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Unterschiede im Auftreten von Gestationsdiabetes im Vergleich zwischen türkischstämmigen und deutschen Frauen: Eine Analyse von Abrechnungsdaten der AOK Berlin, 2005–2007
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Veröffentlicht: | 20. September 2011 |
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Hintergrund: Verschiedene Studien berichten über einen deutlichen Zusammenhang zwischen mütterlicher Diabetes während der Schwangerschaft und schlechteren Geburtsoutcomes wie fetalen Makrosomien mit diabetischer Fetopathie, aber auch nachhaltigen Gesundheitsschäden beim Nachwuchs wie erhöhten Risiken für Adipositas im Jugendalter [1]. Die Schwere der gesundheitlichen Folgen von Gestationsdiabetes für den Nachwuchs ist vor allem abhängig von der rechtzeitigen Diagnose und adäquaten Behandlung. Es liegen Hinweise vor, dass Migrantinnen und Migranten häufiger an Diabetes leiden als Deutsche, vor allem in der älteren Generation [2]. Bislang existieren aber nur wenig verlässliche Informationen zu möglichen Unterschieden in der Diabetesprävalenz und zu Versorgungsprozessen zwischen Migranten und Nicht-Migranten. Ziel dieser Studie war es, Unterschiede im Auftreten von Gestationsdiabetes im Vergleich zwischen türkischstämmigen und deutschen Frauen auf Basis von Abrechnungsdaten der AOK-Berlin zu untersuchen.
Methode: Ausgewertet wurden die schwangerschaftsbezogenen Abrechnungsdaten aller bei der AOK Berlin versicherten türkischstämmigen Frauen mit einer lebend geborenen Einlingsgeburt für den Zeitraum 2005-2007. Als Vergleichsgruppe diente eine Zufallsauswahl von bei der AOK Berlin versicherten deutschen Frauen. Die Identifizierung der türkischstämmigen Frauen erfolgte durch die Anwendung eines Namensalgorithmus [3]. Die Stichprobe der deutschen Frauen wurde durch den im AOK-Datensatz enthaltenen Nationalitätenschlüssel ergänzt. Gestationsdiabetes wurde anhand des ICD-Codes O24.4 in den diagnosebezogenen Abrechnungsdaten identifiziert.
Ergebnisse: Nach Ausschluss von Aborten und Mehrlingsgeburten wurden die Datensätze von insgesamt 4.280 Frauen mit einer Einlingsgeburt im Zeitraum 2005 bis 2007 ausgewertet. Bisher abgeschlossene Auswertungen der krankenhausbezogenen Abrechnungsdaten zeigen eine erhöhte Odds Ratio für türkischstämmige im Vergleich zu deutschen Müttern. Dabei ist die für das Alter der Mutter adjustierte Chance, einen Gestationsdiabetes während der Schwangerschaft zu entwickeln, um ca. 50% (OR: 1,54; 95% KI: 1,09-2,18) erhöht.
Diskussion: Krankenhausbezogene Abrechnungsdaten der AOK-Berlin weisen darauf hin, dass türkische Frauen einem deutlich höheren Risiko für Gestationsdiabetes unterliegen als deutsche Frauen. Abrechnungsdaten zu ambulanten Diagnosen und Behandlungen werden im nächsten Schritt ausgewertet. Über die möglichen Ursachen der Unterschiede ist bisher wenig bekannt. Wenn sich die Ergebnisse weiter bestätigen, sollte die Aufklärung über Diabetes im Rahmen der Schwangerenvorsorge für Migrantinnen geprüft und ggf. intensiviert werden.
Literatur
- 1.
- Plagemann A, Harder T, Kohlhoff R, Rohde W, Dörner G. Overweight and obesity in infants of mothers with long-term insulin-dependent diabetes or gestational diabetes. Int J Obes Relat Metab Disord. 1997;21:451-6.
- 2.
- Icks A, Kulzer B, Razum O. Diabetes bei Migranten. In: Nuber G, Hrsg. Deutscher Gesundheitsbericht Diabetes. Mainz: Kirchheim + Co GmbH; 2011. S. 148-154.
- 3.
- Razum O, Zeeb H, Akgun S. How useful is a name-based algorithm in health research among Turkish migrants in Germany? Trop Med Int Health. 2001;6:654-61.