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66. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS), 12. Jahreskongress der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e. V. (TMF)

26. - 30.09.2021, online

Heterogenität in der Entwicklung und Validierung von Risikovorhersagemodellen für das Melanom

Meeting Abstract

  • Isabelle Kaiser - Institut für Medizininformatik, Biometrie und Epidemiologie, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Germany
  • Annette B. Pfahlberg - Institut für Medizininformatik, Biometrie und Epidemiologie, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Germany
  • Wolfgang Uter - Institut für Medizininformatik, Biometrie und Epidemiologie, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Germany
  • Markus Heppt - Hautklinik, Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen, Germany
  • Marit B. Veierød - Oslo Centre for Biostatistics and Epidemiology, Department of Biostatistics, Institute of Basic Medical Sciences, University of Oslo, Oslo, Norway
  • Olaf Gefeller - Institut für Medizininformatik, Biometrie und Epidemiologie, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Germany

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 66. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS), 12. Jahreskongress der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V. (TMF). sine loco [digital], 26.-30.09.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocAbstr. 133

doi: 10.3205/21gmds099, urn:nbn:de:0183-21gmds0994

Veröffentlicht: 24. September 2021

© 2021 Kaiser et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Die steigende Inzidenz des kutanen Melanoms über die letzten Jahrzehnte [1] hat die Entwicklung von Risikovorhersagemodellen zur Identifizierung von Personen mit hohem Melanomrisiko angetrieben. Mithilfe von Risikovorhersagemodelle können gezielte Screening-Programme zur Prävention des Melanoms ermöglicht werden, die effektiver und weniger kostenintensiv sind als Screenings ganzer Populationen [2]. Wir möchten eine Übersicht über veröffentlichte Studien zu Risikovorhersagemodellen für das Melanom geben und gleichzeitig systematisch die Heterogenität in der Entwicklung und Validierung dieser Modelle beschreiben.

Methodik: Ausgangsbasis unserer Suchstrategie bildeten zwei im Jahr 2014 publizierte systematische Übersichtsarbeiten zu Risikovorhersagemodellen für das Auftreten von Melanomen [3], [4], welche insgesamt 26 Studien umfassen. Auf beiden Publikationen wendeten wir die Methode des Forward Snowballings an, um neuere Studien zu finden. Als Datenbanken dienten dafür Web of Science und Google Scholar. Zusätzlich erfolgte eine elektronische Literatursuche in PubMed mit den von beiden systematischen Reviews verwendeten Suchbegriffen. Als Einschlusskriterien für die Studien definierten wir, dass definierte statistische Methoden zur Modellentwicklung verwendet wurden und die Modelle auf primäre Hautmelanome bezogen waren. Darüber hinaus sollte entweder ein absolutes Risiko bzw. einen Risikoscore oder adjustierte relative Risiken einzelner Risikofaktoren oder von Risikofaktorkombinationen berechnet werden. Die identifizierten Risikovorhersagemodelle untersuchten wir hinsichtlich ihrer Studiencharakteristiken, Unterschiede in der Auswahl und Erhebung von Risikofaktoren, sowie ihrer Methoden zur Evaluierung und Validierung untersucht.

Ergebnisse: Unsere systematische Literatursuche hat 40 Studien mit insgesamt 46 verschiedenen Risikovorhersagemodellen ergeben, die unsere Einschlusskriterien erfüllten. Insgesamt wurden in den Modellen 35 verschiedene Risikofaktoren verwendet. Diese umfassen neben phänotypischen Risikofaktoren auch demographische und genetische Risikofaktoren, sowie Faktoren, die auf die Sonnenexposition oder Hautläsionen bezogen sind. Der am häufigsten verwendete Risikofaktor ist die Anzahl der Nävi (n=35), doch erfolgte die Erhebung der Nävi hinsichtlich Lokalisation und Mindestgröße sehr heterogen. Bei anderen potenziellen Risikofaktoren wurde dagegen nur wenig Übereinstimmung hinsichtlich der Aufnahme in die verschiedenen Prädiktionsmodelle festgestellt. Eine interne Validierung berichteten weniger als die Hälfte der Studien (n=18) und nur 6 Studien validierten ihr Modell an einem externen Datensatz. Hinsichtlich der Performance der Modelle zeigte sich, dass zumindest 29 Studien die Diskriminationsfähigkeit ihres Modells evaluierten. Andere Maßzahlen zur Modellperformance, z.B. bezüglich der Kalibrierung und des klinischen Nutzen, waren dagegen selten.

Diskussion: Aufgrund der wesentlichen Heterogenität in der Auswahl und Erhebung der Risikofaktoren sowie in methodischen Aspekten der Modellentwicklung sind direkte Vergleiche von Modellen kaum durchführbar. Allerdings ist es ohne direkte Vergleiche für Kliniker nahezu unmöglich zu entscheiden, welches Modell für ihre Anwendung das Beste ist. Der Mangel an externen Validierungen wirkt sich zusätzlich erschwerend auf die Anwendbarkeit aus, da nicht eingeschätzt werden kann, ob das jeweilige Modell auf andere Populationen übertragbar ist. Folglich wird bisher kaum ein Risikovorhersagemodell in der Praxis zur Vorhersage des individuellen Melanomrisikos eingesetzt.

Schlussfolgerung: Es bedarf einheitlicher methodischer Standards für die Entwicklung und Validierung von Risikovorhersagemodellen des Melanoms. Zusätzlich sind verpflichtende Leitlinien, wie z.B. TRIPOD [5] für die Berichterstattung in begleitenden Veröffentlichungen notwendig.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.


Literatur

1.
Matthews NH, Li WQ, Qureshi AA, Weinstock MA, Cho E. Epidemiology of melanoma. In: Ward WH, Farma JM, editors. Cutaneous Melanoma: Etiology and Therapy. Brisbane, Australia: Codon Publications; 2017. p. 3-23.
2.
Watts CG, Cust AE, Menzies SW, Mann GJ, Morton RL. Cost-effectiveness of skin surveillance through a specialized clinic for patients at high risk of melanoma. J Clin Oncol. 2017;35:63–71.
3.
Usher-Smith JA, Emery J, Kassianos  AP, Walter FM. Risk prediction models for melanoma: A systematic review. Cancer Epidemiol Biomark Prev. 2014;23:1450–1463.
4.
Vuong K, McGeechan K, Armstrong BK, Cust AE. Risk prediction models for incident primary cutaneous melanoma: A systematic review. JAMA Dermatol. 2014;150:434–444.
5.
Collins GS, Reitsma JB, Altman DG, Moons KG. Transparent reporting of a multivariable prediction model for individual prognosis or diagnosis (TRIPOD): The TRIPOD statement. BMJ. 2015;350:g7594.