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Breaking the Gender Gap: Maßnahmen zur Implementierung von geschlechtersensibler Versorgung.
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Veröffentlicht: | 6. September 2024 |
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Hintergrund: Frauen versterben nach einem Herzinfarkt häufiger als Männer, woran das liegt ist weitergehend unbekannt. Ein möglicher Erklärungsansatz, ist eine potenzielle Lücke zwischen der Evidenz aus Leitlinien und Expertenstandards und der tatsächlichen Versorgung. Ferner ist nicht bekannt inwieweit Geschlechtersensible Versorgung (GSV+) in der klinischen Praxis bereits berücksichtigt wird. Das Innovationsfonds geförderte Projekte „HeartGap“ setzt hier an und untersucht den möglichen Gap zwischen Evidenz und Versorgungsrealität und bestehende Einflussfaktoren. Es wird hierbei Einstellung und Wissen sowohl von Ärzt:innen und Pflegekräften, als auch die Perspektive der Patient:innen erhoben und anschließend Umsetzungsempfehlungen entwickelt um geschlechtersensible Versorgung besser in die Praxis zu implementieren.
Methoden: Das Projekt hat ein Mixed-Methods Forschungsdesign, bestehend aus einem Scoping Review, qualitative Erhebung (Fokusgruppeninterviews) und quantitative Erhebungen (Fragebogenerhebung). Aus der Triangulation der Forschungsergebnisse werden Handlungsempfehlungen abgeleitet, um GSV+ nachhaltig im Versorgungsalltag zu implementieren. Der Fokus dieses Vortrags soll auf den Ergebnissen der qualitativen Erhebung liegen. Im Zeitraum vom 13.06.2023 bis zum 26.04.2024 wurden in 9 Krankenhäusern unterschiedlichen Regionsgrößen und Versorgungsstufen in Niedersachsen und NRW insgesamt 18 Fokusgruppeninterviews durchgeführt. Die Fokusgruppen erfolgten in separaten Gruppen von jeweils 3-8 mit Pflegekräften bzw. Ärzt:innen zum Thema Einstellung und Umsetzung von GSV+ im klinischen Alltag. Die Auswertung der Fokusgruppeninterviews erfolgt nach der qualitativen Auswertung in MAXQDA.
Ergebnisse: Im Zuge der qualitativen Interviews ließ sich feststellen, dass die Kenntnis der Relevanz von geschlechtersensibler Versorgung bei den Versorgenden stark variiert und GSV+ bisher nur teilweise umgesetzt wird. Ferner ließ sich feststellen, dass nicht allen Versorgenden bekannt ist, dass in medizinischen Leitlinien und Expertenstandards geschlechterspezifische Unterschiede enthalten sind. In größeren Städten besteht eine tendenziell größere Offenheit gegenüber der Thematik als im ländlichen Bereich.
????Im Zuge der Fokusgruppen konnten einige förderliche Faktoren und Maßnahmen auf die Thematik identifiziert werden (nicht abschließend):
- Steigerung der Awareness und Aufklärung zu dem Thema GSV+
- die Generierung von mehr belastbarer Evidenz zum Thema GSV+
- vorhandene Evidenz sollte in Form von komprimierten Handlungsempfehlungen aufgearbeitet werden, z.B. für die Pflegekräfte in Form von 1-Minute Informationenquellen mit den wichtigsten Fakten zu GSV+ und Weiterbildungen für die Ärzt:innnen
- die Thematik muss aktiv von der Leitungsebene z.B. Chefarzt gefördert werden
Des Weiteren wurden in den Fokusgruppen einige Barrieren hinsichtlich der Implementierung von GSV+ identifiziert:
- Die Relevanz der Thematik ist nicht allen Versorgenden bekannt
- Zeitliche Aspekte: Das Thema wird als eine Mehrbelastung empfunden und ist daher im klinischen Alltag nicht umsetzbar, da andere Aspekte prioritär sind
- Inhalte zu GSV+ in Schulungs- und Ausbildungsmaterialien fehlen
- Inhalte der Leitlinien zum Thema GSV+ werden teilweise sehr unpräzise und ohne konkrete Handlungsempfehlungen empfunden
Schlussfolgerung: Geschlechtersensible Versorgung ist unverzichtbar für gute und personalisierte Versorgung, trotzdem ist das Thema noch nicht ausreichend bekannt und wird nicht ausreichend im Versorgungsalltag umgesetzt. Das Thema sollte bereits verpflichtend in der Ausbildung stärker berücksichtigt werden und im klinischen Alltag bedarf es konkrete Umsetzungsempfehlungen für Versorgende. Ferner sollte das Thema auch in der Forschung stärker berücksichtigt werden, damit bestehende Evidenzlücken geschlossen werden. Gesetzliche Verankerung und Richtlinien könnten auf politischer Ebene hierzu beitragen.
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.
Literatur
- 1.
- Sgraja S, Mollenhauer J, Kloepfer M, Seeland U, Kurscheid C, Amelung V. Gender health gaps in guideline-based inpatient cardiovascular medical and nursing care and implementation strategies to reduce the gap (HeartGap): A mixed methods study protocol. PLoS ONE. 2024;19(4):e0301732. DOI: 10.1371/journal.pone.0301732