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67. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS), 13. Jahreskongress der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e. V. (TMF)

21.08. - 25.08.2022, online

Patientenpartizipation in der Forschung: Erste Erfahrungen zur Machbarkeit und Nutzerakzeptanz im ParaReg-Register

Meeting Abstract

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  • Nils-Hendrik Benning - Institut für Medizinische Informatik, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Germany
  • Patrick Jersch - Sektion Experimentelle Neurorehabilitation, Klinik für Paraplegiologie, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Germany
  • Rüdiger Rupp - Sektion Experimentelle Neurorehabilitation, Klinik für Paraplegiologie, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Germany
  • Petra Knaup - Institut für Medizinische Informatik, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Germany

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 67. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS), 13. Jahreskongress der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V. (TMF). sine loco [digital], 21.-25.08.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. DocAbstr. 193

doi: 10.3205/22gmds067, urn:nbn:de:0183-22gmds0678

Veröffentlicht: 19. August 2022

© 2022 Benning et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Einleitung: Die Spende von patientengenerierten Daten an medizinische Register stellt einen vielversprechenden Ansatz dar, um in über einen langen Zeitraum erhobenen Daten Prädiktoren und Marker für klinische Verläufe zu identifizieren. Bei Menschen mit Querschnittlähmung sind insbesondere mittels mobiler Geräte erhobene Daten zur körperlichen Aktivität von Interesse, da körperliche Aktivität mit dem Risiko für Komplikationen positiv [1], [2], [3], [4], [5], [6], [7] oder negativ assoziiert ist [8], [9]. Während Umfragen eine hohe Bereitschaft zur Datenspende in der Allgemeinbevölkerung suggerieren [10], bleibt unklar, ob ausreichend Daten für repräsentative Forschungsergebnisse gesammelt werden können [11]. In der Studie ParaMoves wird für das bundesweite ParaReg-Register zur lebenslangen Dokumentation von Querschnittgelähmten [12] untersucht, ob durch Maßnahmen zur Patientenpartizipation ein hoher Datenspendenumfang erreicht werden kann. Die Akzeptanz und das Nutzerinteresse der Maßnahmen werden anhand erster Daten analysiert.

Methodik: Nach Einwilligung in die ParaMoves-Studie (Votum S-282/2021, Ethikkommission der Universität Heidelberg) erhalten ParaReg-Studienteilnehmende eine App, welche von einer Smartwatch erhobene Aktivitätsdaten (Rollstuhlschübe, Aktivitätsenergie und Herzfrequenz) [13] im Hintergrund importiert und zuverlässig an ParaReg übermittelt [14]. Die App gewährt Zugriff auf die Tagesaktivität anderer Studienteilnehmender vergleichbaren Alters und Lähmungsschwere. Die auf Gruppenebene bestimmten Vergleichsdaten aus dem Register werden graphisch der eigenen körperlichen Aktivität gegenübergestellt. Die Beurteilung der Machbarkeit der Patientendatenspende erfolgt über die Bestimmung des Anteils der Tage im Teilnahmezeitraum, an denen Aktivitätsdaten erhoben und übermittelt wurden. Das Nutzerinteresse an den Aktivitätsdaten wird anhand der Häufigkeit und Tageszeit von Abrufvorgängen ausgewertet.

Ergebnisse: Es wurden bisher sechs Teilnehmende rekrutiert, von denen vier unter 65 und zwei über 65 Jahre alt sind. Drei der Teilnehmenden leben mit einer Paraplegie und drei mit einer Tetraplegie. Die Teilnehmenden spendeten bis zum Zeitpunkt dieser Auswertung im Mittel an 37,6 Tagen (30 – 51 Tage) Daten. Der Anteil von Tagen mit übermittelten Aktivitätsdaten am gesamten Teilnahmezeitraum beträgt durchschnittlich 76 % (43 % – 100 %). Die Teilnehmenden riefen durchschnittlich an 56,8 % der Tage im Teilnahmezeitraum Vergleichsdaten ab (0,0 % – 77,4 %). Über alle Wochentage hinweg fanden 52,9 % der Vergleichsdatenabrufe in der Zeit von 18:00 – 23:59 Uhr statt. Eine Häufung in diesem Zeitfenster ergab sich mittwochs und donnerstags mit 10,3 % bzw. 12,2 %. Von 12:00 – 17:59 Uhr fanden die zweitmeisten Vergleichsdatenabrufe mit insgesamt 33,0 % statt. Die übrigen Vergleichsdatenabrufe fanden nahezu ausschließlich in zwischen 6:00 – 11:59 Uhr statt (13,8 %).

Diskussion: Der hohe Anteil der Tage, für die Aktivitätsdaten übermittelt wurden, deutet auf eine gute Compliance der Teilnehmenden in Bezug auf das Tragen und Aufladen der Smartwatch hin. Zudem zeigt sowohl der hohe Anteil von Teilnehmenden, welche Vergleichsdaten abrufen, als auch die Abruffrequenz ein hohes Interesse der Nutzenden an Aktivitätsdaten einer Personengruppe mit ähnlicher Querschnittlähmung. Die Häufigkeit der Datenabrufe und die Verteilung über alle Wochentage deutet auf einen regelmäßigen Selbstvergleich hin.

Schlussfolgerung: Die Voraussetzungen für die selbstständige Erhebung körperlicher Aktivität durch Studienteilnehmende mittels Smartwatches und für die automatisierte Übermittlung an ParaReg wurden erfolgreich umgesetzt. Die bis auf wenige Ausnahmen regelmäßige Übertragung von eigenen Daten und der häufige Abruf von Vergleichsdaten deuten auf eine hohe Nutzerakzeptanz hin. Inwieweit die Bereitstellung von Vergleichsdaten zur körperlichen Aktivität ein motivierendes Element zur nachhaltigen Datenspende darstellt, wird von uns mittels über die App durchgeführten Nutzerbefragungen aktuell untersucht. Die Studie wird mit einem jährlichen Rekrutierungsziel von rund 50 Personen fortgeführt.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.


Literatur

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