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GMDS 2013: 58. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

01. - 05.09.2013, Lübeck

Softwarebasierte Datenextraktion aus OCT-Verlaufsbefunden bei altersbedingter Makuladegeneration

Meeting Abstract

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  • Clemens Jürgens - Universitätsmedizin Greifswald, Greifswald, DE
  • Rico Großjohann - Universitätsmedizin Greifswald, Greifswald, DE
  • Frank Tost - Universitätsmedizin Greifswald, Greifswald, DE

GMDS 2013. 58. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Lübeck, 01.-05.09.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocAbstr.103

doi: 10.3205/13gmds037, urn:nbn:de:0183-13gmds0373

Veröffentlicht: 27. August 2013

© 2013 Jürgens et al.
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Gliederung

Text

Einleitung und Fragestellung: Die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) ist weltweit die dritthäufigste Ursache für eine Einschränkung des Sehvermögens [1]. In Industrienationen stellt die AMD den Hauptgrund für eine Erblindung bei Menschen über 50 Jahren dar. Zur medikamentösen Therapie der exsudativen Form der AMD müssen wiederholt Substanzen zur Hemmung der Gefäßneubildung in den Glaskörper des betroffenen Auges injiziert werden (Anti-VEGF-Therapie). Gemeinsame Empfehlungen zur Dokumentation des Therapieverlaufs und der Indikation zur Wiederbehandlung wurden im Dezember 2012 von der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft, der Retinologischen Gesellschaft und dem Berufsverband der Augenärzte Deutschlands publiziert [2]. Diese enthalten nun die regelmäßige Beurteilung morphologischer Veränderungen am Augenhintergrund durch medizinische Bildgebung mittels Optischer Koheränztomographie (OCT) [3], [4], [5]. Allerdings bietet bisher keines der verfügbaren OCT-Geräte softwareseitige Verlaufsanalysen, die diese Anforderungen erfüllen können. Ein Datenexport ist nur über eine PDF-Erzeugung der entsprechenden Reports möglich. Um automatisiert auf die OCT-Befunde von AMD-Patienten zugreifen zu können, musste demnach eine Software zur Extraktion von Untersuchungsdaten aus exportierten PDF-Reports entwickelt werden.

Material und Methoden: Zur Extraktion von Patientenstammdaten und Untersuchungsparametern aus exportierten PDF-Reports von AMD-Patienten wurde ein JAVA-basiertes Softwareprogramm entwickelt. Da für jede Untersuchung ein neues PDF-Dokument exportiert wurde, lagen folglich für jeden Patienten mehrere Dateien vor. Diese wurden den jeweiligen Patienten über eine geräteseitig vergebene Untersuchungs-ID eindeutig zugeordnet. Die zu extrahierenden Daten waren sowohl in komprimierten Textbausteinen als auch in JPG-komprimierten Grafikinformationen in den jeweiligen PDF-Dokumenten enthalten, sodass für beide Formate angepasste Extraktionsmethoden implementiert wurden. In den Grafikinformationen waren zusätzlich Untersuchungsparameter (Netzhautdicken in µm) enthalten, die als Zahlenwerte extrahiert werden mussten. Hierzu wurde eine einfache Methode zur Texterkennung, mit einer Schwellwertumwandlung und anschließendem bitweisen Vergleich mit vorgegebenen Bitmustern für die Zahlenwerte von 0-9, realisiert.

Ergebnisse: In eine retrospektive Analyse von 120 AMD-Patienten konnten insgesamt 648 PDF-Dokumente mit OCT-Befunden eingeschlossen werden. Durch den Einsatz der eigenen Softwareentwicklung konnten alle für die Beurteilung des Krankheitsverlaufs notwendigen Daten automatisiert exportiert werden. Die Zuordnung der Dokumente zu den entsprechenden Patienten erfolgte hierbei fehlerfrei. Durch die Texterkennung konnten die individuellen Netzhautdicken als Zahlenwerte exportiert werden. In zwei Fällen wurde je eine Zahl nicht erkannt, weil der zulässige Wertebereich für die Netzhautdicke überschritten wurde. Hierdurch ergaben sich jeweils vierstellige Werte, während die Texterkennung nur dreistellige vorgesehen hatte.

Diskussion: Medizinische Analyse-Software wird von unterschiedlichen Herstellern selten anwendernah erstellt und eröffnet kaum sämtliche gerätetechnischen Potentiale. Das häufige Fehlen von geräteseitigen Schnittstellen zum standardisierten Datenexport erschwert zusätzlich den Zugriff und die Verfügbarkeit therapierelevanter Parameter sowohl für die Krankenversorgung als auch für die wissenschaftliche Evaluierung. Eine Datenübernahme von Hand ist zwar prinzipiell möglich, allerdings spricht der hohe Zeitaufwand gegen eine praktikable Nutzung. Darüber hinaus wird die Patientensicherheit durch die Anfälligkeit für Übertragungsfehler gefährdet. Diese Problematik kann mit individuellen Softwareentwicklungen effektiv gelöst werden, wie das hier vorgestellte klinische Beispiel belegt. Nachteilig bleiben jedoch der hohe Entwicklungsaufwand solcher Softwarelösungen und die auf spezielle Problemstellungen eingeschränkte Verwendungsmöglichkeit. Letztlich müssen im Einzelfall Aufwand (Datenexport, Systemspezifikation, Programmierung und Softwarewartung) und Nutzen (Patientensicherheit, Datenintegrität, Verfügbarkeit und Zeiteffizienz) gegeneinander abgewogen werden.

Mit freundlicher Unterstützung der Novartis Pharma GmbH, Nürnberg.


Literatur

1.
World Health Organization. Global data on visual impairments 2010. Available from: http://www.who.int/blindness/GLOBALDATAFINALforweb.pdf. Externer Link
2.
Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft, Retinologische Gesellschaft, Berufsverband der Augenärzte Deutschlands. Die Anti-VEGF-Therapie bei der neovaskulären altersabhängigen Makuladegeneration: Therapeutische Strategien. Dec. 2012. Available from: http://www.dog.org/wp-content/uploads/2013/04/Stellungnahme-Anti-VEGF-Therapie-bei-der-neovaskul%C3%A4ren-Therapeutische-Strategie-Dez-2012-final_neues-Logo.pdf Externer Link
3.
Hoerster R, Muether PS, Hermann MM, Koch K, Kirchhof B, Fauser S. Subjective and functional deterioration in recurrences of neovascular AMD are often preceded by morphologic changes in optic coherence tomography. Br J Ophthalmol. 2011;95:1424-6.
4.
Cukras C, Wang YD, Meyerle CB, Forooghian F, Chew EY, Wong WT. Optical coherence tomography-based decision making in exudative age-related macular degeneration: comparison of time- vs spectral-domain devices. Eye. 2010;24:775-83.
5.
Fung AE, Lalwani GA, Rosenfeld PJ, et al. An optical coherence tomography-guided, variable dosing regimen with intravitreal ranibizumab (Lucentis) for neovascular age-related macular degeneration. Am J Ophthalmol. 2007;143:566-83.