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GMDS 2015: 60. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

06.09. - 09.09.2015, Krefeld

Konzeptentwicklung zur IT-gestützten Erfassung, Dokumentation und Meldung von schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen in eigeninitiierten Arzneimittelstudien

Meeting Abstract

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  • Amrei Pelzer - Uniklinik RWTH Aachen, Aachen, Deutschland
  • Stephan Wnendt - Lehrstuhl und Institut für Biologie II (Zoologie), Aachen, Deutschland
  • Thomas Deserno - RWTH Aachen, Aachen, Deutschland
  • Verena Deserno - Uniklinik RWTH Aachen, Aachen, Deutschland

GMDS 2015. 60. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Krefeld, 06.-09.09.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocAbstr. 216

doi: 10.3205/15gmds052, urn:nbn:de:0183-15gmds0522

Veröffentlicht: 27. August 2015

© 2015 Pelzer et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Einleitung: Die Dokumentation und Meldung von Schwerwiegenden Unerwünschten Ereignissen (SAEs – serious adverse events) ist für die Patientensicherheit und Pharmakovigilanz in klinischen Studien elementar und gesetzlich vorgeschrieben. Im klinischen Alltag bleiben SAEs oftmals jedoch unerkannt. Treten SAEs innerhalb der Uniklinik RWTH Aachen in einem anderen Bereich auf, steht das Studienpersonal vor einem besonderen Problem. Die Uniklinik RWTH Aachen ist in zahlreiche, fachbezogene Kliniken und Institute unterteilt, die an der Krankenversorgung beteiligt sind. Die medizinischen Mitarbeiter haben aus datenschutzrechtlichen Gründen in aller Regel nur Zugriff auf die Patientendokumentation ihrer eigenen Klinik. Somit ist es kaum möglich, ohne Mithilfe des Patienten von SAEs in anderen Kliniken im eigenen Hause zu erfahren. Dieser Zustand ist ethisch und rechtlich äußert problematisch. In diesem Beitrag wird ein datenbankgestütztes Tool vorgestellt, mit dem die Erkennung und Dokumentation von SAEs – zumindest im eigenen Hause – gewährleistet werden kann.

Material und Methoden: Zunächst wurden die Prozesse bezüglich des Umganges mit SAEs im Krankenhausinformationssystem (KIS) und CTC-A Study Management Tool (SMT [1]) beschrieben. Anschließend wurde der Status Quo des SAE-Managements in eigeninitiierten Studien analysiert. Es folgte die Anforderungsanalyse verschiedener beteiligter Personen- und Berufsgruppen im Hinblick auf das SAE-Management, Dokumentations- und Meldepflichten und der gruppenspezifischen Anforderungen. Hierzu wurden 54 Personen befragt, die in den Funktionen (i) Prüfarzt (29), (ii) Study Nurse (20), (iii) Projektmanager (9) und (iv) Monitor (3) an klinischen Prüfungen beteiligt sind. Jede befragte Person konnte, bei Bedarf, mehrere Funktionen auswählen. Für die Befragung wurden in Kliniken und Studienzentren, die intensiv in das Studiengeschehen des Hauses involviert sind, über das SMT Personen identifiziert, die eine der 4 Funktionen innehaben. An diese wurde der Fragebogen mit einem kurzen erklärenden Anschreiben verteilt. Zudem wurde untersucht, auf welchen Wegen eine Benachrichtigung der Prüfgruppe über potenzielle SAEs praktikabel und sinnvoll zugleich ist. Anhand der Zielparameter wurde ein Konzept für das SAE-Tool entwickelt, das auf den bestehenden Abläufen und Dokumentationsmöglichkeiten des Krankenhausinformationssystems aufsetzt.

Ergebnisse: Die Befragung der beteiligten Personen konnte zeigen, dass die Aufgabenverteilung innerhalb der Prüfgruppe bzgl. des Managements von SAEs teilweise nicht ausreichend definiert ist und das Wissen über die Gesetzesgrundlage partiell lückenhaft ist. Die Befragten empfinden das Melden von SAEs unabhängig von der Funktion als lästig und unangenehm. Erstaunlicherweise werden SAEs im Hinblick auf ihren wissenschaftlichen und medizinischen Aspekt dennoch als interessant empfunden. 79,6% der Befragten bewerten die automatische Benachrichtigung über potenzielle SAEs als positiv. Insgesamt entsteht der Eindruck, dass ein System, das nicht nur den Arbeitsaufwand erleichtert, sondern auch als eine Art Leitfaden fungiert, auf hohe Akzeptanz unter den Befragten stoßen würde.

Im Folgenden wird das entwickelte Konzept für ein solches System kurz vorgestellt.

Zunächst soll der Prozess der Markierung von Studienteilnehmern im KIS modifiziert werden. Relevante Daten, die dort hinterlegt werden, sollen in das Patienten-Tool des SMT übertragen werden, um Doppeleintragungen zu vermeiden. Dazu muss unter Berücksichtigung des Datenschutzes eine Schnittstelle zwischen dem KIS und dem SMT hergestellt werden, über die spezifische Daten abgefragt werden können. Wird zu einem so markierten Patienten eine Änderung im KIS vorgenommen (z.B. stationäre Aufnahme), wird die Benachrichtigung der Prüfgruppe initiiert. Die IT-basierte Infrastruktur für diese Anforderungen bietet das bereits 2011 etablierte SMT. Diesem wird ein weiteres Modul (SAE-Tool) hinzugefügt. Hier kann vor Studienbeginn definiert werden, wer auf welchem Wege benachrichtigt werden soll und welche Informationen gewünscht werden. Die Befragung der beteiligten Personen konnte zeigen, dass die Wünsche bezüglich des Inhaltes einer solchen Benachrichtigung sehr unterschiedlich sind. Ebenso soll die Möglichkeit bestehen, im Prüfplan festgelegte Ausnahmen und im Verlaufe der Studie auch elektive Aufnahmen zu hinterlegen, um diese Fälle von der automatischen Benachrichtigung auszuschließen. Sind diese Einstellungen vorgenommen und eine Prüfgruppe wurde über ein potenzielles SAE benachrichtigt, erscheint dieses im SAE-Tool und kann geprüft werden. Handelt es sich tatsächlich um ein SAE, wird der Dokumentations- und Meldeprozess gestartet. Die Dokumentation erfolgt digital und zwingend prüfärztliche Aufgaben können nur bei entsprechendem Login durchgeführt werden. Anschließend kann das SAE digital an den Sponsor (CTC-A) übermittelt werden und dieser kann eine Zweitbewertung vornehmen. Meldefristen werden im System hinterlegt. Das Tool verschickt selbstständig Erinnerungen an entsprechende Personen, bevor beispielsweise Meldefristen verstreichen. So wird die Kontrollierbarkeit erhöht. SAEs sollen also von der initialen Benachrichtigung der Prüfgruppe bis hin zur Meldung an den Sponsor und möglicherweise von dort auch an die BOB und die zuständige Ethik-Kommission ganzheitlich über das SAE-Tool bearbeitet werden [2].

Diskussion: Es wurde ein ganzheitliches Konzept entwickelt, dass auch der Tatsache Rechnung trägt, dass im klinischen Alltag oftmals wenig Zeit für die das Management von SAEs vorhanden ist. Das künftige SAE-Tool stellt ein Modul des SMTs dar und erhält Daten-Input aus dem SMT selber und verschiedenen Tools des SMTs, sowie aus dem KIS. Im SAE-Tool laufen alle Informationen zusammen, die für die Einschätzung, Bewertung, Dokumentation, Meldung und Verwaltung von SAEs notwendig sind. Das Konzept für eine medizininformatische IT-Anwendung mit sinnvollen Schnittstellen zur internen Patientendokumentation ermöglicht eine automatische Meldung potenzieller SAEs an die entsprechende Prüfgruppe. Die Dokumentation und Meldung der SAEs wird nach Etablierung des SAE-Tools digital erfolgen. Ermöglicht durch die beschriebenen Schnittstellen, werden alle Informationen, die digital bereits vorliegen, automatisch übernommen. In einem weiteren Schritt könnten diese dann elektronisch signiert und den zuständigen Behörden online übertragen werden [2], [3]. Erwartet wird, dass sich daraus ein geringerer Arbeitsaufwand für die SAE-Bearbeitung für alle Beteiligten ergibt. Insgesamt soll so künftig einerseits die Wahrung der Patientensicherheit, aber auch eine erhöhte Qualität des SAE-Managements gewährleitstet werden können.


Literatur

1.
Deserno T, et al. IT-Unterstützung für translationales Management klinischer Studien auf Basis des Google Web Toolkits. In: Mainz//2011. 56. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 6. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi). Mainz, 26.-29.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11gmds023. DOI: 10.3205/11gmds023 Externer Link
2.
London JW, Smalley KJ, Conner K, Smith JB. The automation of clinical trial serious adverse event reporting workflow. Clin Trials. 2009 Oct;6(5):446-54.
3.
Pecoraro F, Luzi D. Serious adverse event reporting in a medical device information system. Stud Health Technol Inform. 2011;169:834-8.