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GMDS 2015: 60. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

06.09. - 09.09.2015, Krefeld

Vorgelagerte Validierungsansätze zur Optimierung der produktbezogenen Stammdatenqualität als Voraussetzung für die Implementierung durchgängiger, elektronischer Beschaffungsworkflows mit Bezug zu medizinischen Primärprozessen

Meeting Abstract

  • Lasse van de Sand - Hochschule Niederrhein, Krefeld, Deutschland
  • Doerthe Veltrup - Hochschule Niederrhein, Krefeld, Deutschland
  • Sylvia Thun - Hochschule Niederrhein, Krefeld, Deutschland
  • Frank Scherenschlich - Class Ing, Borchen, Deutschland
  • Alfons Rathmer - AR Consulting, Borken, Deutschland
  • Hubert Otten - Hochschule Niederrhein, Krefeld, Deutschland

GMDS 2015. 60. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Krefeld, 06.-09.09.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocAbstr. 161

doi: 10.3205/15gmds204, urn:nbn:de:0183-15gmds2043

Veröffentlicht: 27. August 2015

© 2015 van de Sand et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Suffizientes Stammdatenmanagement ist ein praxisrelevantes Hauptproblem bei der Umsetzung elektronischer Bestellprozesse im Gesundheitswesen. Ohne valide Stammdaten scheitern elektronische Bestellprozesse über Institutionsgrenzen hinweg zwangsweise. Ausschließlich Stammdaten, die eine hohe formale und inhaltliche Qualität vorweisen, ermöglichen reibungslose Abläufe für Bestellungen, Bestandführung, Lieferavise und Rechnungen [1]. Hierbei kommt zunächst insbesondere dem Bereich der produktbezogenen Stammdaten eine hohe Bedeutung zu. So kann z.B. eine sachlich richtige und replizierbare Klassifikation und Identifikation von medizinischen Produkten nur auf Basis qualitativ hochwertiger Stammdaten erfolgen. Nur wenn von Seiten der Hersteller und Lieferanten von Medizinprodukten Stammdaten in entsprechender Qualität zur Verfügung gestellt werden, können diese sinnvoll in elektronische Beschaffungsworkflows eingespeist und mittels geeigneter eStandards zwischen den Akteuren ausgetauscht werden. Die Umsetzung eines Stammdatenmanagements soll in erster Linie zur Effektivitäts- und Effizienzsteigerung eines Unternehmens beitragen. Hierzu ist es unbedingt notwendig, Stammdaten system- und applikationsübergreifend konsistent über den gesamten Lebenszyklus zur Verfügung zu stellen [2]. Weiterhin ist unter der Maßgabe einer stärkeren Verzahnung von medizinischem Primärprozess und angeschlossenen Beschaffungsprozessen auch der Einbezug medizinischer Routinedaten (z.B. Prozeduren und Operationen) in die Überlegungen einzubeziehen.

Material und Methoden: Im Rahmen des BMWi-Förderprojektes „Standards zur Unterstützung von eCommerce im Gesundheitswesen“ (eCG) wurden insgesamt 12, für den Markt repräsentative Hersteller und Lieferanten von Medizinprodukten hinsichtlich gegenwärtiger Herausforderungen im Stammdatenbereich befragt. Weiterhin wurden zahlreiche Expertengespräche geführt, um die Möglichkeiten und Grenzen einer vorgelagerten Stammdatenvalidierung abzuschätzen. Basierend auf den so gewonnenen Informationen wurden in einem weiteren Schritt unterschiedliche Akteure (u.a. Kliniken, Hersteller und Lieferanten von Medizinprodukten, Einkaufsgemeinschaften) nach für sie relevanten Prüfparametern gefragt, welche im Rahmen einer derartigen Validierung einbezogen werden sollten. Die genannten Prüfparameter wurden gesammelt, bewertet und in eine Prüfparametersammlung aufgenommen. Zusätzlich wurden die Möglichkeiten einer elektronischen und inhaltlich sinnvollen Verbindung produktbezogener Stammdaten und medizinischer Routinedaten geprüft.

Ergebnisse: Die Auswertung der Befragung der Hersteller und Lieferanten von Medizinprodukten im o.g. Forschungsprojekt bezieht sich ausschließlich auf Produktstammdaten. Der Artikel bildet dabei als zentrales Stammdatenobjekt den Kern der auszutauschenden Stammdaten. Jeweils mehr als ein Viertel der Befragten sahen mangelnde Aktualität (ca. 26%) oder Unvollständigkeiten (ca. 26%) der Stammdaten als wesentliche Problembereiche. Ebenfalls als problematisch wurde eine mangelnde Konsistenz (18%) sowie eine redundante Datenhaltung (18%) und eine nicht gegebene Relevanz der Daten (12%) eingeschätzt. Knapp ein Drittel der Befragten gaben als typischen Fehler in der Stammdatensynchronisation eine falsche Artikelidentifikation an (30%), ein weiteres Drittel (30%) eine fehlerhafte Kundenidentifikation und ca. 40% eine fehlerhaft hinterlegte Verpackungseinheit. Sowohl eine ergänzend durchgeführte Literaturrecherche als auch die Befragungsergebnisse zeigen auf, dass fehlerfrei laufende elektronische Prozesse saubere Produktdaten benötigen. Zielsetzung muss die Schaffung und Haltung valider Daten in allen Prozessschritten sein. Eine konsequente und flächendeckende Umsetzung einer auf Standards basierenden, aber von Lieferantenseite getriebenen Artikelstammdaten-Verwaltung (Ownership) wird momentan noch durch das Fehlen eines unabhängigen, kostengünstigen und plattformneutralen Anbieters verzögert. Die Befragung der Akteure nach relevanten Prüfparametern zeigt erneut die wesentlichen Problemstellungen im Kontext des gegenwärtigen Managements von Stammdaten auf. So wurde u.a. explizit darauf hingewiesen, dass eine Prüfung der hinterlegten Verpackungseinheiten (incl. Artikelmengen) über sämtliche möglichen Verpackungsstufen eine der maßgeblichen Anforderungen an eine suffiziente Stammdatenvalidierung darstellt. Weiterhin erscheint es geboten Prüfmöglichkeiten im Bezug zur Artikel-, Hersteller- und Kundenidentifikation zu schaffen. Auf Basis der erkannten Herausforderungen und Problemstellungen sowie der diesbezüglichen Sammlung möglicher Prüfparameter wurde das Institut für Datenmanagement und Datenvalidierung im Gesundheitswesen (IDDG) gegründet. Dieses Institut soll als organisatorische Einheit zukünftig entsprechende Validierungsleistungen für Hersteller und Lieferanten von Medizinprodukten anbieten und damit einen Beitrag zur Erhöhung der verfügbaren Stammdatenqualität leisten.

Diskussion: Das Interesse an einer Erhöhung der Datenqualität ist seitens der Stammdaten-Nutzer aufgrund klar erkennbarer Verbesserungspotenziale vorhanden. Zunächst müssen jedoch relevante formale Stammdatenstrukturen festgelegt werden. Für diese werden im Folgenden die jeweiligen inhaltlichen Regeln und Standards definiert, deren Einhaltung im Rahmen des Stammdatenlebenszyklus letztlich die Konsistenz und Interpretierbarkeit von Stammdaten vor dem Hintergrund der zugrundeliegenden unternehmensspezifischen Anforderungen gewährleistet. Auf Basis definierter Regeln und Standards können sogenannte Prüfparameter abgeleitet werden, anhand derer die Inhalte der Stammdaten regelmäßig geprüft und bewertet werden. Basierend auf diesen Parametern können mögliche Inkonsistenzen der Daten ermittelt und deren Beseitigung eingeleitet werden [2]. Das IDDG als unabhängiger Anbieter betreibt einen Prüfparameterpool mit wissenschaftlich validierten und standardisierten Prüfparametern. Dieser sogenannte Prüfparamterpool orientiert sich an internationalen Standards und nationalen Vorgaben. Auf dieser Basis validiert der Anbieter die vom Kunden zur Verfügung gestellten Einzelpositionen eines Stammdaten-Containers gegen individuell gewählte Prüfparameter einer Prozesskette (z.B. eOrderCycle von der Bestellung bis zur Rechnung) und vergibt auf Anfrage ein Qualitätslogo. Die so geprüften Datenbestände können von den Anwendern entlang eines Behandlungs-Pfades in sich anschließende interne und/ oder externe e-Prozesse genutzt werden. Die Prüfparameter werden regelmäßig auf ihre Aktualität überprüft, validiert und an den Prüfparameter-Pool übergeben. Auf diesem Wege geprüfte und validierte Stammdaten können durch zunehmende Automation der Prozesse eine Realisierung von Kostenvorteilen in der Beschaffung und bei den verbundenen Personalkosten bewirken. Ein weiterer Vorteil liegt in der Reduktion administrativer Aufwände und einer damit verbundenen Beschleunigung von Stammdatenpflege und -austausch. Die kontinuierliche Validierung der Stammdaten verhindert eine Nutzung fehlerhafter Daten mit potenziellen Folgefehlern [3]. Diese Tatsache wird nicht nur die Behandlungs-Qualität und somit die Patientensicherheit erhöhen, sondern auch die Aspekte der Erlössicherung positiv beeinflussen. Weiterhin ergibt sich auf Basis qualitativ hochwertiger Stammdaten die Möglichkeit eine engere Verbindung zwischen medizinischem Primärprozess und angeschlossenen Beschaffungsprozessen herzustellen. Diese mögliche Verbindung auf Datenebene erstreckt sich u.a. auf eine elektronische und automatisierte Verbindung spezifischer medizinischer Operationen und Prozeduren (ausgedrückt über OPS Codes) oder Arzneistoffe (z.B. ausgedrückt über ATC/PZN) mit bestimmten Produkten und Produktklassen (z.B. ausgedrückt über eine GTIN oder eCl@ss Kodierung). In diesem Zusammenhang gewinnt dann auch die Datenübermittlung in standardkonformen technischen Austauschformaten (z.B. HL7 und GS1XML CIN) sowie deren automatisierte Überführbarkeit und Verbindung an Bedeutung. Es ist zu erwarten, dass sich die Entwicklungen innerhalb dieser Thematik auch in Folge zukünftiger gesetzlicher Regelungen (z.B. UDI Einführung) weiter intensivieren werden.


Literatur

1.
Bundesverband Medizintechnologie e.V. BVMed. Forum eStandards: Branchenfokus Produktstammdaten [Internet]. 0/2009 [zitiert am 13.03.2014]. URL: http://www.bvmed.de/stepone/data/downloads/fe/cb/00/Branchenfokus_Stammdaten.pdf Externer Link
2.
Verwaayen E, Scholle B. Stammdaten-Management – Strategische Bedeutung von Unternehmens-Stammdaten. In: Keuper F, Hamidian K, Verwaayen E, Kalinowski, T, Hrsg. transformIT, Optimale Geschäftsprozesse durch eine transformierende IT. Wiesbaden: Gabler Verlag; 2010.
3.
Schemm J. Zwischenbetriebliches Stammdatenmanagement: Lösungen für die Datensynchronisation zwischen Handel und Konsumgüterindustrie. Berlin: Springer; 2009.
4.
Hochschule Niederrhein. Förderprojekt „Standards zur Unterstützung von eCommerce im Gesundheitswesen“ [Internet]. 2011-2014 [zitiert am 13.03.2014]. URL: http://www.standard-ecg.de/index.php/de/ Externer Link