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GMDS 2015: 60. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

06.09. - 09.09.2015, Krefeld

Wöchentliche Infektionsberichte in Nordrhein-Westfalen

Meeting Abstract

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  • Martin Rohde - OFFIS - Institut für Informatik, Oldenburg, Deutschland
  • Stefan Gudenkauf - OFFIS - Institut für Informatik, Oldenburg, Deutschland
  • Inga Freudenau - Landeszentrum Gesundheit NRW, Münster, Deutschland
  • Annette Jurke - Landeszentrum Gesundheit NRW, Münster, Deutschland

GMDS 2015. 60. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Krefeld, 06.-09.09.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocAbstr. 199

doi: 10.3205/15gmds028, urn:nbn:de:0183-15gmds0288

Veröffentlicht: 27. August 2015

© 2015 Rohde et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Einleitung: Eine zentrale Aufgabe der „Landesmeldestelle Infektionsschutz NRW“ innerhalb des Landeszentrums Gesundheit (LZG.NRW) ist die zeitnahe und räumliche Erfassung und Veröffentlichung des Infektionsgeschehens in Nordrhein-Westfalen. Gesetzliche Grundlage ist das Infektionsschutzgesetz (IfSG). Die wöchentlichen Infektionsberichte für NRW basieren auf den Einzelfallmeldungen nach §§ 6-9 des IfSG, die aus den 53 Kreisen und kreisfreien Städten des Landes an die zentrale Surveillancestelle am LZG.NRW übermittelt werden. Mithilfe eines internetbasierten wöchentlichen Infektionsberichts werden Informationen zu meldepflichtigen Infektionskrankheiten in anonymisierter Form und datenschutzkonform der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Die Meldezahlen spiegeln jeweils den aktuellen Stand wieder, sie können aber durch nachträglich erfolgte Übermittlungen, Korrekturen und Löschungen noch geändert werden. Offizielle Meldezahlen können dem Epidemiologischen Bulletin des Robert Koch-Instituts oder Infektionsjahresberichten des LZG.NRW entnommen werden.

Der Standardbericht gibt einen detaillierten Einblick in die Infektionsdaten der zurückliegenden 52 Kalenderwochen und einen Überblick über die vergangenen 10 Jahre. Somit haben sowohl Pressevertreter als auch Wissenschaftler und andere interessierte Bürger die Möglichkeit, sich zeitnah über das aktuelle Infektionsgeschehen zu informieren.

Material und Methoden: Für die in Routineprozessen erhobenen meldepflichtigen Infektionskrankheiten wird immer wieder geprüft, welche Methoden angewandt werden können und in welcher Form die Informationen in einem Standardbericht visualisiert werden können. Die Methoden für die derzeit dargestellten 51 Infektionskrankheiten basieren auf den im LZG.NRW etablierten Richtlinien zur Infektionskrankheiten-Surveillance: (Automatisiertes Infektionskrankheiten Meldesystem, [1]). Im Jahr 2014 ist der Standardbericht grundlegend überarbeitet worden: Gemeldete Fälle werden pro Woche regional differenziert ausgewiesen und zu kumulierten Jahreswerten und vergleichenden Vorjahreswerten aggregiert. Zusätzlich werden, ebenfalls regional differenziert, Vierwochen-Inzidenzraten und prozentuale Anteile berechnet. Alle Daten sind nicht nur für die aktuelle Kalenderwoche, sondern für die letzten 52 Kalenderwochen abrufbar. Darüber hinaus können zwei unterschiedliche Datenstände abgefragt werden: Zum einen die ungefilterten „Rohdaten“, die nicht differenzieren, ob die in den vom Robert Koch-Institut veröffentlichten Falldefinitionen geforderten Kriterien für das klinische Bild (Symptome, klinische Zeichen und anamnestische Angaben) und für den labordiagnostischen Nachweis (Material und Methoden) erfüllt sind oder nicht. Zum anderen die nach Maßgabe einer sogenannten Referenzdefinition gefilterten Fälle, die aufgrund eines automatisch abgelaufenen Algorithmus, der aus den übermittelten Einzelmerkmalen eine Bewertung vornimmt, als publizierbare Fälle „anerkannt“ worden sind. Für die meisten meldepflichtigen Erreger und Krankheiten umfasst die Referenzdefinition klinisch und labordiagnostisch bestätigte (gesicherte) Fälle.

Z-Werte repräsentieren die Größe der Abweichungen von den Erwartungswerten. Für 21 ausgewählte Infektionskrankheiten werden in einem sogenannten „Barometer“ die Abweichungen aller in den letzten 2 oder 4 Wochen (je nach Krankheit) eingegangenen Meldungen von einem Erwartungswert visualisiert. Dieser Erwartungswert berechnet sich anhand von 15 Vier-Wochen-Perioden aus den letzten 5 Jahren. Der "Grenzwert" von 1,65 entspricht der zweifachen Standardabweichung. Werte, die diese Grenze überschreiten, deuten auf eine Abweichung, die möglicherweise nicht allein auf den Zufall zurückzuführen ist. In Choroplethenkarten werden die regionalen Vierwochen-Inzidenzraten dargestellt, während die Anzahl der Meldungen für die Vierwochen-Zeiträume in Punktkarten mit zufällig verteilten Punkten innerhalb der Landkreise und kreisfreien Städte visualisiert werden. Zur Trendanalyse werden Zeitreihendiagramme dargestellt: Einerseits über die letzten 52 Wochen, andererseits über die Quartale der letzten 10 Jahre, um auch langfristige Trends erkennen zu können. Für einzelne Krankheiten werden zusätzlich die Fallzahlen für Subtypen bzw. Erreger ausgewiesen.

Ergebnisse: In seiner aktuellen Form wurde der wöchentliche Infektionsbericht auf Basis moderner Internettechnologien (HTML5, CSS, JavaScript, SVG, D3, Bootstrap, [2]) entwickelt. Alle Diagramme, Karten und Tabellen werden als Vektorgrafiken generiert und dargestellt, um die Skalierbarkeit auf unterschiedliche Bildschirmgrößen (Responsives Design, [3]) und die Zukunftssicherheit der Lösung zu gewährleisten. Die einzelnen Komponenten sind zudem untereinander gekoppelt, um eine interaktive explorative Analyse zu ermöglichen und einer breiten Nutzergruppe zugänglich zu machen (Dashboard, [4]).

Zur Darstellung des 52-Wochen-Zeitverlaufs der Meldungen wird ein kombiniertes Balken-, Linien- und Flächendiagramm verwendet, dass folgende Werte darstellt: (1) Meldezahlen der letzten 52 Wochen als Balken, (2) der Median historischer Vergleichswochen als Linie und (3) Minimum und Maximum historischer Vergleichswochen als Begrenzungen der flächenhaften Darstellung.

Diskussion: Die Datengrundlage bildet ein Data-Warehouse-System, in das täglich die für die Surveillance und die Berichterstellung relevanten Daten aus dem Basissystem SurvNet integriert werden [5]. Innerhalb des Data-Warehouse-Systems sind alle infektionsepidemiologischen Kennzahlen realisiert worden. Technologisch wird eine Microsoft SQL-Server-Infrastruktur verwendet, insbesondere ist die multidimensionale Datenbereitstellung über Microsoft Analysis Services realisiert worden. Für den Standardbericht werden die relevanten Daten aus dem Data-Warehouse-System abgefragt und jeweils in adäquaten .csv-Dateien auf dem Webserver gespeichert. Innerhalb des wöchentlichen Infektionsberichts erfolgt der Zugriff auf die serverseitigen Dateien über JQuery bzw. Asynchronous JavaScript and XML (AJAX). Durch diese Technologiewahl wird insbesondere keine zusätzliche serverseitige Softwareinfrastruktur benötigt. Entsprechend konnte die Anwendung nahtlos in den LZG-Webauftritt integriert werden.


Literatur

1.
Rissland J, van Treeck U, Taeger D, Baumeister HG. Infektionssurveillance in NRW - Standardberichte, Barometer und Frühwarnsystem. Das Gesundheitswesen. 2003; 65(12): 719-723
2.
Murray S. Interactive Data Visualization for the Web. O'Reilly; 2013.
3.
Marcotte E. Responsive Web Design. A List Apart. Mai 25, 2010. URL: http://alistapart.com/article/responsiveweb-design Externer Link
4.
Few S. Information Dashboard Design – The Effective Visual Communication of Data. O'Reilly; 2006.
5.
Ritter S. SurvNet@RKI3.0 – Das Meldesystem zum IfSG. RKI-Hausdruckerei; September 27, 2013.