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HEC 2016: Health — Exploring Complexity
2016 Joint Conference of GMDS, DGEpi, IEA-EEF, EFMI

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V.
Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie e. V.

28.08. - 02.09.2016, München

Regionale Einflussfaktoren auf die Adipositas in Deutschland

Meeting Abstract

  • Maria Schumann - Robert Koch-Institut, Berlin, Deutschland
  • Anja Schienkiewitz - Robert Koch-Institut, Berlin, Deutschland
  • Thomas Lampert - Robert Koch-Institut, Berlin, Deutschland
  • Lars Eric Kroll - Robert Koch-Institut, Berlin, Deutschland

HEC 2016: Health – Exploring Complexity. Joint Conference of GMDS, DGEpi, IEA-EEF, EFMI. München, 28.08.-02.09.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocAbstr. 414

doi: 10.3205/16gmds081, urn:nbn:de:0183-16gmds0817

Veröffentlicht: 8. August 2016

© 2016 Schumann et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Regionale Unterschiede in der Adipositasprävalenz zwischen einzelnen Bundesländern sowie der Zusammenhang zwischen Adipositas und dem Sozialstatus sind bereits mehrfach dokumentiert. Inwiefern diese regionalen Disparitäten auch auf kleinräumiger Ebene bestehen, wurde bislang kaum untersucht. Ziel des vorliegenden Beitrags ist es, die regionale Verteilung der Adipositasprävalenz auf Ebene der Gemeindeverbände zu beschreiben und Einflussfaktoren zu identifizieren.

Daten und Methode: In der Studie werden Daten der „Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland“ (DEGS1) des Robert Koch-Instituts aus dem Jahr 2008 bis 2011 sowie Regionalinformationen aus der INKAR-Datenbank (Indikatoren und Karten zur Raum- und Stadtentwicklung) des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) verwendet. Bei der DEGS1-Studie handelt es sich um einen bevölkerungsrepräsentativen Untersuchungssurvey, der in 180 repräsentativ auf der Gemeindeebene gezogenen Sample Points durchgeführt wurde. Die INKAR-Datenbank des BBSR stellt die Indikatoren zu regionalen Einflussfaktoren auf Ebene der Gemeinden und Gemeindeverbände bereit. Die Identifikation relevanter Einflussfaktoren erfolgte anhand eines systematischen Literaturreviews.

Anhand der standardisiert gemessenen Körpermaße (Körpergröße [m] und Körpergewicht [kg]) wird der Body-Mass-Index (BMI) bestimmt und Adipositas als BMI ≥ 30kg/m2 definiert. Neben sozialräumlichen Indikatoren werden soziodemografische und sozioökonomische Merkmale sowie verhaltensassoziierte Risikofaktoren in den Analysen berücksichtigt. Die regionalen Unterschiede in der Adipositasprävalenz werden zunächst deskriptiv anhand von Regionalklassifikationen auf Gemeindeebene ausgewertet und anschließend mit logistischen Mehrebenenmodellen statistisch überprüft.

Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen, dass die Adipositasprävalenz in Deutschland regional variiert: Tendenziell ist in östlichen und westlichen Bundesländern die Adipositasprävalenz höher als in den nördlichen und südlichen Bundesländern. Zudem deutet sich ein Stadt-Land-Unterschied an: Die Bevölkerung in Landgemeinden ist im Vergleich zu Großstädten ebenfalls häufiger adipös. Weiterhin lassen sich bei Männern stärkere geografische Differenzen feststellen, während bei Frauen die Unterschiede nach Gemeindetypen stärker ausgeprägt sind.

Die Ergebnisse der logistischen Mehrebenenmodelle zeigen nach Kontrolle für Alter, Geschlecht und Migrationshintergrund eine signifikante Variation von Adipositas auf Ebene der Gemeindeverbände (MOR=1,34; VAR(u)=0,10). Ein Großteil der Unterschiede lässt sich bei Männern durch regionale und individuelle Indikatoren der sozialen Lage erklären. Bei Frauen sind dagegen ausschließlich die individuellen Einflussfaktoren von Bedeutung. Die verbleibenden Unterschiede lassen sich vor allem durch Merkmale des Gesundheitsverhaltens erklären. Ein tendenziell geringeres Adipositasrisiko im Norden sowie ein erhöhtes Risiko in ländlichen Gemeinden bleiben jedoch bestehen.

Schlussfolgerungen: Die vorliegenden Ergebnisse machen deutlich, dass eine zielgerichtete Steuerung von Präventionsmaßnahmen zur Verringerung der Adipositas in Deutschland regionale Unterschiede stärker berücksichtigen sollte. Ein Großteil der beobachtbaren Differenzen lässt sich dabei durch sozioökonomische Einflüsse auf regionaler und individueller Ebene erklären. Maßnahmen, die diese regionalen Muster berücksichtigen, können damit auch zur Verringerung gesundheitlicher Chancenungleichheiten beitragen. Weitere Forschungsarbeiten sind jedoch notwendig, um die regionalen Einflussfaktoren der Adipositas besser zu verstehen.