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66. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS), 12. Jahreskongress der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e. V. (TMF)

26. - 30.09.2021, online

Verbundprojekt ESKaRa

Meeting Abstract

  • Hiltrud Merzenich - Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität, Mainz, Mainz, Germany
  • Dan Baaken - Universitätsmedizin Mainz, Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik, Mainz, Germany
  • Heinz Schmidberger - Universitätsmedizin Mainz, Klinik und Poliklinik für Radioonkologie und Strahlentherapie, Mainz, Germany
  • Heiko Karle - Universitätsmedizin Mainz, Klinik und Poliklinik für Radioonkologie und Strahlentherapie, Mainz, Germany
  • Marcus Stockinger - Universitätsmedizin Mainz, Klinik und Poliklinik für Radioonkologie und Strahlentherapie, Mainz, Germany
  • Inga Bekes - Universitätsklinikum Ulm, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Ulm, Germany
  • Lukas Schwentner - Universitätsklinikum Ulm, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Ulm, Germany
  • Achim Wöckel - Universitätsklinikum Ulm, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Ulm, Germany
  • Wolfgang Janni - Universitätsklinikum Ulm, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Ulm, Germany
  • Detlef Bartkowiak - Universitätsklinikum Ulm, Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, Ulm, Germany
  • Jona Renner - Universitätsklinikum Ulm, Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, Ulm, Germany
  • Thomas Wiegel - Universitätsklinikum Ulm, Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, Ulm, Germany
  • Maria Blettner - Universitätsmedizin Mainz, Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik, Mainz, Germany
  • Daniel Wollschläger - Universitätsmedizin Mainz, Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik, Mainz, Germany

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 66. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS), 12. Jahreskongress der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V. (TMF). sine loco [digital], 26.-30.09.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocAbstr. 88

doi: 10.3205/21gmds135, urn:nbn:de:0183-21gmds1359

Veröffentlicht: 24. September 2021

© 2021 Merzenich et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: In Deutschland erhalten 80% der Patientinnen mit prognostisch günstigem Mammakarzinom eine Radiotherapie [1]. In epidemiologischen Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass die Strahlenexposition des Herzens zu einem erhöhten kardialen Mortalitätsrisiko führt [2]. In den 1990er Jahren wurde die Strahlentherapie stark verbessert. Der Einsatz von Software-gestützter Bestrahlungsplanung auf Basis von 3D-Bildgebung ermöglichte eine bessere Schonung kardialer Strukturen. Dennoch ist das Herz auch bei Anwendung moderner Techniken gegenüber ionisierender Strahlung exponiert, wobei die Exposition u.a. von der Tumorlateralität abhängt.

Das Verbundprojekt ESKaRa (Epidemiologische Studie zu Kardialen Spätfolgen und Zweitmalignomen nach Radiotherapie bei Brustkrebspatientinnen) untersucht den Zusammenhang zwischen 3D-konformaler Radiotherapie (RT) und dem kardialen Mortalitätsrisiko bei Brustkrebspatientinnen in Deutschland. In der Vorläuferstudie PASSOS (BMBF, FKz:02NUK026B) wurde ein Mortalitäts-Follow up bis zum 31.12.2012 durchgeführt [3], das in ESKaRa bis zum 30.6.2018 erweitert wurde.

Methoden: ESKaRa ist eine retrospektive Kohortenstudie mit Brustkrebspatientinnen der Universitätskliniken Mainz, Ulm und 16 regionalen Netzwerkkliniken in Baden-Württemberg, die in den Jahren zwischen 1998 und 2008 erstmals an einem Mammakarzinom erkrankten und zu diesem Zeitpunkt nicht metastasiert waren. Für alle Patientinnen der Kohorte wurden klinische Informationen zur Brustkrebserkrankung, zur Therapie und zu kardiovaskulären Co-Morbiditäten erhoben. In einem Mortalitäts-Follow up wurden der Vitalstatus und die Todesursache erfasst. Für Patienten mit RT wurde in einer multivariablen Cox-Regression der Effekt der Lateralität auf die kardiale Mortalität untersucht, adjustiert für das Alter bei Brustkrebsdiagnose, Chemotherapie und kardiale Vorerkrankungen.

Ergebnisse: Insgesamt 11.982 Patientinnen wurden in die ESKaRa-Studie eingeschlossen. Mehr als 75% der Kohorte (n=9.057) erhielten eine RT im Rahmen der Primärtherapie. In der Gruppe der Patientinnen mit RT waren zum Ende der Beobachtungszeit insgesamt 2,600 Frauen verstorben, die Mehrheit (ca. 50%) an den Folgen der Brustkrebserkrankung. Die durchschnittliche mittlere Herzdosis betrug 4,6 Gy nach Bestrahlung eines linksseitigen Tumors, aber nur 1,7 Gy nach rechtsseitiger RT. Auf kardiale Todesursachen entfielen 9,0% (rechtsseitiger Tumor) bzw. 10,1% (linksseitiger Tumor). In der multivariaten Cox-Regression war die Lateralität kein statistisch signifikanter Prädiktor für das kardiale Sterberisiko: Hazard Ratio (HR)=1.08 (95% CI 0.84–1.39) bei linksseitiger versus rechtsseitiger Bestrahlung.

Diskussion: Mit der ESKaRa-Studie wurden für Deutschland belastbare Daten zum Zusammenhang zwischen moderner Radiotherapie bei Brustkrebspatientinnen und kardialen Spätfolgen erhoben. Nach einer Beobachtungszeit von durchschnittlich 11,5 Jahren, konnte kein (statistisch signifikant) erhöhtes kardiales Sterberisiko für Brustkrebspatientinnen bei linksseitiger vs. rechtsseitiger Bestrahlung unter den Bedingungen aktueller Strahlentherapieverfahren festgestellt werden. Allerdings könnte die Lateralität als Proxy für die tatsächliche Strahlenexposition des Herzens ein zu ungenauer Indikator sein. Daher wird im Rahmen des ESKaRa-Verbundprojektes für Patientinnen mit kardialem Ereignis die individuelle Herzdosis geschätzt und in einer Dosis-Wirkungs-Analyse betrachtet.

Förderer: BMBF, FKz:02NUK048A

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.


Literatur

1.
Schwentner L, Wöckel A, König J, Janni W, Ebner F, Blettner M, Kreienberg R, Van Ewijk R. Adherence to treatment guidelines and survival in triple-negative breast cancer: a retrospective multi-center cohort study with 9156 patients. BMC Cancer. 2013;13:487-499.
2.
Darby SC, McGale P, Taylor CW, Peto R. Long-term mortality from heart disease and lung cancer after radiotherapy for early breast cancer: prospective cohort study of about 300000 women in US SEER cancer registries. Lancet Oncol. 2005;6:557-65.
3.
Merzenich H, Bartkowiak D, Schmidberger H, Schmidt M, Schwentner L, Wiegel T, Woeckel A, Wollschläger D, Blettner M (2017). 3D-conformal radiotherapy is not associated with the long-term cardiac mortality in breast cancer patients – a retrospective cohort study in Germany (PASSOS -Heart Study). Breast Cancer Research and Treatment. 2017;161(1):143-152.