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65th Annual Meeting of the German Association for Medical Informatics, Biometry and Epidemiology (GMDS), Meeting of the Central European Network (CEN: German Region, Austro-Swiss Region and Polish Region) of the International Biometric Society (IBS)

06.09. - 09.09.2020, Berlin (online conference)

Entwicklung einer leistungsorientierten, Schweregrad- und Verweildauer-abhängigen Tarifstruktur mit Routinedaten

Meeting Abstract

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  • Samuel Noll - SwissDRG AG, 3012, Switzerland
  • Philipp Kreutzinger - SwissDRG AG, 3012, Switzerland
  • Rémi Guidon - SwissDRG AG, 3012, Switzerland
  • Simon Hölzer - SwissDRG AG, Bern, Switzerland

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 65th Annual Meeting of the German Association for Medical Informatics, Biometry and Epidemiology (GMDS), Meeting of the Central European Network (CEN: German Region, Austro-Swiss Region and Polish Region) of the International Biometric Society (IBS). Berlin, 06.-09.09.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocAbstr. 370

doi: 10.3205/20gmds209, urn:nbn:de:0183-20gmds2096

Veröffentlicht: 26. Februar 2021

© 2021 Noll et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Basierend auf dem Schweizer Krankenversicherungsgesetz (KVG) Artikel 49 wurde per 1. Januar 2018 die nationale Tarifstruktur TARPSY eingeführt, welche in der Vergütung der stationären psychiatrischen Fälle anhand degressiver Tagespauschalen ihre Anwendung findet [1]. TARPSY ist ein lernendes System, welches durch klare und standardisierte Prozesse, die in der Zusammenarbeit mit den Anwendern entstanden sind, die Schweregrade der Behandlungsfälle bestmöglich und nachvollziehbar abbildet [2]. Die massgebliche Herausforderung im Entwicklungsprozess einer neuen Tarifstruktur besteht darin, die gewonnenen Einsichten aus der Erhebung und Analyse bestehender Daten prospektiv so zu verwerten, dass die mit der Einführung einsetzende Erneuerung und Vereinheitlichung der Datenqualität der Tarifstruktur nicht im Wege steht, sondern sukzessiv vom System aufgenommen werden kann.

Methoden: über mehrere Jahre hinweg wurden psychiatrische Datensätze wie die medizinische Statistik, welche Routinedaten aller Hospitalisierungen in der Schweiz erfasst und vom Schweizerischen Bundesamt für Statistik (BFS) [2] erstellt wird, sowie Kostendaten, welche sich an den Vorgaben des Spitalverbandes H+ (REKOLE®) [3] orientieren, erhoben und analysiert. Dabei konnte auf die Plattformen aus dem Bereich der Akutsomatik zurückgegriffen werden, welche neben Erhebung eine umfassende Plausibilisierung und Bereinigung der Daten integrieren und ein Reporting an die teilnehmenden bzw. Daten-liefernden Kliniken ermöglichen. In der Praxis kann ein erfreulicher Trend festgestellt werden: Die Datenlieferungen innerhalb den vorgegebenen Fristen mit möglichst hoher Qualität nehmen beständig zu. Im Laufe der Erarbeitung der neuen Tarifstruktur konnten systematische Datenunterschiede in Bezug auf Diagnosen, Alter, Aufenthaltsdauern und Kostenstrukturen differenziert und abgegrenzt werden. Diese resultierten in kostenspezifischen, der medizinischen Logik folgenden Patientengruppen, so genannten Psychiatric Cost Groups (PCG) und werden mittels degressiven Tagespauschalen abgebildet. Seit der Einführung der Tarifstruktur rückt die Notwendigkeit der Erfassung der erbrachten Leistungen am Patienten mit in den Vordergrund. Sie werden über die Schweizerische Operationsklassifikation (CHOP) erfasst [4] und sind Teil der medizinischen Statistik. Auch dort ist eine Differenzierung der Leistungsbeschreibung erkennbar. Von insgesamt 87 auf die Psyche bezogenen Massnahmen im Jahr 2016 erweiterte sich dieser stetig und liegt aktuell bei 315 Behandlungen.

Ergebnisse: Neben der grösseren Anzahl kodierbarer Behandlungen stiegen seit Einführung der Tarifstruktur auch die in den Daten kodierten Leistungen am Patienten. So ist es für die Weiterentwicklung der Tarifstruktur basierend auf Daten 2018 zum ersten Mal gelungen, bestimmte Behandlungen als gruppierungsrelevant zu klassifizieren (Bsp.: Qualifizierter Entzug ab 6 Behandlungstagen, Psychiatrisch-psychotherapeutische Krisenintervention mind. 4 Stunden pro Tag). Ebenfalls konnte ein Zusatzentgelt für Mehrleistungen im Rahmen von Belastungserprobungen entwickelt werden. Die Erfassung der erbrachten Leistungen führt nicht nur zu einer besseren Ausdifferenzierung der PCGs (Psychiatric Cost Groups = Tarifgruppen) hinsichtlich des Leistungsbezuges, sondern ermöglicht auch die fundierte Analyse spezialisierter Therapien und seltenen Patientengutes.

Zusammenfassung: Eine fortlaufende Weiterentwicklung und Verbesserung der Abbildungsgüte auf Basis der Vorgaben der Gesundheits- bzw. Tarifpartner scheint mit Routinedaten möglich zu sein. Somit kann der Tarif der aktuellen Versorgung angepasst werden, ohne die ärztliche Therapiefreiheit einzuschränken, spezifische Patientengruppen ausser Acht zu lassen oder falsche finanzielle Anreize zu setzen. Die vollständige Erfassung der erbrachten Leistungen birgt grosses Entwicklungspotenzial für die Tarifstruktur und der damit angestrebten leistungsorientierten Vergütung der Behandlungen. Ein weiterer Qualitätssprung wäre durch eine Differenzierung der Kostendaten mit einem Tages- oder Leistungsbezug zu ermöglichen.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.


Literatur

1.
Schweizerische Eidgenossenschaft. Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG). [Zugriff am 31.03.2020]. Verfügbar unter: https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19940073/index.html Externer Link
2.
SwissDRG AG. Leitlinien zur Produktentwicklung. [Zugriff am 31.03.2020]. Verfügbar unter: https://www.swissdrg.org/application/files/7515/5507/7025/Leitlinien_zur_Produktentwicklung.pdf Externer Link
3.
Besson P; REKOLE. Betriebliches Rechnungswesen im Spital, H+.
4.
Schweizerische Eidgenossenschaft. Schweizerische Operationsklassifikation (CHOP). [Zugriff am 31.03.2020]. Verfügbar unter: https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/kataloge-datenbanken/publikationen.assetdetail.1940914.html Externer Link