gms | German Medical Science

65th Annual Meeting of the German Association for Medical Informatics, Biometry and Epidemiology (GMDS), Meeting of the Central European Network (CEN: German Region, Austro-Swiss Region and Polish Region) of the International Biometric Society (IBS)

06.09. - 09.09.2020, Berlin (online conference)

Chancen und Grenzen bei der Nutzung von Gesundheitsdaten im Bereich Ambient Assisted Living

Meeting Abstract

Suche in Medline nach

  • Jelena Bleja - Fachhochschule Dortmund / Institut für die Digitalisierung von Arbeits- und Lebenswelten, Dortmund, Germany
  • Dominik Wiewelhove - Fachhochschule Dortmund / Institut für die Digitalisierung von Arbeits- und Lebenswelten, Dortmund, Germany
  • Uwe Großmann - Fachhochschule Dortmund / Institut für die Digitalisierung von Arbeits- und Lebenswelten, Dortmund, Germany

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 65th Annual Meeting of the German Association for Medical Informatics, Biometry and Epidemiology (GMDS), Meeting of the Central European Network (CEN: German Region, Austro-Swiss Region and Polish Region) of the International Biometric Society (IBS). Berlin, 06.-09.09.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocAbstr. 170

doi: 10.3205/20gmds208, urn:nbn:de:0183-20gmds2084

Veröffentlicht: 26. Februar 2021

© 2021 Bleja et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels wenden sich immer mehr Akteure der Ausgestaltung technologischer Lösungsansätze zu [1]. Die fortschreitende digitale Evolution ermöglicht die Entwicklung immer komplexerer Unterstützungssysteme [2]. Hinter dem Begriff Ambient Assisted Living (AAL) verbergen sich derzeit überwiegend IoT-basierte Systeme, die es ermöglichen sollen, Komfort- und Sicherheitsfunktionen mit reellen Dienstleistungen zu verbinden [3]. Zahlreiche interdisziplinäre Forschungsprojekte, aber auch privatwirtschaftliche Unternehmen sind mit dem Ziel angetreten, älteren oder körperlich eingeschränkten Personen möglichst lange den Verbleib im eigenen Zuhause zu ermöglichen [4]. Bisher zeigen sich trotz der hohen Potenzialeinschätzungen und der Vielzahl von geförderten Projekten Schwierigkeiten, die AAL-Systeme nachhaltig im Markt zu etablieren [5]. Ein Grund hierfür stellt der Mangel an geeigneten Geschäftsmodellen und Finanzierungsansätzen dar [6].

Methoden: Im Rahmen des von der EU und dem Land NRW geförderten AAL-Projektes Smart Service Power wurden unterschiedliche Finanzierungsansätze für AAL-Technologien diskutiert [7]. Dabei wurde ein Datennutzungsmodell erwogen, das dem Nutzer die Möglichkeit bietet, bestimmte Daten gegen einen angemessenen Preisnachlass des AAL-Systems zu verkaufen. Mithilfe von ausführlichen Literaturrecherchen sollte geprüft werden, ob und unter welchen Voraussetzungen erhobene Daten an Dritte weitergegeben werden können.

Ergebnisse: Forschung ist zunehmend von der Verfügbarkeit und Validität umfassender Datenbestände abhängig [8]. Daher ist es erforderlich, dass es Mittel und Wege für die Forschung gibt, auf Datenbestände zuzugreifen. Im Rahmen des Angebots von Serviceleistungen im AAL-Bereich, werden eine Vielzahl von Daten, wie beispielsweise Gesundheitsdaten und Aktivitätsdaten in regelmäßigen Abständen erhoben [9]. Diese Daten könnten sowohl im Forschungsbereich als auch bei der Entwicklung neuer Dienstleistungen und Services sinnvoll zum Einsatz kommen [10]. Oftmals sagen diese Daten gerade in Bezug auf multifaktorielle Massenerkrankungen mehr aus als punktuelle Messungen beim Arzt [11]. Neben den zahlreichen Möglichkeiten müssen bei der Weitergabe von Gesundheitsdaten die geltenden Datenschutzbedingungen eingehalten werden. Gesundheitsdaten gelten als besondere personenbezogene Daten, bei deren Verarbeitung spezielle Bedingungen zu beachten sind. In der Regel muss eine Einwilligung nach Art. 9 Abs. 2a) DSGVO erfolgen. Insgesamt ist die Weitergabe von Gesundheitsdaten, wie im Methodenteil beschrieben, als problematisch zu bewerten. Für jede Datenweitergabe muss der Dateninhaber detailliert informiert werden, an wen die Daten für welchen Zweck übermittelt werden und in diese einwilligen. Dies gilt auch, wenn die verkauften Daten an Vierte weitergegeben werden. Zudem kann die Einwilligung der Datenverarbeitung jederzeit widerrufen werden (Art. 7 DSGVO), auch dann, wenn der Dateninhaber eine Vergütung für die Einwilligung der Datenverarbeitung erhalten hat. Für eine Datenweitergabe zu Forschungszwecken gelten jedoch besondere Bedingungen. Diese kann sowohl über eine Einwilligung oder aufgrund von Art. 9 Abs. 2j) DSGVO erfolgen. Zudem gilt in diesem Fall gemäß Art 17. Abs. 3d) DSGVO nicht das Recht auf Löschung.

Zusammenfassung: Ein Modell, bei dem Personen die Möglichkeit haben, ihre Daten gegen eine entsprechende Vergütung zu verkaufen, hätte im AAL-Bereich vielfältige Vorteile sowohl für Dateninhaber als auch für Datenempfänger. Aufgrund der aktuellen Gesetzeslage ist dies jedoch, mit Ausnahme des reinen Forschungskontextes für Gesundheitsdaten, kaum umsetzbar. Inwieweit die aktuelle Corona-Pandemie, die noch einmal verdeutlicht, dass die Geschwindigkeit, mit dem der Datenzugang gewährt wird, von entscheidender Bedeutung ist, zu einer Veränderung gesetzlicher Strukturen betragen wird, bleibt abzuwarten.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.


Literatur

1.
Ates N, Piazolo F, Kathrein J, Förster K. Design Science Research für Ambient Assisted Living Systeme (AAL). In: Dachselt R, Weber G, editor. Mensch und Computer 2018 – Workshopband. Bonn; 2018. p. 529–537. DOI: 10.18420/MUC2018-WS11-0514 Externer Link
2.
Smith RO, Scherer MJ, Cooper R, Bell D, Hobbs DA, Pettersson C, et al. Assistive technology products: a position paper from the first global research, innovation, and education on assistive technology (GREAT) summit. Disabil Rehabil Assist Technol. 2018;13:473–85. DOI: 10.1080/17483107.2018.1473895 Externer Link
3.
Cedillo P, Sanchez C, Campos K, Bermeo A. A Systematic Literature Review on Devices and Systems for Ambient Assisted Living: Solutions and Trends from Different User Perspectives. In: Terán Tamayo LF, Meier A, ICEDEG, editors. 2018 Fifth International Conference on eDemocracy & eGovernment (ICEDEG); 2018 Apr 4-6; Ambato. Piscataway, NJ: IEEE; 2018. p. 59–66. DOI: 10.1109/ICEDEG.2018.8372367 Externer Link
4.
Blackman S, Matlo C, Bobrovitskiy C, Waldoch A, Fang ML, Jackson P, et al. Ambient Assisted Living Technologies for Aging Well: A Scoping Review. Journal of Intelligent Systems. 2016;25:364. DOI: 10.1515/jisys-2014-0136 Externer Link
5.
Bleja J. Nachhaltige Geschäftsmodelle als Grundlage zur erfolgreichen Etablierung von AAL-Technologien. Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie. 2018;51:49.
6.
Fachinger U, Helten S, Nobis S, Schöpke B. Meta-Geschäftsmodelle – eine Möglichkeit zur erfolgreichen Einbindung von assistierenden Techniken in Quartiersnetze. Discussion Paper 23/2016. Universität Vechta; 2016.
7.
Bleja J, Langer H, Grossmann U. Business Models for Wireless AAL Systems — Financing Strategies. In: 10th IEEE International Conference on Intelligent Data Acquisition and Advanced Computing Systems: Technology and Applications (IDAACS); 2019 Sep 18-21; Metz, France. Piscataway, NJ: IEEE; 2019. p. 130–133. DOI: 10.1109/IDAACS.2019.8924437 Externer Link
8.
Dierks C, Roßnagel A. Sekundärnutzung von Sozial- und Gesundheitsdaten – Rechtliche Rahmenbedingungen. Berlin: MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft; 2019.
9.
Ciabattoni LC, Ferracuti FF, Freddi AF, Longhi SL, Monteriù AM. Personal monitoring and health data acquisition in smart homes. In: Longhi SL, Monteriu AM, Freddi AF, editors. Human Monitoring, Smart Health and Assisted Living: Techniques and technologies. Institution of Engineering and Technology; 2017. p. 1–22. DOI: 10.1049/pbhe009e_ch1 Externer Link
10.
Schön S, Schneider C, Wieden-Bischof D, Willner V. Das Potential verfügbarer Daten für Forschung und Entwicklung im Kontext von Active and Assisted Living bzw. Ambient Assisted Living (AAL). Norderstedt: BoD – Books on Demand; 2016.
11.
Hänisch T. eHealth – eine Begriffsbestimmung. In: Andelfinger VP, Hänisch T, editors. eHealth: Wie Smartphones, Apps und Wearables die Gesundheitsversorgung verändern werden. 1st ed. Wiesbaden: Springer Gabler; 2016. p. 5–10. DOI: 10.1007/978-3-658-12239-3_2 Externer Link