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GMDS 2015: 60. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

06.09. - 09.09.2015, Krefeld

Visuelle Integration einer Patientenliste mit OpenClinica

Meeting Abstract

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  • Karsten Senghas - Institut für Medizinische Biometrie und Informatik, Heidelberg, Deutschland
  • Martin Löpprich - Universität Heidelberg, Heidelberg, Deutschland
  • Petra Knaup-Gregori - Institut für Medizinische Biometrie und Informatik, Heidelberg, Deutschland

GMDS 2015. 60. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Krefeld, 06.-09.09.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocAbstr. 079

doi: 10.3205/15gmds055, urn:nbn:de:0183-15gmds0551

Veröffentlicht: 27. August 2015

© 2015 Senghas et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Die getrennte Speicherung der medizinischen Daten und identifizierenden Daten ist eine angewandte Maßnahme zur Erfüllung des datenschutzrechtlichen Gebots der Datensparsamkeit [1]. Der Patientenbezug ist nur für berechtigte Personen herstellbar, zum Beispiel solche, die direkt an der Behandlung der Patienten beteiligt sind. Die klinischen Daten werden erst im Arbeitsplatzrechner zusammengeführt. Die Erfassung medizinischer Daten erfolgt häufig durch Electronic Data Capturing (EDC) Systeme, beispielsweise ist OpenClinica ein verbreiteter Open Source Vertreter dieses Softwaretyps. EDC-Systeme wurden primär für den Zweck der Studiendatenerfassung entwickelt, eignen sich aber ebenso für den verwandten Einsatz der Registerdatenerfassung. Es besteht jedoch ein deutlicher Unterschied in den Anwendungsszenarien zwischen einem Register und einem Studienmanagementsystem. Für ein Register sollte das medizinische Personal bei bestehendem Behandlungsbezug in der Lage sein, die Daten zu den eigenen Patienten zugeordnet dargestellt zu bekommen. Das Management der identifizierenden Daten und die Reidentifikation der medizinischen Daten erfolgt über eine so genannte Patientenliste [1]. Sollen medizinische Daten zu einem Patienten dokumentiert werden, so muss zu diesem erst der zugehörige pseudonymisierte Datensatz manuell über das gemeinsame Kennzeichen aus der Patientenliste ermittelt werden. Das Ziel des vorliegenden Beitrags ist es, diesen Vorgang durch eine elektronische Patientenliste (ePL) und durch visuelle Integration mit pseudonymisierten Daten in einem EDC-System zu automatisieren. Berechtigte Personen sollen über die ePL unmittelbar auf die zugehörigen medizinischen Daten zugreifen können. Das EDC-System kann so effizienter für die Dateneingabe genutzt werden. Die entwickelte Lösung kann eine multizentrische Pseudonymisierung einfach realisieren, und OpenClinica um die Funktionen einer ePL ohne Quellcodeänderung erweitern.

Material und Methoden: Vor Implementierung der ePL erfolgte eine Anforderungsanalyse auf Basis einer existierenden papiergebundenen Patientenliste und deren Merkmalen. Darauf aufbauend wurde ein Lastenheft mit Anforderungen an das Laufzeitsystem erstellt und die Form der zu erstellenden Anwendung festgelegt. Da die Umsetzung ohne Änderungen am Quellcode von OpenClinica erfolgen sollte, wurden die bereitgestellten Schnittstellen des EDC-Systems auf ihre mögliche Eignung untersucht. Für die Entwicklung wurde auf bereits etablierte Werkzeuge und Technologien zurückgegriffen. Die Auswahl des Laufzeitsystems und die eingesetzten Technologien orientierten sich an den Systemanforderungen von OpenClinica. Folgende Werkzeuge wurden für die Implementierung ausgewählt: Oracle Java als Laufzeitumgebung mit Apache Tomcat als serverseitigem Laufzeitcontainer, Internet Explorer und Mozilla Firefox als Client. Die Wahl des Frameworks viel auf Google GWT. Zur Optimierung der Arbeitsabläufe ist eine visuelle Integration umzusetzen. Die OpenClinica Installation wurde über eine virtuelle Maschine zur möglichst nahen Simulation des Zielsystems auf dem Entwicklungssystem bereitgestellt. Die Datenhaltung der Anwendungen muss getrennt sein und die Zugriffe auf die ePL sind zu protokollieren und zu reglementieren.

Ergebnisse: Auf Basis der Anforderungsanalyse wurden umzusetzende Use Cases identifiziert: Erstellen von Patienten, Abändern von Patientendaten und Anzeige der klinischen Daten in OpenClinica. Unter Verwendung der ausgewählten Werkzeuge wurde die ePL als Webanwendung mit visuell integriertem OpenClinica realisiert. Die clientseitige visuelle Integration von medizinischen Daten aus OpenClinica und der identifizierenden Daten erfolgt innerhalb eines Browserfensters. Die bereitgestellten Schnittstellen (SOAP basierter Nachrichtenaustausch) der Webservices von OpenClinica und des URL API der Weboberfläche waren geeignete Ansatzpunkte die Anforderungen umzusetzen. Die visuelle Integration ist über etablierte Webstandards und das URL API von OpenClinica möglich, für die funktionale Integration werden die bereitgestellten Schnittstellen der Webservices von OpenClinica genutzt. Bei Aufruf eines Patienten in der ePL werden die zugehörigen medizinischen Daten aus OpenClinica angezeigt. Die visuelle Gestaltung der Weboberfläche ist derzeit an OpenClinica ausgerichtet und die beiden Anwendungen werden homogen im gleichen Browserfenster dargestellt. Dadurch werden die Arbeitsflüsse der Nutzer nicht unterbrochen, ein Wechsel zwischen unterschiedlichen Anwendungen zur Reidentifikation kann direkt in einer visuell integrierten Oberfläche erfolgen, ohne dass es dem Benutzer direkt bewusst wird. Medizinische Daten ohne korrespondierenden Verweis zu den identifizierenden Daten sind für den jeweiligen Benutzer pseudonymisiert.

Diskussion: Google GWT deckt durch die bereits existente Sammlung von wiederverwendbaren Komponenten alle benötigten Eingabe- und Darstellungselemente ab und lässt sich gut an OpenClinica anpassen. Der Einarbeitungsaufwand in das Framework ist allerdings hoch. Für den vorliegenden Fall erschien Google GWT geeignet. Für neue Projekte muss individuell sorgfältig geplant werden, ob die Komplexität des Frameworks zielführend ist. Die implementierte Anwendung ist funktional prinzipiell auch an andere EDC-Systeme anpassbar (beispielsweise REDCap), die Angleichung der visuellen Darstellung der Elemente der ePL zu dem EDC-System gestaltet sich allerdings aufwändig. Die bereitgestellten Schnittstellen durch die Webservices und das URL API haben sich als mächtige Werkzeuge zur Erweiterung der Funktionalität erwiesen. Solange die genutzten Schnittstellen bei zukünftigen Softwareaktualisierungen mitgeführt werden entfallen Anpassungen am Quellcode von dem EDC System.

Hauptvorteile sind eine Effizienzsteigerung durch die integrierten Arbeitsflüsse und eine bessere Nutzbarkeit von OpenClinica für die Registerdatenerfassung. Bei multizentrischen Forschungsvorhaben mit einem zentralen System für die Datenerfassung kann in jedem teilnehmenden Zentrum eine ePL installiert werden. Dadurch entsteht der Mehrwert einer größeren Datenbasis aus der gemeinsamen pseudonymen Datenhaltung und der Möglichkeit der identifizierenden Darstellung der eigenen Patienten. Multiple ePL Installationen sind einfach und zeitsparend durchzuführen. Dies kann eine Zeit- und Kostenersparnis bedeuten. Insbesondere auch für zeitlich kurzfristig ausgelegte Forschungsvorhaben ohne die rechtfertigbare Notwendigkeit einer umfassenden Infrastruktur bietet die ePL eine einfache Möglichkeit zur Unterstützung einer Pseudonymisierung. Besteht die Notwendigkeit eines Patientenidentifikationsmanagements (Record Linkage auf klinische Daten) kann im Zusammenspiel mit der ePL die Open Source Software OpenEMPI als Patientenindex Verwendung finden. Die ePL bedient sich in diesem Fall der Personendatenbank von OpenEMPI.


Literatur

1.
Reng CM, Pommerening K, Specker C, Debold P. Generische Lösungen zum Datenschutz für die Forschungsnetze in der Medizin. 1. Auflage. Mwv Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsges.; 2006.