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GMDS 2015: 60. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

06.09. - 09.09.2015, Krefeld

mHealth Screening von Präeklampsie: Ein molekulares Testverfahren auf dem Smartphone

Meeting Abstract

  • Stephan Jonas - Institut für Medizinische Informatik, RWTH Aachen University, Aachen, Deutschland; Department of Diagnostik Radiology, Yale University, New Haven, CT, USA
  • Thomas Deserno - Institut für Medizinische Informatik, RWTH Aachen University, Aachen, Deutschland
  • Catalin Buhimschi - epartment of Obstetrics & Gynecology, The Ohio State University College of Medicine, Columbus, OH, USA; Center for Perinatal Research, The Research Institute at Nationwide Children’s Hospital, Columbus, OH, USA
  • Jennifer Makin - Department of Obstetrics & Gynecology, University of Pretoria, Pretoria, South Africa
  • Michael Choma - Department of Diagnostik Radiology, Yale University, New Haven, CT, USA; Department of Biomedical Engineering, Yale University, New Haven, CT, USA; Department of Pediatrics, Yale University, New Haven, CT, USA
  • Irina Buhimschi - Department of Obstetrics & Gynecology, The Ohio State University College of Medicine, Columbus, OH, USA; Center for Perinatal Research, The Research Institute at Nationwide Children’s Hospital, Columbus, OH, USA; Department of Pediatrics, The Ohio State University College of Medicine, Columbus, OH, USA

GMDS 2015. 60. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Krefeld, 06.-09.09.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocAbstr. 229

doi: 10.3205/15gmds037, urn:nbn:de:0183-15gmds0371

Veröffentlicht: 27. August 2015

© 2015 Jonas et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Präeklampsie, oder auch späte Schwangerschaftsintoxikation, hat bei verzögerter Diagnose eine hohe Mortalitätsrate [1]. Dies stellt insbesondere für Regionen mit niedrigem medizinischem Versorgungsstand und Entwicklungsländer ein Problem dar. Die traditionelle Diagnostik ist symptomgestützt und umfasst die Indikatoren Hypertonie, Proteinuria und Ödembildung. In 2014 wurde ein molekularer Test vorgestellt, der die Menge an missgefalteten Proteinen im Blut feststellt, ein spezifischer Indikator für Präeklampsie [2]. In dem vorgestellten Verfahren wird das missgefaltete Protein im Urin mit Congo-Red gefärbt und an ein Zelluloseblatt gebunden. Durch ein Waschverfahren wird ungebundene Farbe entfernt und die Rate an verbleibendem Protein anhand der Färbung berechnet. Die bisherige Berechnung erfolgt mit ImageJ, benötigt einen Experten und ist sehr zeitaufwändig. Um das Verfahren zu vereinfachen und für einen Einsatz in Entwicklungsländern zu optimieren wurde daher eine mHealth Smartphone-Applikation entwickelt, welche die Auswertung automatisiert und von Laien bedienbar ist [3].

Material und Methoden: Die entwickelte Applikation wurde auf 328 Urinproben gegen die manuelle Auswertungsmethode als Goldstandard getestet. Die Urinproben stammen von 273 Frauen und beinhalten 55 Folgeproben.

Um ein robustes Verfahren zur Berechnung der Proteinmenge zu erhalten, wurde in einem ersten Schritt der gesamte Messablauf standardisiert. Insbesondere wurde ein Template erstellt, das definiert, wie die Urinproben auf ein Zelluloseblatt aufgetragen werden. Das Template hat 41 Positionen für Patientenproben, sowie einen Blank Sample Check und ist in der Labordiagnostik einzusetzen. Das Template schreibt einen Formfaktor und eine Markierung an drei Ecken vor, vergleichbar zu einem QR-Code. Von jeder Probe werden zwei Tropfen an spezifische Positionen aufgetragen. Von dem Blatt wird je ein “vorher”-Foto vor dem Waschverfahren, sowie ein “nachher”-Foto mit dem Smartphone gemacht. Die Bildverarbeitungskette zur Extraktion der Urinproben und Berechnung der Congo-Red-Ratio (CRR) besteht aus 6 Schritten: (i) Detektion des Blattes auf den Fotos mittels Hough-Line-Transform; (ii) Extraktion und Warping des Blattes anhand der Paßmarken; (iii) Extraktion der Felder für Patientenproben anhand des Templates; (iv) Bestimmung der genauen Position der Urintropfen innerhalb der Felder (nur auf dem “vorher”-Bild) mittels Hough Circle Transform; (v) Berechnung der mittleren Intensität der Rotfärbung der Urintropfen; und (vi) Berechnung der Rate des “nachher”-Fotos zum “vorher”-Fotos für jeden Patienten. Mittels Testdurchläufen von nicht angeleitetem Personal wurden 5 Fehlerquellen aufgedeckt (falsche Perspektive, unvollständige Aufnahme, falsche Illumination, Reflektionen, Unschärfe) und die Applikation wurde um entsprechende Fehlererkennung erweitert. Die Applikation wurde für das iPhone 4 entwickelt, wobei insbesondere auf einfache Handhabung und limitierte Ressourcennutzung wert gelegt wurde.

Ergebnisse: Die App ist lediglich 9 MB groß, so dass eine Übertragung auch bei limitierter Bandbreite möglich ist. Die Applikation ist auf keine externen Sensoren oder eine Internetverbindung angewiesen und benötigt lediglich Kamerazugriff. Die Rechenzeit ist ca. 2 Minuten pro Blatt bzw. 3 s pro Patient. Der Hauptteil hiervon entfällt auf die Hough Circle Transform, die während des Waschvorgangs durchgeführt wird.

Die Äquivalenz zwischen dem manuellen Test und der vorgestellten Applikation wurde durch Lin’s Concordance Coefficient (p_c) von 0.968, 95% CI (0.961-0.974) als “substantiell” quantifiziert und basiert auf dem Pearson’s precision coefficient p = 0.973.

Diskussion: Durch die Kombination einer mobilen Applikation und eines molekularen Testverfahrens konnte eine mHealth Lösung geschaffen werden, die nicht-trainiertem Personal ein robustes und kostengünstiges Werkzeug zum Screening von bis zu 41 Patienten gleichzeitig erlaubt. Das Smartphone-basierte Verfahren ist äquivalent zum manuellen Verfahren und eignet sich, Versorgungslücken in ländlichen Regionen und Ländern mit niedriger medizinischer Versorgungsdichte zu schließen. Zukünftige Arbeiten müssen evaluieren, ob die Verbesserung in der Diagnostik auch eine Verbesserung der Behandlung, im Fall von Präeklampsie der Einleitung einer Frühgeburt, bedeutet.


Literatur

1.
MacKay AP, Berg CJ, Atrash HK. Pregnancy-related mortality from preeclampsia and eclampsia. Obstet Gynecol. 2001;97(4):533-8.
2.
Buhimschi IA, Nazeri UA, Zhao G, et al. Protein misfolding, congophilia, oligomerization and defective amyloid processing in preeclampsia. Sci Transl Med. 2014;6(25):245ra92.
3.
Jonas SM, Deserno TM, Buhimschi SC, Makin J, Choma MA, Buhimschi IA. Smartphone-based diagnostic of preeclampsio: an mHealth solution for the Congo Red Dot (CRD) test in limited-resource settings. JAMIA. 2015;forthcoming.