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Pilotstudie zur Methodik und Machbarkeit eines Abgleichs der Daten der Epidemiologischen Krebsregister in Deutschland auf Mehrfachübermittlungen
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Veröffentlicht: | 20. September 2011 |
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Hintergrund: Das Bundeskrebsregisterdatengesetz sieht künftig einen regelmäßigen länderübergreifenden Datenabgleich zur Identifizierung von Mehrfachübermittlungen desselben Erkrankungsfalls aus verschiedenen Landeskrebsregistern auf der Basis von Kontrollnummern vor. Bisher war unklar, in welchem Ausmaß bei der Zusammenführung der Daten aus den epidemiologischen Landeskrebsregistern im Zentrum für Krebsregisterdaten (ZfKD, früher: Dachdokumentation Krebs) am Robert Koch-Institut derartige Mehrfachübermittlungen anfallen und zu einer Überschätzung der Inzidenzraten führen. Zu erwarten wären Mehrfachübermittlungen in erster Linie bei Umzügen von Personen mit einer Krebserkrankung in die Bezugsregion eines anderen Krebsregisters, bei Vorhandensein mehrerer Wohnsitze für einen Patienten oder bei unrichtigen Angaben zum Wohnort durch einen Melder.
In einem vom Bundesgesundheitsministerium finanzierten Pilotprojekt wurde deshalb in Kooperation vom Zentrum für Krebsregisterdaten und acht Epidemiologischen Krebsregistern diese Fragestellung erstmals systematisch untersucht. Das Projekt soll zum einen eine erste Schätzung der Häufigkeit von Mehrfachübermittlungen liefern und zum anderen die Machbarkeit und Effizienz verschiedener Verfahren im Rahmen eines solchen Abgleichs prüfen.
Methoden: Abgeglichen wurden jeweils die Neuerkrankungen aus 2007 mit den Bestandsdaten der übrigen Register ab 1998 bzw. dem Beginn der Registrierung. Bei dem in ‚R’ programmierten probabilistischen Abgleich wurden anhand der als Kontrollnummer pseudonymisierten Angaben zu Namenbestandteilen sowie dem Geburtsdatum und Geschlecht Übereinstimmungsgewichte für alle Paare mit einem Mindestmaß an Übereinstimmungen berechnet. Dieses Verfahren entspricht im Prinzip der Zuordnung von Meldungen zu Personen (Record Linkage) in den epidemiologischen Krebsregistern.
Anschließend wurde für eine Stichprobe von 2500 potentiell übereinstimmenden Personenpaaren anhand zusätzlicher Informationen aus den Registern und nach gemeinsamer Abstimmung zwischen den betroffenen Registern entschieden, ob eine Übereinstimmung der Person und der Diagnose vorlag und welchem Register der Erkrankungsfall ggf. zuzuordnen war. Diese gemeinsame Entscheidung wurde als Goldstandard genutzt und diente als Grundlage für ein logistisches Regressionsmodell zur Schätzung der Übereinstimmungswahrscheinlichkeiten der nicht überprüften Fälle.
Ergebnisse: Der geschätzte Anteil von Mehrfachübermittlungen an den Neuerkrankungen eines Jahres betrug für die teilnehmenden Register zwischen 0,1% und 0,4%. Erwartungsgemäß wurden die meisten Mehrfacherfassungen zwischen benachbarten Registern bzw. Bundesländern identifiziert, in einigen Registern waren mehr als die Hälfte der bestätigten Fälle ursprünglich nur über die Todesbescheinigung gemeldet (DCO-Fälle).
Diskussion: Obwohl der Einfluss von Mehrfachübermittlungen von Erkrankungsfällen auf die Gesamtschätzung der Inzidenz von Krebserkrankungen in Deutschland relativ gering sein dürfte, erscheint eine Korrektur der Mehrzahl dieser Fälle im Sinne einer weiteren Verbesserung der Qualität krebsepidemiologischer Daten machbar.