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GMDS 2012: 57. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

16. - 20.09.2012, Braunschweig

Konzeptionelle Modellierung komplexer Simulationen im Gesundheitswesen am Beispiel von Prospective Health Technology Assessment

Meeting Abstract

  • Marion Gantner-Bär - Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Deutschland
  • Ines Leb - Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Deutschland
  • Hans-Ulrich Prokosch - Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Deutschland
  • Martin Sedlmayr - Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Deutschland

GMDS 2012. 57. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Braunschweig, 16.-20.09.2012. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2012. Doc12gmds058

doi: 10.3205/12gmds058, urn:nbn:de:0183-12gmds0581

Veröffentlicht: 13. September 2012

© 2012 Gantner-Bär et al.
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Gliederung

Text

Simulationen benötigen neben quantifizierbaren Daten eine valide und zweckmäßige Informationsgrundlage um zuverlässige und realistische Ergebnisse liefern zu können. Für eine verständliche und wirklichkeitsnahe Darstellung der Realität bieten sich sogenannte konzeptionelle Modelle als Basis für Simulationsmodelle an. Aufbauend auf dem grundlegenden Plan eines Vorhabens (Konzept), umfasst die Konzeption detaillierte und umfassende Informationen zur Umsetzung und Realisierung. Konzeptionelle Modellierung liefert sowohl grafisch als auch textuell eine abstrakte Darstellung der Realität [1]. Grundsätzlich beinhalten Modelle ein gewisses Maß an Reduktion, Modularisierung und Abstraktion, um so viele Informationen wie nötig und so wenige wie möglich abzubilden. Dadurch wird gewährleistet, dass auch komplexe Sachverhalte verständlich und realistisch dargestellt werden.

Im Gesundheitswesen finden sich heute überwiegend computergestützte Modellierungsverfahren, bei denen selten bis gar nicht zwischen konzeptioneller Modellierung und Simulationsmodellierung unterschieden wird [2], [3]. Konzeptionelle Modellierung als Grundlage für Simulationsverfahren entwickelte sich vor allem in den letzten Jahren als eigenständiges Forschungsgebiet [1], [4], [5], [6].

Das Forschungsprojekt Prospective Health Technology Assessment (ProHTA) [7] entwickelt ein innovatives Verfahren zur prospektiven Technologiefolgenabschätzung im deutschen Gesundheitswesen durch Simulationen. Dadurch sollen Fragestellungen hinsichtlich der Auswirkungen von Innovationen auf das Gesundheitssystem und die Gesundheitsversorgung ebenso bewertet werden können, wie Aussagen zu Neuerungen, die für gewünschte Veränderungen innerhalb der Versorgung bzw. des Systems benötigt werden. Solche ausführbaren Simulationen erfordern ein korrektes und valides Modell des Gesundheitssystems und der Gesundheitsversorgung als Informationsgrundlage.

Das Projekt benötigte zunächst einen Überblick über System und Versorgung in Deutschland um dieses Wissen für eine Implementierung und Datenverarbeitung aufzubereiten. Dafür entwickelte das Projektteam einen Conceptual Modeling Process (CMP) welcher zwei unterschiedliche Bereiche vereint: die reale Welt und die abstrakte Modell-Welt. In der Realität werden Informationen gesammelt, aufbereitet und weiterverarbeitet; daraus entsteht ein Conceptual Domain Model (CDM). Durch die Anwendung von Modellierungsstandards (Formalisierung) entwickelt sich das Formal Conceptual Model (FCM), welches Bestandteil der abstrakten Modell-Welt ist. Dieses FCM dient dem Experten als Ausgangsbasis und Informationsgrundlage für das Simulationsmodell und die ablauffähige Simulation.

ProHTA verfolgt einen modularen Ansatz um ein generisches, wiederverwendbares Modell zu erhalten welches die Komplexität des Gesundheitswesens realitätsgetreu und verständlich abbildet. Es beinhaltet Komponenten für Demographie, Epidemiologie, Gesundheitsversorgung und -finanzierung, welche teilweise hinsichtlich spezifischer Krankheitsbilder und Behandlungsmethoden noch weiter verfeinert wurden. Ergänzend werden auch Aspekte wie Politik, Ökonomie, Risiken, Infrastruktur, Ressourcen und Technologie mitberücksichtigt.

Der CMP wurde am Beispiel der Akutbehandlung ischämischer Schlaganfallpatienten in Deutschland entwickelt. Darauf aufbauend wird eine erste Simulation zur gesundheitsökonomischen Bewertung mobiler Stroke Units implementiert. Durch Simulationen soll geklärt werden, welchen Einfluss die Einführung einer Bildgebung im Rettungswagen auf die Gesundheitsversorgung (Diagnostik, Therapie und Outcome) und das Gesundheitssystem (Kosten) hat. Gegenwärtig wird die entwickelte Methodik des CMP durch ein weiteres Beispiel, die personalisierte Medizin bei Prostatakarzinom, überprüft und validiert.

Danksagung: Das Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 01EX1013B gefördert.


Literatur

1.
Robinson S. Conceptual Modeling for simulation part 1: definition and requirements. J Operational Res Soc. 2008;59:278-90.
2.
Bott OJ, et al. Analysis Specification of Telemedical Systems Using Modelling and Simulation – Connecting Medical Informatics and Bio-Informatics. 2005.
3.
Salzwedel H, et al. Standardized Modeling and Simulation of Hospital Processes. In: International Conference on Health Sciences Simulation. 2007.
4.
Brooks RJ. Conceptual Modeling: framework, principles and future research – Working Paper. Lancaster University Management School, UK; 2007.
5.
Kotiadis K, Robinson S. Conceptual Modeling: knowledge acquisition and model abstraction. In: Proceedings of the 2008 Winter Simulation Conference. 2008.
6.
Tako AA, et al. A participative modeling framework for developing conceptual models in healthcare simulation studies. In: Proceedings of the 2010 Winter Simulation Conference. 2010.
7.
Medical Valley ProHTA [Internet]. Available from: http://www.prohta.de [cited 24.04.2012] Externer Link