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67. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS), 13. Jahreskongress der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e. V. (TMF)

21.08. - 25.08.2022, online

Verbessert die Einführung der vollumfänglichen Nutzung der automatischen Kodiersoftware IRIS/Muse die Qualität der deutschen Todesursachenstatistik? Eine Bundesland-bezogene Auswertung von Todesursachen 2000–2019

Meeting Abstract

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  • Susanne Stolpe - UK Essen, Essen, Germany

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 67. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS), 13. Jahreskongress der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V. (TMF). sine loco [digital], 21.-25.08.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. DocAbstr. 107

doi: 10.3205/22gmds099, urn:nbn:de:0183-22gmds0994

Veröffentlicht: 19. August 2022

© 2022 Stolpe.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die Qualität der Todesursachen-Statistik in Deutschland ist nach Einschätzung der WHO durch einen vergleichsweise hohen Anteil von etwa 13% nicht-informativer Todesursachen (TU) beeinträchtigt [1]. Bei kardiovaskulären TU liegt dieser Anteil je nach Altersgruppe und Geschlecht bei bis zu 25% [2]. Seit 2011 wird auch in Deutschland die Software IRIS/Muse zur automatisierten Kodierung der TU eingeführt. Mit Nutzung dieser Software wird eine Verbesserung der Kodierqualität verbunden [3]. Inwieweit IRIS/Muse zu einer Verbesserung der Qualität der Todesursachenstatistik beiträgt, wurde noch nicht untersucht.

Methode: Anhand der Todesursachenstatistik des statistischen Bundesamtes (gbe-bund.de) wurden für die Jahre 2000 bis 2019 die altersstandardisierten Mortalitätsraten der häufigsten nicht-informativen TU (essentielle Hypertonie (ICD-10 I10), Herzstillstand (I46), Herzinsuffizienz (I50), Atherosklerose (I70) und ‚unbekannte TU und Symptome‘ (R00-R99)) für die Bundesländer (BL) ausgewählt. Die mittlere relative Änderung des Anteils nicht-informativer TU (mit 95%-Konfidenzintervall (KI)) an allen TU im ersten und zweiten Jahr nach der Einführung von IRIS/Muse wurde berechnet.

Ergebnis: Iris/Muse wurde zur vollumfänglichen Nutzung zwischen 2011 und 2013 in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Sachsen, 2016 in Sachsen-Anhalt und 2017 in NRW und Berlin/Brandenburg eingeführt. Im Jahr der jeweiligen IRIS/Muse Einführung (Index-Jahr) betrug der Anteil nicht-informativer TU an allen TU in den Bundesländern zwischen 6,7 bis 10,8%. Im Jahr nach der Einführung veränderte sich dieser Anteil um zwischen -7,2% und +5,7% (MW: 0,002% (-4,8; 4,2)).

In den BL mit früher IRIS/Muse-Einführung sank der Anteil nicht-informativer TU im ersten Jahr nach Einführung um 4,6% (95%-KI: -10,0; 1,0)), im zweiten Jahr um 7,7% (-28,3; 12,8). In den BL mit Einführung 2016/17 stieg der Anteil nicht-informativer TU im Mittel um 3,0% (-2,4; 8,4) im ersten Jahr und um 5,6% (-8,3; 19,4) im zweiten Jahr nach Einführung. Der Anteil von R00-R99 (unbekannte TU und Symptome) stieg in den beiden Jahren nach Einführung von IRIS/Muse um 8% bzw. 17%, der Anteil von I50 (Herzinsuffizienz) sank dagegen um 6,5% bzw. 11,2%.

Schlussfolgerung: Die vollumfängliche Nutzung von IRIS/Muse war nur in den Bundesländern mit einer Verringerung des Anteils nicht-informativer TU assoziiert, in denen IRIS/Muse bereits vor 2014 eingeführt wurde. Die Qualität der Todesursachenstatistik scheint weniger abhängig von der Qualität der Kodierung, als von der Qualität der Todesursachenfeststellung. Diese könnte durch die Einführung einer elektronischen Todesbescheinigung verbessert werden [4], [5].

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.


Literatur

1.
Department of Information, Evidence and Research. WHO methods and data sources for country-level causes of death 2000–2015. Global Health Estimates Technical Paper WHO/HIS/IER/GHE/2016.3. Genf: WHO; 2017.
2.
Stolpe S, Stang A. Nichtinformative Codierungen bei kardiovaskulären Todesursachen: Auswirkungen auf die Mortalitätsrate für ischämische Herzerkrankungen. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz. 2019;62:1458-67.
3.
Eckert O, Vogel U. Todesursachenstatistik und ICD, quo vadis? Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz. 2018;61:796–805. DOI: 10.1007/s00103-018-2756-5 Externer Link
4.
Eckert O, Kühl L, Vogel U, Weber, S. Entwicklung einer elektronischen Todesbescheinigung für Deutschland. Bundesgesundheitsblatt. 2019;62:1493–1499.
5.
Winkelmann U. Ist Herzinsuffizienz eine Todesursache? Zur Qualität der Todesursachenstatistik und den Chancen einer elektronischen Todesbescheinigung. Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg. 9/2020.