gms | German Medical Science

62. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

17.09. - 21.09.2017, Oldenburg

Zeitlicher Verlauf der Intervallkarzinomrate und der Brustkrebsentdeckungsrate im Mammographie-Screening-Programm – Evaluation von Qualitätsparametern anhand der Daten des Epidemiologischen Krebsregisters Niedersachsen

Meeting Abstract

  • Iris Urbschat - Epidemiologisches Krebsregister Niedersachsen (EKN), Registerstelle, Oldenburg, Deutschland
  • Linda Gnas - Referenzzentrum Mammographie Nord, Oldenburg, Deutschland
  • Frauke Pauly - Epidemiologisches Krebsregister Niedersachsen (EKN), Registerstelle, Oldenburg, Deutschland
  • Gerold Hecht - Referenzzentrum Mammographie Nord, Oldenburg, Deutschland
  • Joachim Kieschke - Epidemiologisches Krebsregister Niedersachsen (EKN), Registerstelle, Oldenburg, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 62. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Oldenburg, 17.-21.09.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocAbstr. 247

doi: 10.3205/17gmds122, urn:nbn:de:0183-17gmds1225

Veröffentlicht: 29. August 2017

© 2017 Urbschat et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Die Evaluation des Mammographie-Screenings wird vom Epidemiologischen Krebsregister Niedersachsen (EKN) seit dem Beginn des Modellprojekts Weser-Ems (2002-2005) begleitet. In den Jahren 2005-2008 wurde das Mammographie-Screening-Programm (MSP) flächendeckend in Niedersachsen implementiert. Der Abgleich von Daten aller Screeningteilnehmerinnen mit den EKN-Daten ist seit 2013 gesetzlich geregelt und findet inzwischen routinemäßig statt. Ziel des Datenabgleichs ist es, Intervallkarzinome zu ermitteln – dies sind Mammakarzinome, die bei Screening-Teilnehmerinnen zwischen zwei Screeninguntersuchungen auftreten, also innerhalb von 24 Monaten nach einer unauffälligen Screening-Mammographie. Intervallkarzinome gelten als wichtiger Qualitätsparameter für das MSP. Der zeitliche Verlauf der Intervallkarziomrate und der Brustkrebsentdeckungsrate wird aufgezeigt. Ergänzend wird die Entwicklung der bevölkerungsbezogenen stadienspezifischen Brustkrebsinzidenz für die Screening-Zielbevölkerung der 50-69-jährigen Frauen dargestellt.

Im März 2014 und Dezember 2015 wurden die pseudonymisierten Daten von 743.944 50-69-jährigen Screeningteilnehmerinnen aus sieben der acht niedersächsischen Screeningeinheiten für die Screeningjahre 2006-2013 mit den EKN-Daten abgeglichen (1.700.785 Screeninguntersuchungen). Die im EKN ermittelten Intervallkarzinome (ICD-10 C50+D05) wurden an das Referenzzentrum Mammographie Nord (RZ) übermittelt und dort entsprechend der Vorgaben der Krebsfrüherkennungs-Richtlinie einer fallbezogenen Qualitätssicherung unterzogen. Aufgrund der Nachbeobachtungszeit von 2 Jahren und einer Meldungsübermittlungs-/Bearbeitungsdauer von weiteren 1-2 Jahren sind Intervallkarzinome frühestens 4 Jahre nach Ende eines Screeningjahrgangs vollzählig im EKN erfasst; die Intervallkarzinomraten werden für die Screeningjahre 2006-2011 je 10.000 unauffällige Teilnehmerinnen ausgewiesen. Die im EKN ermittelten Brustkrebsentdeckungsraten (C50+D05) werden je 1.000 Screeningteilnehmerinnen angegeben. Der bevölkerungsbezogene Verlauf der stadienspezifischen Brustkrebsinzidenz wird je 100.000 50-69-jährige Frauen für die Diagnosejahre 2003-2014 dargestellt (EKN-Datenstand 2/2017).

In den Datenabgleichen konnten 3.081 Intervallkarzinome ermittelt werden. Für 2.746 Intervallkarzinome fand im RZ eine Verifizierung statt. 335 Intervallkarzinome, die nach März 2014 dem EKN gemeldet wurden, sind noch zu verifizieren. Die Intervallkarzinomrate für die vollzählig evaluierbaren Screeningjahre 2006-2011 mit 1.189.520 unauffälligen Screeninguntersuchungen und 2.534 Intervallkarzinomen liegt bei 21,3/10.000 unauffällige Teilnehmerinnen – die Rate ist im zeitlichen Verlauf rückläufig (2006: 24,3; 2011: 18,2). Die Brustkrebsentdeckungsrate ist im gleichen Zeitraum ebenfalls gesunken (2006: 7,3; 2011: 6,5/1.000 Teilnehmerinnen). Die bevölkerungsbezogene Inzidenz für fortgeschrittene Mammakarzinome (Tumorgröße >20mm, T2+) zeigt von 2003-2014 einen Rückgang um 13% (von 128,9 auf 112,9/100.000 50-69-jährige Frauen). Gleichzeitig ist die Inzidenz von in-situ-Karzinomen (D05) von 2003-2014 angestiegen von 19,1 auf 48,1/100.000 50-69-jährige Frauen).

Entsprechend dem Krebsfrüherkennungs- und Registergesetz (KFRG) soll das organisierte MSP bezüglich Nutzen und Schaden evaluiert werden. Mit der Ermittlung von Intervallkarzinomen wird die fallbezogene Qualitätssicherung dieser Karzinome und die Bestimmung des Anteils falsch-negativer Screeningdiagnosen möglich. Von dieser Qualitätssicherung profitieren alle zukünftigen Screeningteilnehmerinnen. Ob das MSP zu einem Rückgang der Brustkrebsmortalität führt, kann erst in einigen Jahren evaluiert werden. Neben einem eventuellen Nutzen geht jedes Screeningprogramm auch mit potentiellen Risiken einher. Durch das MSP ist die Inzidenz der in-situ-Karzinome gestiegen. Ein Anteil dieser Karzinome wäre möglichweise zeitlebens für die Frau nicht symptomatisch geworden. Einige neuere Studien belegen jedoch, dass immer häufiger biologisch relevante Brustkrebsvorstufen mit hohem Kernmalignitätsgrad entdeckt werden, aus denen sich somit deutlich schneller ein invasiver Brustkrebs entwickeln kann. Eine ausführliche Information der Frauen über den Nutzen und den Schaden des Mammographie-Screenings ist wichtig, damit sie eine informierte Entscheidung treffen können, ob sie am Screening teilnehmen möchten oder nicht.



Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.