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65th Annual Meeting of the German Association for Medical Informatics, Biometry and Epidemiology (GMDS), Meeting of the Central European Network (CEN: German Region, Austro-Swiss Region and Polish Region) of the International Biometric Society (IBS)

06.09. - 09.09.2020, Berlin (online conference)

Gebrauchstauglichkeit von Automatisierten Externen Defibrillatoren (AED): Eine randomisierte, zweiarmige Simulatorstudie (Ease4Life)

Meeting Abstract

  • Andreas Klausen - Abteilung Medizinische Informatik, Medizinische Fakultät der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, OLdenburg, Germany; Oldenburger Forschungsnetzwerk Notfall- und Intensivmedizin, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Oldenburg, Germany
  • Beatrice Coldewey - Institut für Medizinische Informatik, Medizinische Fakultät der RWTH Aachen, Aachen, Germany
  • Fabian Otto-Sobotka - Abteilung Epidemiologie und Biometrie, Medizinische Fakultät der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Oldenburg, Germany
  • Rainer Röhrig - Institut für Medizinische Informatik, Medizinische Fakultät der RWTH Aachen, Aachen, Germany; Oldenburger Forschungsnetzwerk Notfall- und Intensivmedizin, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Oldenburg, Germany
  • Myriam Lipprandt - Institut für Medizinische Informatik, Medizinische Fakultät der RWTH Aachen, Aachen, Germany

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 65th Annual Meeting of the German Association for Medical Informatics, Biometry and Epidemiology (GMDS), Meeting of the Central European Network (CEN: German Region, Austro-Swiss Region and Polish Region) of the International Biometric Society (IBS). Berlin, 06.-09.09.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocAbstr. 415

doi: 10.3205/20gmds205, urn:nbn:de:0183-20gmds2051

Veröffentlicht: 26. Februar 2021

© 2021 Klausen et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Im Fall eines Herz-Kreislaufstillstands können die Basismaßnahmen einer Herz-Lungen-Wiederbelebung durch die Verwendung eines sogenannten Automated External Defibrillators (AED) erweitert werden, um die Überlebenschancen der Betroffenen zu erhöhen [1], [2], [3], [4], [5], [6]. Der Mensch-Maschine-Schnittstelle kommt bei den öffentlich zugänglichen AEDs eine besondere Bedeutung zu. Die Geräte müssen die Anwender, in der Regel Laien, bei der Durchführung der Maßnahmen unterstützen. Dabei muss die Zeit bis zur Abgabe des Schocks möglichst kurzgehalten werden. Je früher der Schock abgegeben wird, desto höher ist die Überlebenschance [7].

Das Ziel der Studie ist zu untersuchen, ob sich zwei AEDs in der Anwendung derart unterscheiden, dass sich vom ersten Kontakt mit dem Gerät bis zum Zeitpunkt der Schockabgabe (Time To Shock (TTS)) ein klinisch relevanter Unterschied ergibt. Mögliche Ursachen für Zeitverzögerungen wurden analysiert.

Methoden: Es wurde eine randomisierte, zweiarmige Simulatorstudie durchgeführt. In einer simulierten Wiederbelebungssituation übernahm der Proband die Anwendung des AEDs und ein in die Studie eingewiesener Akteur die Durchführung der Herz-Druck-Massage an einer Simulationspuppe. Die Fallzahlplanung ergab mit bei einem α-Fehler: p<0,05, β-Fehler: p<0,2 und einem klinisch relevanten Unterschied in der TTS: 30 Sekunden 14 Probanden pro Studienarm. Es wurde zwischen der Verwendung der zwei AED-Trainingsgeräte „Lifepak CR–T AED Trainer” (Medtronic Physio-Control) und „AED Trainer 3” (Philips Medical Systems) randomisiert. Die eingeschlossenen Probanden verfügten über keine medizinische Ausbildung und gaben an, AEDs bisher nicht genutzt zu haben. Die Simulation wurde durch eine Videokamera und einen vom Probanden getragenem mobilen Eye-Tracker aufgezeichnet. Ein positives Ethikvotum der Medizinischen Ethikkommission (Uni Oldenburg) lag vor.

Ergebnisse: Für die TTS wurde für den AED Trainer 3 ein Median von 61s (IQR: 58s - 76s, Range: 51s - 115s) und für den Lifepak CR-T AED Trainer ein Median von 93.5s (IQR: 91s - 103s, Range: 80s - 129s) gemessen. Der Unterschied in der TTS liegt im Median bei 32.5s mit p<0,05 (Mann-Whitney-U-Test). In dem Studiensetting führten sieben Probanden (Gruppe AED Trainer 3) die Schockabgabe in unter 60s durch, die meisten benötigten jedoch länger (max.=128,5s). Die qualitative Analyse der Videoaufzeichnungen offenbarte verschiedene Ursachen für eine verzögerte Schockabgabe. Diese lagen beispielsweise bei dem Umfang und der Formulierung der Sprachansagen sowie Problemen mit dem Entpacken und Anbringen der Elektroden.

Zusammenfassung: Beide AEDs unterstützen durch ihre Mensch-Maschine-Interaktion das konstitutive Durchführen von aufeinanderfolgenden Maßnahmen, weisen in der TTS jedoch einen klinisch relevanten Unterschied von mehr als 30s auf. Dieser lässt sich auf die Gebrauchstauglichkeit zurückführen [8], [9]. Unterschiede in der TTS sind durch die Dauer, die Inhalte sowie die Pausen der Sprachansagen, die das Durchführen der Maßnahmen entscheidend steuern, zu erklären. Die Selbstbeschreibungsfähigkeit der Bedienelemente, z.B. die Taster zum Starten des Gerätes und die Piktogramme zur Elektrodenposition, unterschied sich ebenfalls maßgeblich zwischen den beiden Geräten. Durch ein geeignetes Interfacedesign sollte von der Mehrheit der Anwender eine sichere und schnelle Anwendung in der Praxis ermöglicht werden. Eine Verbesserung der Geräte entsprechend der identifizieren Probleme für eine optimale Benutzerführung bei der Bedienung durch Laien erscheint sinnvoll. Weitere Studien zur Evaluation der Eignung verschiedener Interaktionskonzepte in realitätsnahen Szenarien werden empfohlen.

Rainer Röhrig, Myriam Lipprandt und Andreas Klausen sind als Projektpartner im BMBF-Forschungsprojekt AlarmRedux mit der Firma Philips engagiert. Rainer Röhrig hat von der Firma Philips Reisekosten für einen Vortrag erstattet bekommen.

Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.


Literatur

1.
Sanna T, La Torre G, de Waure C, Scapigliati A, Ricciardi W, Dello Russo A, Pelargonio G, Casella M, Bellocci F. Cardiopulmonary resuscitation alone vs. cardiopulmonary resuscitation plus automated external defibrillator use by non-healthcare professionals: a meta-analysis on 1583 cases of out-of-hospital cardiac arrest. Resuscitation. 2008 Feb;76(2):226-32. DOI: 10.1016/j.resuscitation.2007.08.001 Externer Link
2.
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3.
Karlsson L, Malta Hansen C, Wissenberg M, Møller Hansen S, Lippert FK, Rajan S, Kragholm K, Møller SG, Bach Søndergaard K, Gislason GH, Torp-Pedersen C, Folke F. Automated external defibrillator accessibility is crucial for bystander defibrillation and survival: A registry-based study. Resuscitation. 2019 Mar;136:30-37. DOI: 10.1016/j.resuscitation.2019.01.014 Externer Link
4.
Ringh M, Jonsson M, Nordberg P, Fredman D, Hasselqvist-Ax I, Håkansson F, Claesson A, Riva G, Hollenberg J. Survival after Public Access Defibrillation in Stockholm, Sweden--A striking success. Resuscitation. 2015 Jun;91:1-7. DOI: 10.1016/j.resuscitation.2015.02.032 Externer Link
5.
Hawkes C, Booth S, Ji C, Brace-McDonnell SJ, Whittington A, Mapstone J, Cooke MW, Deakin CD, Gale CP, Fothergill R, Nolan JP, Rees N, Soar J, Siriwardena AN, Brown TP, Perkins GD; OHCAO collaborators. Epidemiology and outcomes from out-of-hospital cardiac arrests in England. Resuscitation. 2017 Jan;110:133-140. DOI: 10.1016/j.resuscitation.2016.10.030 Externer Link
6.
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7.
Larsen MP, Eisenberg MS, Cummins RO, Hallstrom AP. Predicting survival from out-of-hospital cardiac arrest: a graphic model. Ann Emerg Med. 1993 Nov;22(11):1652-8. DOI: 10.1016/s0196-0644(05)81302-2 Externer Link
8.
Fidler R, Johnson M. Human Factors Approach to Comparative Usability of Hospital Manual Defibrillators. Resuscitation. 2016 Apr;101:71-6. DOI: 10.1016/j.resuscitation.2016.01.029 Externer Link
9.
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