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Analyse und Evaluation von digitalen Notiz-Applikationen zur Erstellung und Bearbeitung individueller Handlungsleitfäden während einer Skills Lab Übung
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Veröffentlicht: | 6. September 2024 |
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Einleitung: Studierende der Pflege und Hebammenwissenschaft erlernen in Skills Labs praktische Kompetenzen für ihren späteren Berufsalltag [1]. Neben der Vermittlung theoretischen Hintergrundwissens erhalten Studierende detaillierte Handlungsleitfäden zu aufeinander folgenden Kompetenzschritten im PDF-Format. Diese Handlungsleitfäden dienen als Basis, um einen eigenen, dem individuellen Lerntyp entsprechenden Handlungsleitfaden mit einer digitalen Notiz-Applikation zu erstellen. Im Gegensatz zum PDF-Format erlaubt dies den Studierenden, eine kontinuierliche Anpassung ihres Dokuments während der Lehrveranstaltung. Aus diesem Grund erfolgte eine Analyse digitaler Notiz-Applikationen zur Erstellung und Bearbeitung individueller Handlungsleitfäden sowie die nutzendenzentrierte Evaluation dieser im realen Skills Training [1].
Methodik: In einer qualitativen Gruppendiskussion zwischen vier InformatikerInnen und drei PflegeforscherInnen wurden Anforderungen an eine Anwendung erhoben, welche die oben genannte Problemstellung adressieren. Diese umfassen (a) DSGVO-konforme Datenpersistenz, (b) Plattformunabhängigkeit, (c) Kosten- und Folgekostenfreiheit, (d) kurze Einarbeitungszeit, (e) die Möglichkeit der Abbildung eines Ablaufes, (f) einfache oder keine notwendige Erstellung eines Nutzendenkontos sowie (g) Nutzungsmehrwert im Studiumsverlauf, damit die Applikation nicht ausschließlich für einen Kurs erlernt wird.
Anschließend erfolgte eine Recherche freier und kommerzieller Notiz-Applikationen, die auf Grundlage der zuvor ermittelten Anforderungen (a) bis (g) für den Einsatzkontext als geeignet bewertet wurden. Vier Anwendungen konnten aufgrund unzureichender Anforderungserfüllung bereits initial ausgeschlossen werden: Die App Mural lässt lediglich zwei kostenfreie Projekte zu, Prezi stellt alle kostenfreien Projekte der Öffentlichkeit zur Verfügung, Jamboard verfügt über insuffiziente Gestaltungsmöglichkeiten, und Conceptboard erlaubt keine kostenfreie Kollaboration mehrerer Personen.
Die Anwendungen (i) Google Präsentation, (ii) Lucidspark und (iii) Miro (https://miro.com/de/) decken die Anforderungen (a) bis (g) gleichermaßen vollumfänglich ab. Allerdings bestehen unterschiedliche Vor- und Nachteile bei der Nutzung der Software-Angebote, wie beispielsweise unterschiedliche Vorerfahrungen der Nutzenden, zusätzliche Notizsortierung oder die (fehlende) Möglichkeit kollaborativen Arbeitens. Miro verfügt, verglichen mit (i) und (ii), über die meisten Vorteile und wenigsten Nachteile hinsichtlich der Nutzung und wurde bei der Durchführung der Übungen zum Thema Subkutan-Injektion sowie Verbandwechsel bei primär heilenden Wunden mit insgesamt 35 Studierenden der Gesundheitsfachberufe der Universität zu Lübeck evaluiert.
Ergebnisse: Für die Evaluation wurde Miro an sechs Terminen auf einem großformatigen Touch-Monitor im Skills Lab bereitgestellt, damit der Handlungsleitfaden jederzeit eingesehen und bearbeitet werden kann. In Fokusgruppen berichten Studierende, dass sie die individuellen Anpassungsmöglichkeiten begrüßen, merkten jedoch auch an, dass die Software wenig gebrauchstauglich [2] sei. Dies drücke sich beispielsweise in der Inkompatibilität mit eigenen Endgeräten oder zu kleinen Visualisierungsausschnitten aus, die häufiges Zoomen und Scrollen erforderten. Aus diesen Gründen wurde die Software während der sechs Übungsdurchführungen wenig bis nicht verwendet.
Diskussion: Die Nutzung digitaler Notiz-Anwendungen während des Skills Trainings entspricht den subjektiven Lernbedürfnissen der Studierenden. Die Auswahl der Notiz-Applikation ist jedoch nicht nutzendenzentriert erfolgt. Ein nutzendenzentrierter Auswahlprozess hätte zu einer höheren Nutzungsakzeptanz und -frequenz sowie Bedürfnisabdeckung der Studierenden führen können.
Schlussfolgerung: Die Einbindung von Notiz-Software in Skills Trainings ermöglicht Studierenden in Gesundheitsfachberufen eine individuelle Erstellung und Ad-hoc-Anpassung von Handlungsleitfäden. Die projektintern eingesetzte Software Miro erfüllt die ex ante erarbeiteten Anforderungen, wurde jedoch in der wissenschaftlichen Evaluation aufgrund mangelnder Gebrauchstauglichkeit als unzureichend eingestuft. Deshalb ist eine nutzendenzentrierte Entwicklung [3] und Evaluation einer neuen, eventuell auch kontextsensitiven Anwendung, beispielsweise zur automatischen Erkennung des gewünschten Visualisierungsausschnittes, notwendig.
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.
Literatur
- 1.
- Fichtner A. Lernen für die Praxis: Das Skills-Lab. In: St. Pierre M, Breuer G, editors. Simulation in der Medizin. Berlin, Heidelberg: Springer; 2013. DOI: 10.1007/978-3-642-29436-5_10
- 2.
- DIN EN ISO 9241-11. Ergonomie der Mensch-System-Interaktion - Teil 11: Gebrauchstauglichkeit: Begriffe und Konzepte. Standard. Berlin: Deutsches Institut für Normung; November 2018.
- 3.
- DIN EN ISO 9241-210. Ergonomie der Mensch-System-Interaktion - Teil 210: Menschzentrierte Gestaltung interaktiver Systeme. Standard. Berlin: Deutsches Institut für Normung; März 2020.