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Gesundheit – gemeinsam. Kooperationstagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH)

08.09. - 13.09.2024, Dresden

Pflegerische Versorgung mit Technologien gestalten – Erfahrungen von Pflegefachpersonen

Meeting Abstract

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  • Deliah Katzmarzyk - Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Hannover, Germany
  • Ronny Klawunn - Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Hannover, Germany
  • Marie-Luise Dierks - Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Hannover, Germany

Gesundheit – gemeinsam. Kooperationstagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH). Dresden, 08.-13.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocAbstr. 148

doi: 10.3205/24gmds332, urn:nbn:de:0183-24gmds3324

Veröffentlicht: 6. September 2024

© 2024 Katzmarzyk et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Um im Zuge von Prozessen der Digitalisierung und Technikimplementierung die Qualität der pflegerischen Versorgung sicherzustellen, sollte transparent werden, wie Technologien die Pflegepraxis beeinflussen und wie sie von Pflegefachpersonen in die Versorgung integriert werden. Bekannt ist bislang, dass die Technologie von Pflegefachpersonen als zusätzlicher „Akteur“ betrachtet wird, der eine neue Rolle in der gemeinsamen Situation einnimmt [1]. Zwischen den Pflegefachpersonen, den eingesetzten Technologien und den zu Pflegenden bildet sich eine Art „Dreiecksbeziehung“. In dieser können Technologie und persönliche Fürsorge prinzipiell koexistieren [2], offen ist, wie, zu welchem Grad, und unter welchen Bedingungen eine Koexistenz im pflegerischen Alltag stattfindet, und wie Pflegefachpersonen selbst aktiv die Balance zwischen Technologie und Fürsorge gestalten.

Damit haben wir uns im Rahmen des 5jährigen, vom BMBF-geförderten Forschungsprojektes Pflegepraxiszentrum (PPZ) Hannover beschäftigt, in dem Technologien zur Dekubitusprophylaxe, Sturzprophylaxe, Beziehungsgestaltung und Entspannung/Aktivierung gemeinsam mit Pflegefachpersonen auf einer unfallchirurgischen Normalstation mit geriatrischem Fokus implementiert wurden.

Dabei wurde folgende Forschungsfrage thematisiert:

„Wie gestalten Pflegefachpersonen den pflegerischen Arbeitsalltag unter Einbezug von Pflegetechnologien in der akutstationären Versorgung?“

Methode: Die Studie wurde mithilfe halbstrukturierter, leitfadengestützter Interviews in der post-Implementierungsphase zum Projektende durchgeführt. Die Erhebung fand mit zehn Pflegefachpersonen auf der Station im Oktober und Dezember 2023 statt. Die Analyse erfolgte durch zwei Forschende (DK/ RK) unabhängig voneinander geleitet von Prinzipien der Grounded Theory nach Corbin & Strauss in MAXQDA 2022. Dabei wurde das Kodierparadigma nach Strauss herangezogen: Das sogenannte zentrale Phänomen steht im Mittelpunkt, von dem ausgehend dessen Ursachen, der Kontext, die intervenierenden Bedingungen, die zu dem Phänomen führen, die daraus resultierenden Strategien, sowie die entstehenden Konsequenzen abgebildet werden [3].

Resultate: Das zentrale Phänomen der genutzten Auswertungstheorie lässt sich in Bezug auf die Ausgestaltung der Dreiecksbeziehung zwischen Pflegefachpersonen, eingesetzten Technologien und Patient:innen in der Pflegepraxis im akutstationären Kontext als „situativ ergänzend und harmonisch“ beschreiben.

Ursachen: Zu dem situativ ergänzenden und harmonischen Einsatz führt ein pflegerisches Problem, das mit einer Technologie adäquat adressiert werden kann.

Kontext: Faktoren, die diesen Einsatz der Technologie beeinflussen können sind eine dynamische Pflegepraxis, die Charakteristika des Patient:innenklientels, sowie die personellen und baulichen Bedingungen, aber auch hierarchischen Strukturen der Klinik.

Intervenierende Bedingungen: Die Pflegefachpersonen beschreiben einen harmonischen Einsatz, wenn die Technologien so konzipiert sind, dass sie sich gut in die pflegerischen Versorgungsprozesse integrieren lassen und als hilfreich für die Pflegepraxis angesehen werden.

Strategien: Ob und wie eine Technologie genutzt wird, entscheiden Pflegefachpersonen situativ anhand von (internen) Vorgaben, individueller pflegerischer Expertise und im Austausch mit den Kolleg:innen.

Konsequenzen: Wenn der Einsatz im Sinne des o.g. Phänomens erfolgt, nehmen Pflegefachpersonen eine körperliche und psychische Entlastung wahr, sowie eine Veränderung der pflegerischen Versorgung mit subjektiv mehr Zeit für die Patient:innen. Beispielsweise nutzen sie Technologien zur Beruhigung oder Beschäftigung von Patient:innen, wodurch die Adhärenz pflegerischer Maßnahmen erhöht wird, was zur Beziehungsgestaltung beiträgt und gleichzeitig die Pflegepraxis ergänzt.

Ausblick: Mit dem theoretischen Konstrukt nach Strauss können mögliche Einflussfaktoren auf den Implementierungsprozess von Pflegetechnologien auf individueller/organisationaler Ebene antizipiert und evaluiert werden, zugleich erlaubt es eine Fokussierung auf ein relevantes Phänomen. Damit kann die Praxis unterstützt werden, die Ausgestaltung der „Dreiecksbeziehung“ besser zu verstehen und zu gestalten.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.


Literatur

1.
Wynn M, Garwood-Cross L, Vasilica C, Davis D. Digital nursing practice theory: A scoping review and thematic analysis. J Adv Nurs. 2023 Mar 16;79(11):4137-4148. DOI: 10.1111/jan.15660 Externer Link
2.
Locin R.C. The Co-Existence of Technology and Caring in the Theory of Technological Competency as Caring in Nursing. J Med Invest. 2017 Feb 13;64(1.2):160-164. DOI: 10.2152/jmi.64.160 Externer Link
3.
Strübing J. Grounded Theory Zur sozialtheoretischen und epistemologischen Fundierung eines pragmatischen Forschungsstils. 4th ed. Wiesbaden: Springer VS; 2021.