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GMDS 2013: 58. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

01. - 05.09.2013, Lübeck

Untersuchungen zur Auswirkung erhöhter Expositionen gegenüber perfluorierten Verbindungen im Trinkwasser auf die menschliche Gesundheit - eine räumliche Analyse geburtshilflicher Daten in NRW

Meeting Abstract

  • Nils Goeken - Ruhr-Universität Bochum, Bochum, DE
  • Katja Ickstadt - Technische Universität Dortmund, Dortmund, DE
  • Martin Schäfer - Technische Universität Dortmund, Dortmund, DE
  • Hans-Joachim Bücker-Nott - Ärztekammer Westfalen-Lippe, Münster, DE
  • Michael Wilhelm - Ruhr-Universität Bochum, Bochum, DE
  • Jürgen Hölzer - Ruhr-Universität Bochum, Bochum, DE

GMDS 2013. 58. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Lübeck, 01.-05.09.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocAbstr.205

doi: 10.3205/13gmds222, urn:nbn:de:0183-13gmds2228

Veröffentlicht: 27. August 2013

© 2013 Goeken et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Aus Tierversuchen sind reproduktions- und entwicklungstoxische Wirkungen perfluorierter Verbindungen bekannt. Die Ergebnisse der wenigen humanepidemiologischen Studien hingegen sind widersprüchlich. Während einige Autoren negative Assoziationen zwischen den Perfluoroctansäure (PFOA)-Gehalten in mütterlichem Plasma und dem Geburtsgewicht, bzw. zwischen den Perfluoroctansulfonsäure (PFOS)- und PFOA-Gehalten im Nabelschnurblut und Geburtsgewicht berichteten, fanden andere Arbeitsgruppen keinen statistischen Zusammenhang zwischen perfluorierten Verbindungen und perinatalen Messgrößen. In Nordrhein-Westfalen wurde 2006 die Belastung des Trinkwassers mit perfluorierten Verbindungen in verschiedenen Versorgungsgebieten öffentlich bekannt. Ca. 40.000 Einwohner Arnsbergs waren bis 2006 von einer deutlich erhöhten Belastung des Trinkwassers mit PFOA betroffen. Weitere ca. 4 Millionen Bürger beziehen ihr Trinkwasser aus Wasserwerken entlang Möhne und Ruhr und waren darüber ebenfalls, aber in geringerem Ausmaß, gegenüber PFOA exponiert.

Fragestellung: Die Monitoringdaten zur Belastung des Trinkwassers mit perfluorierten Verbindungen in NRW sollen in der vorliegenden Untersuchung systematisch ausgewertet, ergänzt und auf mögliche Assoziationen mit perinatal erhobenen Messgrößen hin untersucht werden.

Methoden: Datengrundlage sind sowohl die Erhebung perinataler Messgrößen der Ärztekammer Westfalen-Lippe, als auch die landesweiten Untersuchungen des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz zu perfluorierten Verbindungen im Trinkwasser. Zur Überprüfung der Fragestellung werden die Trinkwasserkonzentrationen perfluorierter Verbindungen in NRW über die Trinkwasserversorgungsgebiete den Postleitzahlen des Wohnortes der Mütter zugeordnet. Neben multiplen linearen Regressionsmodellen mit individuellen Einflussfaktoren werden statistische Methoden der räumlichen Statistik auf Postleitzahlgebietsebene genutzt. Ansatzpunkt ist hierbei ein Markov Random Field Modell, dessen bedingte Verteilungen eine Nachbarschaftsstruktur definieren. Mit Hilfe von hierarchischen Modellen für Gitterdaten erfolgt eine Glättung innerhalb der Menge benachbarter Postleitzahlen. Die a posteriori Randverteilung wird mit der Integrated Nested Laplace Approximation bestimmt, welche Vorteile in der Rechenzeit gegenüber Markov Chain Monte Carlo Algorithmen besitzt. Eine Korrektur der Gaußapproximation um Lage und Schiefe wird mit Hilfe der vereinfachten Laplace Approximation gewährleistet. Hyperparameter werden über eine Sensitivitätsanalyse kontrolliert. Eine Modellselektion kann über das Devianz Informationskriterium geführt werden, welches Modelle mit unterschiedlichen Kovariablen vergleicht.

Ergebnisse: Insgesamt wurden knapp 34000 Messwerte zu perfluorierten Verbindungen in 260 Wasserversorgungsgebieten im Verlauf der Jahre 2006 und 2012 erfasst. PFOA-Konzentrationen liegen zwischen Konzentrationen kleiner der Bestimmungsgrenze und 640 ng/l, wobei 37% aller Messwerte größer als die Bestimmungsgrenze sind. Die Anzahl der mit PFOA und PFOS belasteten Versorgungsgebieten ist zwischen den Jahren 2006 und 2010 gesunken. Bei etwa 300000 Neugeborenen konnten perinatale Messgrößen mit Expositionsdaten (Trinkwasserbelastung) verknüpft werden. Das Geburtsgewicht auf Postleitzahlgebietsebene aggregiert rangiert im Median zwischen 3330g (2006) und 3318g (2010). Innerhalb der Quartile der Geburtsgewichte ist ein Abfall der mittleren Belastung mit PFOA und PFOS im Trinkwasser zu erkennen. 2006 liegt die mittlere Belastung im ersten Quartil bei 126 ng/l, im 4.Quartil bei 49 ng/l. Es wird über den Untersuchungsansatz, die Methodik und die ersten Ergebnisse der Analysen zu möglichen Assoziationen zwischen der Trinkwasserbelastung mit perfluorierten Verbindungen und perinatal erhobenen Messgrößen berichtet werden.

Diskussion: Obwohl räumliche Modelle anscheinend besser geeignet sind, um eine Assoziation von perfluorierten Verbindungen auf perinatale Messgrößen zu überprüfen, können Markov Random Field Modelle Kovariablen lediglich auf aggregierter Basis einfließen lassen. Multiple lineare Modelle betrachten individuelle Größen, ignorieren jedoch räumliche Effekte. Unter Umständen kann eine semiparametrische Regression diese Einschränkung kompensieren.