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GMDS 2012: 57. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

16. - 20.09.2012, Braunschweig

Einfluss der Kalorien- und Eiweißzufuhr auf die Gewichtszunahme bei hypotrophen Früh- und Neugeborenen

Meeting Abstract

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  • Tobias Krickau - Otto-von-Guericke Universität, Kinderklinik, Magdeburg, Deutschland
  • Klaus Mohnike - Otto-von-Guericke Universität, Kinderklinik, Magdeburg, Deutschland
  • Susann Empting - Otto-von-Guericke Universität, Kinderklinik, Magdeburg, Deutschland
  • Friedrich-Wilhelm Röhl - Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Medizinische Fakultät, Magdeburg, Deutschland

GMDS 2012. 57. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Braunschweig, 16.-20.09.2012. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2012. Doc12gmds152

doi: 10.3205/12gmds152, urn:nbn:de:0183-12gmds1525

Veröffentlicht: 13. September 2012

© 2012 Krickau et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: An einer Kohorte von 179 hypotrophen Früh- und Neugeborenen, die in den 70er Jahren in der Medizinischen Akademie Magdeburg betreut wurden, wird die Frage untersucht, wie die Gewichtentwicklung in den ersten 2 Lebensmonaten von der Kalorien- und Eiweißzufuhr beeinflusst wird. Dabei sollte geklärt werden, welchen Einfluss Normalernährung bzw. Nahrung mit hoher Nährwertdichte auf die Gewichtsentwicklung und die damit verbundene stationäre Aufenthaltsdauer haben.

Material und Methoden: Das Gestationsalter der Kinder mit vorgeburtlicher Wachstums-verzögerung reichte von der 30. bis zur 42. SSW. Während des stationären Aufenthaltes erfolgte eine tägliche Gewichtsdokumentation und Dokumentation aller verabreichten Nahrungsmengen bis zur Entlassung bzw. bis zum 60. Tag des stationären Aufenthaltes. Die täglich verabreichten Nahrungsbestandteile wurden in Kalorienmenge und Eiweißzufuhr umgerechnet. Um den Zeitverlauf zu berücksichtigen, wurden für jedes Kind für das Wachstum, die Kalorien- und Eiweißzufuhr stückweise Regressionsgeraden berechnet. Gruppenvergleiche berücksichtigen das Geschlecht, das Gestationsalter und das Geburtsgewicht. Neben univariaten Methoden der Zusammenhangsanalyse kamen die kanonische Korrelationsanalyse und die multiple Regression zur Anwendung.

Ergebnisse: Die Neugeborenen durchschritten ihren Gewichtsnadir zwischen dem ersten Tag und dem 16. Lebenstag. Danach erfolgte eine mittlere tägliche Gewichtszunahme von 23,7±4,9 g. Die Gewichtszunahme und damit auch der Entlassungstag hängen vom Geburtsgewicht, der Geburtswoche und vom Geschlecht ab. Das Überschreiten des Geburtsgewichts nach dem physiologischen Gewichtsverlust erfolgte bei der Mehrheit (n=74) zwischen dem 6. bis 12. Tag. Je niedriger das Geburtsgewicht lag, desto länger wurden die Neugeborenen stationär überwacht (r=-0,65). Im Unterschied zu heute geltenden Vorschriften konnte auf Frauenmilch von Spenderinnen zurückgegriffen werden. Frauenmilch wurde umso kürzer angeboten, je höher das Geburtsgewicht lag (r=-0,77). Sowohl die univariaten als auch die multivariaten Untersuchungen erbrachten nur moderate Zusammenhänge zwischen Gewichtsentwicklung und Nahrungsaufnahme. Die multiple Regression lieferte nur für die frühpostnatale Eiweißaufnahme einen nachweisbaren Einfluss auf die Gewichtsentwicklung.

Diskussion: Die Daten unserer Kohorte basieren auf einer tägliche Gewichts- und Nahrungsdokumentation in allen ihren Bestandteilen über 60 stationäre Aufenthaltstage. Im Konsens mit anderen Studien fanden wir nach dem physiologischen Gewichtsabfall für die ersten zwei Lebensmonate einen nahezu linearen Gewichtsverlauf [1]. Bei der Nahrungsgabe konnte sowohl eine zeitweise Hypo- als auch Hyperalimentation verzeichnet werden. Die täglich zugeführte Nahrungsmenge entsprach nach einer Auftaktphase mit etwa 1/6 des Körpergewichts dem auch heute geltenden Richtwert. Zum Entlassungstag war die Nahrungsmenge auf die Ernährung normotropher Kindern mit der verfügbaren Industrienahrung eingestellt. Unter Berücksichtigung des kompletten Untersuchungszeitraumes von 2 Monaten ist eine normokalorische Ernährung zu konstatieren, welche im Bereich der Empfehlungen der ESPGHAN mit aktuell 110–135 kcal/kg KG*d liegt [2]. Während anfangs die Eiweißmenge der entscheidende Faktor zu sein scheint, ist es in der weiteren Gewichtsentwicklung eine Kombination der Energieäquivalente.

Schlussfolgerung: Dass die Zusammenhänge zwischen Nahrungsaufnahme und Gewichts-entwicklung weniger deutlich ausfallen als zu erwarten war, hängt sicher damit zusammen, dass wir den vollständigen Datensatz eines Zeitraumes analysiert haben. Die Daten spiegeln eine sehr individuell gestaltete Betreuungssituation wieder. Das Ernährungsregime wird hier durch weitere nicht berücksichtigte Faktoren mitbestimmt. Die Ergebnisse dieser Studie können aber als Ausgangspunkt genutzt werden, um die perinatale Programmierung mit der möglichen Entwicklung eines metabolischen Syndroms näher zu beleuchten [3].


Literatur

1.
Wright CM, Parkinson KN. Postnatal weight loss in term infants: what is normal and do growth charts allow for it? Arch Dis Child Fetal Neonatal Ed. 2004;89(3):F254-7.
2.
Agostoni C, Buonocore G, Carnielli VP, De Curtis M, Darmaun D, Decsi T, Domellöf M, Embleton ND, Fusch C, Genzel-Boroviczeny O, Goulet O, Kalhan SC, Kolacek S, Koletzko B, Lapillonne A, Mihatsch W, Moreno L, Neu J, Poindexter B, Puntis J, Putet G, Rigo J, Riskin A, Salle B, Sauer P, Shamir R, Szajewska H, Thureen P, Turck D, van Goudoever JB, Ziegler EE; ESPGHAN Committee on Nutrition; Hepatology and Nutrition Committee on Nutrition. Enteral nutrient supply for preterm infants: commentary from the European Society of Paediatric Gastroenterology. J Pediatr Gastroenterol Nutr. 2010;50(1):85-91.
3.
Plagemann A. Perinatale “Programmierung” und Stoffwechselerkrankungen im späteren Leben. In: Mohnike K, editor. Intrauterine Wachstumsretardierung, Diagnostik, Therapie und Verlauf. 1. Aufl. Bremen: UNI-MED; 2004. pp. 15-9.