Zeitraum 1998 bis 2022 darzustellen.
Methoden: Die vorliegenden Analysen basieren auf der unikausalen Todesursachenstatistik des Statistischen Bundesamts, in der alle Sterbefälle für Deutschland erfasst werden. Die Todesursachen werden gemäß ICD-10 (WHO-Version) kodiert. Die Sterblichkeit an häufigen NCD im Alter 30-69 Jahren wird als Versterben an Krebs (C00-C97), Diabetes (E10-E14), Herz-Kreislauf-Erkrankungen (I00-I99) und chronischen Atemwegserkrankungen (J30-J98) gemäß WHO-Empfehlung definiert. Die Grundgesamtheit bildet jeweils die jährliche Wohnbevölkerung Deutschlands. Zur Abbildung der Sterblichkeit werden in dem vorliegenden Beitrag die Sterberaten (Anzahl Todesfälle pro 100.000 Personen in der Bevölkerung) mit Altersstandardisierung (Europabevölkerung 2013) berechnet. Die Sterberaten an häufigen NCD werden stratifiziert nach Geschlecht dargestellt. Die durchschnittliche jährliche prozentuale Veränderung (average annual percentage change, AAPC) für Periodenzeiträume wird über Joinpoint-Regressionsmodelle geschätzt.
Ergebnisse: In Deutschland lag im Jahr 2022 die Sterberate an Krebs, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und chronischen Atemwegserkrankungen pro 100.000 Personen in der Altersgruppe 30-69 Jahre altersstandardisiert bei 198 bei Frauen und 330 bei Männern. Der Anteil an der jeweiligen Gesamtsterblichkeit belief sich auf 66 % bei Frauen und 59 % bei Männern. Im Zeitverlauf sank die Sterblichkeit pro Jahr (AAPC): Sie reduzierte sich bei Frauen zwischen 1998 und 2006 um -2,49 % und zwischen 2007 und 2022 um -0,99 %; bei Männern zeigte sich eine etwas stärkere Abnahme 1998-2007 (-3,23 %) und ein Abflachen des rückläufigen Trends im Zeitraum 2008-2022 (-1,62 %). Bei Betrachtung der vier NCD zeigte sich für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Männern 1998-2008 (-4,74 %) und 2008-2019 (-2.21 %) eine Abnahme; im Zeitraum 2019-2022 dann eine leichte Zunahme (0,54 %) in den Sterberaten; bei Frauen nahm die Sterblichkeit 1998-2009 deutlich (-4,94 %) und 2010-2022 schwächer ab (-1,70 %). Bei Krebs zeigte sich 1998-2022 bei beiden Geschlechtern eine Abnahme in den Sterberaten, bei Diabetes und chronischen Atemwegserkrankungen waren hingegen schwankende Verläufe zu beobachten.
Schlussfolgerung: Die vorliegende Zeitreihenanalyse analysiert für Deutschland die kombinierten Sterberaten für die vier häufigsten NCD seit 1998 bei Erwachsenen im erwerbsfähigen Alter bzw. kurz nach Erreichen des Ruhestandes. Die Ergebnisse belegen, dass nach einer zunächst deutlichen Abnahme sich der Trend ab etwa 2006/07 verlangsamt hat. Auch wenn die spezifische Entwicklung dieser vier NCD durchaus unterschiedlich ist, zeigen die Ergebnisse klaren Handlungsbedarf, zumal diese Erkrankungen viele Risikofaktoren gemeinsam haben, die sich durch Maßnahmen, insbesondere Maßnahmen der Verhältnisprävention, beeinflussen lassen.
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.