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GMDS 2015: 60. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

06.09. - 09.09.2015, Krefeld

Einfluss verschiedener Ordnungen des Moving Averages in der Auswertung von Akzelerometerdaten – eine Anwendung bei Grundschulkindern der Baden-Württemberg Studie

Meeting Abstract

  • Jens Dreyhaupt - Universität Ulm, Ulm, Deutschland
  • Simone Nill - Institut für Epidemiologie und Medizinische Biometrie Universität, Ulm, Deutschland
  • Susanne Kobel - Sektion Sport- und Rehabilitationsmedizin, Universitätsklinikum Ulm, Ulm, Deutschland
  • Sarah Kettner - Sektion Sport- und Rehabilitationsmedizin, Universitätsklinikum Ulm, Ulm, Deutschland
  • Jürgen-Michael Steinacker - Sektion Sport- und Rehabilitationsmedizin, Universitätsklinikum Ulm, Ulm, Deutschland
  • Rainer Muche - Universität Ulm, Ulm, Deutschland

GMDS 2015. 60. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Krefeld, 06.-09.09.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocAbstr. 008

doi: 10.3205/15gmds140, urn:nbn:de:0183-15gmds1403

Veröffentlicht: 27. August 2015

© 2015 Dreyhaupt et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: In vielen Studien erfolgen objektive Messungen von körperlicher Aktivität (kA) und Energieverbrauch mittels Akzelerometern, die eine hochaufgelöste Messung (z.B. in 15-Sekunden-Intervallen) von Merkmalen wie Herzfrequenz, Bewegungsimpulse, Energieverbrauch bieten. Im Ergebnis wird pro Untersuchungseinheit meist ein Datensatz mit sehr vielen Zeilen (d.h. Messzeitpunkten) erhalten, für dessen Aufbereitung und Auswertung derzeit noch keine einheitliche Methodik existiert. Neben Schwellenwertmethode, Hidden-Markov-Modellen und gemischten Regressionsmodellen kann der Moving Average (MA) im Präprozessing von Akzelerometerdaten angewendet werden [1], [2], [3]. Mit dieser Methode kann der Zeitverlauf eines Merkmals geglättet werden. Eine wichtige Aufgabe ist hierbei die Wahl einer geeigneten Ordnung, wobei zwischen geraden (2∙k) und ungeraden Ordnungen (2∙k+1) unterschieden wird. Die Ordnung eines MA darf einerseits nicht zu groß gewählt werden, da sonst reale Extrema durch den MA künstlich verringert werden. Eine zu kleine Ordnung kann andererseits dazu führen, dass noch zu viele kleine Schwankungen den „wahren“ zeitlichen Verlauf des Merkmals überlagern. Neben der Möglichkeit der Glättung kann mit dem MA auch eine Interpolation für Fehlwerte erfolgen, welche bei Akzelerometermessungen z.B. durch eine ungünstige Anlage des Sensors auftreten können. Im Beitrag werden Ergebnisse der Anwendung des MA für Verarbeitung und Aufbereitung von Akzelerometerdaten vorgestellt (Glättung und Interpolation für Fehlwerte). Das Ziel ist die Untersuchung des Einflusses verschiedener Ordnungen auf die Modellierung des Energieverbrauchs und die Ergebnisse von Gruppenvergleichen.

Material und Methoden: Bei der im Rahmen des Programms „Komm mit in das gesunde Boot - Grundschule“ (finanziert von der Baden-Württemberg Stiftung) durchgeführten Baden-Württemberg Studie [4] erfolgten in einer Subgruppe objektive Messungen der kA bei Grundschulkindern (Alter: 6-10 Jahre) mittels Akzelerometrie (Actiheart®). Die Messungen fanden zu zwei Zeitpunkten (Herbst 2010 und Herbst 2011) statt, wobei das Gerät von den Kindern jeweils an sechs aufeinanderfolgenden Tagen getragen wurde und die Aufzeichnung in 15 Sekunden-Intervallen erfolgte (d.h. pro Kind gibt es 5760 Zeilen pro kompletten Messtag). Neben Bewegungsimpulsen (sogenannten counts) wurde zusätzlich die Herzfrequenz in Schlägen pro Minute (bpm) aufgezeichnet [5]. Aus beiden Größen wurde für jedes 15 Sekunden-Intervall der Energieverbrauch (in MET) berechnet, was die Zielgröße in dieser Arbeit ist. Zur Modellierung des Zeitverlaufs der MET-Werte wurde der MA für Glättung und Fehlwertersetzung angewendet. Anschließend erfolgte für jedes einzelne Kind eine Aggregierung der MET-Werte auf Tagesebene, für Tageszeit (Vormittag/Nachmittag/Abend), für Wochenabschnitt (Schultag/Wochenendtag) sowie die Berechnung eines MET-Gesamtwertes für das Kind. Weiterhin wurde aus den MET Werten eine zweite Zielgröße (MVPA: moderate bis intensive kA, d.h. MET>=3; gemessen in Minuten pro Tag) berechnet. Neben der Deskription der kA in der gesamten Subgruppe sollen auch Vergleiche der objektiv gemessenen kA zwischen verschiedenen Gruppen (Interventionsgruppe vs. Kontrollgruppe, Jungen vs. Mädchen) erfolgen, sowie ein Vergleich bezüglich Wochen- und Tagesabschnitt.

Für diese Arbeit wurden für die Ordnung des MA verschiedene Werte verwendet (2∙k=0, 4, 8, 10, 20, 40). Die Ordnung 0 bedeutet, dass die MET-Originalwerte verwendet wurden (d.h. keine Glättung) und somit nur eine Interpolation von Fehlwerten erfolgte. Die von 0 verschiedenen Ordnungen haben folgende Bedeutung:

  • 2∙k=4: Verwendung der beiden vorhergehenden und folgenden Zeilen (Länge des Zeitfensters: 1 Minute)
  • 2∙k=8: Verwendung der vier vorhergehenden und folgenden Zeilen (Länge des Zeitfensters: 2 Minuten)
  • 2∙k=10: Verwendung der fünf vorhergehenden und folgenden Zeilen (Länge des Zeitfensters: 2.5 Minuten)
  • 2∙k=20: Verwendung der 10 vorhergehenden und folgenden Zeilen (Länge des Zeitfensters: 5 Minuten)
  • 2∙k=40: Verwendung der 20 vorhergehenden und folgenden Zeilen (Länge des Zeitfensters: 10 Minuten)

Für jeden der genannten Ordnungen erfolgte die oben beschriebene Modellierung mittels MA sowie die anschließende Aggregierung und Berechnung der MVPA. Die sechs erhaltenen Datensätze wurden mittels deskriptiver Statistik ausgewertet. Die Gruppenvergleiche und die Vergleiche bezüglich Wochen- und Tagesabschnitt erfolgten mit gemischten Regressionsmodellen.

Ergebnisse: Im Beitrag erfolgt eine Deskription der Daten für die fünf verschiedenen Werte der Ordnung des MA. Weiterhin werden Ergebnisse für die Gruppenvergleiche und Vergleiche von Tages- und Wochenabschnitt aus der Anwendung der gemischten Modelle präsentiert. Weiterhin werden die Ergebnisse mit den Resultaten der Schwellenwertmethode verglichen [6].

Diskussion: Bei der Anwendung des MA zur Datenaufbereitung von Akzelerometerdaten kann die Wahl der Ordnung die Ergebnisse beeinflussen. Für die Wahl einer „optimalen“ Ordnung können für diese Anwendung aktuell keine allgemeingültigen Regeln aufgestellt werden, da eine zu starke Abhängigkeit von der zeitlichen Variabilität des konkreten Merkmals, seiner Autokorrelation sowie von der zeitlichen Auflösung der Messung besteht. Die Wahl einer geeigneten Ordnung wird somit immer anhand der konkreten Daten empirisch erfolgen müssen. In dieser Arbeit wurden insbesondere der Einfluss der Ordnung auf die MVPA Ergebnisse deutlich. Allerdings gibt es noch weitere Einflüsse, wie Ein- und Ausschlusskriterien, die Einfluss auf die Ergebnisse haben. Daher sollten alle Aspekte der Datenaufbereitung von Akzelerometerdaten in einem Datenaufbereitungsprotokoll vor Beginn der Auswertungen festgehalten werden (analog einem SAP bei klinischen Studien).


Literatur

1.
Dreyhaupt J, Stegherr R, Nill S, Sufeida S, Kobel S, Kettner S, Steinacker JM, Muche R. Die Anwendung von moving average in der Auswertung von Akzelerometriedaten in der cluster-randomisierten Baden-Württemberg Studie. In: 9. DGEpi-Jahrestagung 2014; Ulm.
2.
Nill S. Die Anwendung des Moving Averages in der Auswertung von Akzelerometriedaten in der Baden-Württemberg Studie [Bachelorarbeit im Studiengang Mathematische Biometrie]. Ulm: Universität Ulm; 2014.
3.
Nill S, Dreyhaupt J, Kobel S, Kettner S, Steinacker JM, Muche R. Die Anwendung von Moving Averages in der Auswertung von Akzelerometriedaten – Lösungen mit SAS. In: 15. KSFE 2015; Hannover.
4.
Dreyhaupt J, Koch B, Wirt T, Schreiber A, Brandstetter S, Kesztyues D, Wartha O, Kobel S, Kettner S, Prokopchuk D, Hundsdoerfer V, Klepsch M, Wiedom M, Sufeida S, Fischbach N, Muche R, Seufert T & Steinacker JM. Evaluation of a health promotion program in children: Study protocol and design of the clusterrandomized Baden-Wuerttemberg primary school study [DRKS-ID: DRKS00000494]. BMC Public Health. 2012;12:157. [URL: http://www.biomedcentral.com/1471-2458/12/157] Externer Link
5.
Weber S, Koch B, Kobel S, Brandstetter S, Dreyhaupt J, Wiedom M, Muche R, Steinacker JM. Objective measurement of physical activity in schoolchildren with accelerometry and heart rate monitoring. In: Cable NT, George K, eds. 16th annual Congress of the European College of Sport Sciences; 2011; Liverpool. Book of Abstracts. 2011. p. 151.
6.
Dreyhaupt J, Wiedom M, Sufeida S, Koch B, Kobel S, Weber S, Steinacker JM, Muche R. Untersuchung verschiedener Schwellenwerte bei der Auswertung von Akzelerometrie-Daten bei Grundschulkindern. 56. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie; Mainz.