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GMDS 2015: 60. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

06.09. - 09.09.2015, Krefeld

Mehrfachverwendung von medizinischen Routinedaten in Qualitätssicherung und Forschung

Meeting Abstract

  • Josef Schepers - Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung (TMF e.V.), Berlin, Deutschland
  • Sebastian Claudius Semler - TMF e.V., Berlin, Deutschland
  • Johannes Drepper - TMF e.V., Berlin, Deutschland
  • Rainer Röhrig - Carl von Ossietzky Universität, Oldenburg, Deutschland
  • Sven Zenker - Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Bonn, Deutschland
  • Michael Hummel - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland

GMDS 2015. 60. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Krefeld, 06.-09.09.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocAbstr. 233

doi: 10.3205/15gmds216, urn:nbn:de:0183-15gmds2161

Veröffentlicht: 27. August 2015

© 2015 Schepers et al.
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Gliederung

Text

Qualitätssicherung, Controlling, Versorgungsforschung und biomedizinische Forschung sind einander überlappende Aktivitätenbereiche, die nebeneinander zur Weiterentwicklung, Verbesserung und Effizienzsteigerung der medizinischen Versorgung beitragen sollen. Die Vertreter dieser Bereiche und die von ihnen begleiteten Leistungserbringer, insbesondere Ärztinnen und Ärzte, benötigen zur Erfüllung ihrer Aufgaben zum einen spezielle, gezielt erhobene Daten. Sie müssen aber auch immer wieder auf Daten aus dem Versorgungskontext zurückgreifen.

Dabei bewegen sich Qualitätsmanager, Controller und Forscher trotz der Ähnlichkeit ihrer Tätigkeiten häufig in unterschiedlichen Rechtsräumen - auch in Abhängigkeit vom Bundesland, in dem sie tätig sind, und des Rechtschaarkters des Trägers ihrer Einrichtung. Im direkten Behandlungskontext in den klinischen Abteilungen dürfen und müssen die zur Qualitätssicherung und Wirtschaftlichkeit verpflichteten Leistungserbringer, insbesondere die Ärztinnen und Ärzte, die Originaldaten der Versorgung benutzen. Controller und Qualitätssicherungsbeauftragte auf Einrichtungsebene können als Erfüllungsgehilfen praktisch alle Daten des Hauses mindestens in pseudonymisierter Form benutzen. Für einrichtungsübergreifende Qualitätssicherung gibt es eigene Regelungen im Sozialgesetzbuch V und ergänzende Vorschriften in weiteren Rechtswerken. Für die Forschung muss regelmäßig zwischen den grundgesetzlich garantierten Rechtsgütern der Forschungsfreiheit von Wissenschaftlern und der informationellen Selbstbestimmung der Patienten abgewogen werden. Ferner müssen in der medizinischen Forschung zahlreiche Einzelgesetze und die Dokumentationsregeln der „Guten Klinischen Praxis“ (GCP) beachtet werden.

In dem Workshop und in vorbereitenden Abstimmungsterminen sollen ausgewählte Vertreter der einander ergänzenden Bereiche über praktische Erfahrungen bei der laufenden oder angestrebten Nutzung von Basisdaten aus dem Versorgungskontext berichten. Ergänzend werden zwei Arbeiten aus der TMF vorgestellt, die sich mit dem Themenspektrum befassen: das Gutachten für den Deutschen Bundestag „Data-Mining in der Medizin und im Gesundheitssystem“ und das „Rechtsgutachten zur Sekundärnutzung medizinischer Behandlungsdaten“ aus dem cloud4health-Projekt des TrustedCloud-Programms des BMWi.

Den Beteiligten und dem Publikum soll Gelegenheit gegeben werden, exemplarische Einblicke in die unterschiedlichen Aufgabenstellungen und Rahmenbedingungen der verschiedenen Bereiche zu nehmen und Handlungsspielräume für ihren eigenen Verantwortungsbereich auszuloten. Die Beiträge im Einzelnen:

  • Rainer Röhrig: Erweiterungsoptionen des AKTIN-Notfallregisters durch klinische Routinedaten. Im AKTIN-Projekt werden digitalisierte Notarzteinsatzprotokolle gemäß dem Muster der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) für Zwecke der Einsatzplanung, der Qualitätssicherung und der medizinischen Forschung in lokalen Datawarehouse-Systemen zusammengeführt. Es wird angestrebt, Daten über nachfolgende Krankenhausaufenthalte zu ergänzen, um das Ergebnis der Notfallversorgung besser beurteilen zu können.
  • Sven Zenker: Erweiterungsoptionen des ZaPoD-Anästhesieregisters durch klinische Routinedaten. Im Zentralarchiv Perioperativer Daten (ZaPoD) der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) wurde für Zwecke der Qualitätssicherung und der medizinischen Forschung begonnen, in einem zentralen Data-Warehouse-System Anästhesie- und OP-Protokolle zahlreicher Klinika zusammenzuführen. Es wird angestrebt, die Phasendaten der Anästhesie um Daten über die gesamten Krankenhausaufenthalte zu ergänzen, um das Ergebnis der OP- und Intensivversorgung besser beurteilen zu können. Aus unterschiedlichen Bundesländern liegen unterschiedliche Datenschutzgenehmigungen beziehungsweise –ablehnungen vor.
  • Michael Hummel (Charité, German Biobank Node): Erweiterungsoptionen der Biobanken-Forschung durch klinische Routinedaten. Sammlungen von Biomaterialien, die unter anderem Analysen von Morphologie, Topologie, Genotyp und Mutationen erlauben, entfalten ihren Wert für die medizinische Forschung erst vollständig durch die verknüpfte Dokumentation von assoziierten Daten über Klinik und Phänotyp. Eine ausschließliche Beschränkung der assoziierten Daten auf Routinedaten wie den § 21-Datensatz ist nicht vertretbar. Gleichwohl kann ein entsprechender Minimalbasisdatensatz aus der Versorgung eine wertvolle Ergänzung darstellen.
  • Sebastian Semler (TMF) und Johannes Drepper (TMF): Politikgutachten „Data-Mining in der Medizin und im Gesundheitssystem“ und „Rechtsgutachten zur Sekundärnutzung medizinischer Behandlungsdaten“. Im Auftrag des TAB-Büros des Deutschen Bundestages erstellt die TMF zurzeit ein Gutachten über die Mehrfachnutzung von Daten in der Medizin und im Gesundheitssystem - mit Beispielen aus biomedizinischer Forschung (z.B. molekularmedizinischer Onkologie), Qualitätssicherung, Gesundheitsökonomie, Versorgungsforschung und Infektionsprävention. Im September können erste Ergebnisse vorgestellt werden. Im Rahmen des cloud4health-Projektes des TrustedCloud-Programms des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie hat die TMF von RA U. Schneider aus Karlsruhe ein Rechtsgutachten zur „Sekundärnutzung medizinischer Behandlungsdaten“ erstellen lassen. Dies beleuchtet die unterschiedliche Rechtslage bei der Datennutzung nicht nur in Abhängigkeit von der Zielsetzung der Nutzung, sondern auch in Abhängigkeit von zuständigem Bundesland und von der Art Einrichtung beziehungsweise ihres Trägers (Versorgungskrankenhaus, Uni-Klinik, kommunal, kirchlich, frei-gemeinnützig, privat). Das Gutachten offenbart eine überraschende Vielfalt von Variationen im Datenschutzrecht und auch in denRahmenbedingungen der ärztlichen Schweigepflicht gemäß § 203 Strafgesetzbuch.

Literatur

1.
Schneider U. Rechtsgutachten zur Sekundärnutzung medizinischer Behandlungsdaten. Gutachten im Auftrag des TMF e.V. im Rahmen des Projektes cloud4health. 2014.