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67. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS), 13. Jahreskongress der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e. V. (TMF)

21.08. - 25.08.2022, online

MeKidS.support: Ein webbasiertes Unterstützungsinstrument bei der rechtssicheren Dokumentation sowie zur Stärkung pädiatrischer Einrichtungen im Umgang mit Kinderschutzfällen

Meeting Abstract

  • Janis Liedmann - Fachhochschule Dortmund, Dortmund, Germany
  • Lisa Huber - Fachhochschule Dortmund, Dortmund, Germany
  • Peter Haas - Fachhochschule Dortmund, Dortmund, Germany
  • Marcel Jühling - Institut für Rechtsmedizin der Universität Düsseldorf, Düsseldorf, Germany
  • Britta Gahr - Institut für Rechtsmedizin der Universität Düsseldorf, Düsseldorf, Germany
  • Frauke Schwier - Deutsche Gesellschaft für Kinderschutz in der Medizin (DGKIM), Köln, Germany

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 67. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS), 13. Jahreskongress der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V. (TMF). sine loco [digital], 21.-25.08.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. DocAbstr. 170

doi: 10.3205/22gmds064, urn:nbn:de:0183-22gmds0643

Veröffentlicht: 19. August 2022

© 2022 Liedmann et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Einleitung: Die Anzahl an gemeldeten Fällen von Kindeswohlgefährdung wächst jedes Jahr [1]. Im Jahr 2020 waren es in Nordrhein-Westfalen 54.347 Fälle [2]. Das Innovationsfonds-Projekt MeKidS.best (https://mekids-best.de) [3] hat u.a. das Ziel, Effekte standardisierter Vorgehensweisen auf die Erkennung und Versorgung zu untersuchen und eine neue Versorgungsform für die Regelversorgung zu beschreiben. Dabei sollen pädiatrische Einrichtungen auch bei der standardisierten Vorgehensweise und Dokumentation unterstützt werden. Im Rahmen von MeKidS.best wurde die Webanwendung „MeKidS.support“ entwickelt, mit der Ärzt*innen hinsichtlich der Identifizierung von Kindeswohlgefährdung, der Risikobewertung sowie der rechtssicheren Dokumentation unterstützt werden.

Stand der Technik: Derzeit wird die Dokumentation von Verdachtsfällen und tatsächlicher Gefährdungen in den Primärsystemen per Freitext geführt; teilweise ergänzend anhand standardisierter Papierbögen. Strukturierte digitale Dokumentationsmasken, die auch in gleichartiger Weise in allen Einrichtungen genutzt werden können und so flächendeckend zu einer standardisierten Dokumentation und gleichwertigen Versorgungsqualität beitragen, existieren nicht. Es werden lediglich einzelne Webangebote für kleinere Masken durch zentrale Einrichtungen in verschiedenen Bundesländern angeboten [4], [5], [6]. In Nordrhein-Westfalen wird GOBSIS [7] für die Dokumentation und Archivierung von Gewaltopferfällen bei Erwachsenen betrieben.

Konzept: In einem ersten Schritt hat eine Gruppe von Kinderärzt*innen unter Anleitung eines Rechtsmediziners 32 Mockups erstellt, welche den Aufbau und Inhalt des Systems vom Startbildschirm bis zum detaillierten Inhalt von acht Karteireiter skizzieren. In einer initialen Pre-Testphase konnte teilnehmendes ärztliches Fachpersonal (N=10) das System vor dem Echtbetrieb ausprobieren und anhand eines strukturierten Fragebogens bewerten und kommentieren. Aktuell läuft die Betriebs- und Evaluationsphase mit einem erweiterten Nutzerkreis.

Implementierung: MeKidS.support ist auf Basis von Java und dem Framework ZKOSS (https://zkoss.org, LGPL) sowie einer MariaDB als Datenbank implementiert. Für die Kartographierung der Körperoberfläche zur Lokalisation von Verletzungen und der Generierung von Lokalisationsbezeichnungen wurden spezielle Schemata aus der Frontal-/Sagittalebene für Säuglinge und Kinder erstellt und diese dann mittels Polygone in klickbare Teilflächen aufgeteilt.

Gewonnene Erkenntnisse: Durch Webanwendungen können gleichartige standardisierte Dokumentationen einfach in der Fläche verbreitet werden. Die Dokumentation in MeKidS.support erfolgt aus Gründen der Datensparsamkeit je Besuch und pseudonymisiert. Nach Abschluss der Falldokumentation und dem Download zur Integration in das Primärsystem wird serverseitig ein Großteil der Daten gelöscht. Nur wenige Daten wie Verletzungsarten, betroffene Regionen und nicht freitextliche Angaben verbleiben als Gedächtnisstütze für eine mögliche Folgedokumentation auf dem Server. Im Vergleich zu bestehenden Systemen [4], [5], [6], [8], deren Use-Case das rechtsmedizinische Konsil ist, bietet MeKidS.support den registrierten Anwendern eine pseudonymisierte, geführte und standardisierte Dokumentation, mittels der alle kinderschutzfallrelevanten Informationen gebündelt eingegeben und lokal fallübergreifend für die Versorgung genutzt werden können. Hierzu zählen z.B. die Einschätzung von Verhalten und Entwicklung, die körperliche Untersuchung, Verletzungen, erfolgte Konsile oder interdisziplinäre Fallbesprechungen. Für die Nutzung bestehender Konsil-Systeme kann ergänzend ein individueller Konsilbericht erstellt werden.

Die Ergebnisse der Pre-Testphase (N=10) waren überwiegend positiv. So wurden die intuitive Eingabe sowie die gute Strukturierung der Dokumentation gelobt. Eine wichtige Anmerkung ist aber, dass die strukturierte Dokumentation für den Alltagsbetrieb zu umfangreich ist.

Durch die initiale Erstellung aller Mockups durch spätere Endanwender*innen konnte der Entwicklungsaufwand erheblich minimiert werden, da sich wenig Änderungsanforderungen im Rahmen der Evaluationsphase ergaben.

MeKidS.support wird nun ein Jahr lang getestet und im Regelbetrieb evaluiert.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.


Literatur

1.
Statista. Festgestellte Kindeswohlgefährdung bis 2020 [Internet]. 2022 [cited 2022 Apr 5]. Available from: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1175170/umfrage/festgestellte-kindeswohlgefaehrdung-in-deutschland/ Externer Link
2.
Statistisches Bundesamt. Verfahren zur Einschätzung der Gefährdung des Kindeswohls nach Bundesländern [Internet]. 2021 [cited 2022 Apr 5]. Available from: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Soziales/Kinderschutz/Tabellen/gefaehrdung-kindeswohl.html Externer Link
3.
MeKidS.best - Medizinischer Kinderschutz im Ruhrgebiet [Internet]. 2022 [cited 2022 Apr 5]. Available from: https://mekids-best.de/ Externer Link
4.
Online-Konsil des KKG NRW [Internet]. 2022 [cited 2022 Apr 5]. Available from: https://online-konsil.kkg-nrw.de/ Externer Link
5.
Remed [Internet]. 2022 [cited 2022 Apr 5]. Available from: https://www.remed-online.de/ Externer Link
6.
Majeed RW, Mathes H, Naziyok TP, Stöhr MR, Edler K, Dettmeyer R, et al. Forensisches Konsil Gießen – Implementierung eines Internetportals zur niedrigschwelligen Konsultation der Rechtsmedizin nach Gewaltanwendung. In: GMDS 2014. 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Göttingen, 07.-10.09.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocAbstr. 246. DOI: 10.3205/14gmds016 Externer Link
7.
Suelmann C, Mützner R, Aschhoff M, Lowin D, Gahr B, Haas P. IT-gestützte vertrauliche Spurensicherung und -archivierung: GOBSIS – Gewaltopfer-Beweissicherungs-Informationssystem. In: GMDS 2014. 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Göttingen, 07.-10.09.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocAbstr. 271. DOI: 10.3205/14gmds017 Externer Link
8.
Albrecht UV, Todt M, Ketterer M, Pramann O, Matthies HK, Debertin AS. Das Forensische Online-Konsil „Forensikon“ - Sichere Befundkommunikation bei Verdacht auf Kindesmisshandlung und sexuellem Kindesmissbrauch in Niedersachsen. In: GMDS 2012. 57. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Braunschweig, 16.-20.09.2012. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2012. Doc12gmds057. DOI: 10.3205/12gmds057 Externer Link