Artikel
Entwicklung und Erprobung eines Konzeptes zur Erhöhung des Patient Empowerments auf Basis der „Patientenuniversität“ am Beispiel der Umsetzung am Städtischen Klinikum Braunschweig
Suche in Medline nach
Autoren
Veröffentlicht: | 20. September 2011 |
---|
Gliederung
Text
Einleitung/Hintergrund: Immer stärker spiegelt sich die Idee eines autonomen, die Verantwortung für sein Handeln selbst übernehmenden Menschen auch in der Rolle der Patienten wider [1], [2]. Damit Menschen in die Lage versetzt werden, im Sinne des Empowerments tatsächlich selbstbestimmt im Gesundheitswesen zu agieren, ihre Bedürfnisse zu formulieren und zu Partnern der Professionellen zu werden, brauchen sie diverse Fähigkeiten, z.B. Kenntnisse über den menschlichen Körper, aber auch über Strukturen des Gesundheitswesens, Patientenrechte und unterstützende Instanzen [3] [4], [5]. Hier setzt das Projekt eHealth.Braunschweig [6] an, das sich zum Ziel gesetzt hat, Maßnahmen zur Erhöhung des Patient Empowerments voranzutreiben.
Material und Methoden: Ein Ansatz zur Erhöhung des Patient Empowerments ist das Konzept „Patientenuniversität“, das von der Medizinischen Hochschule Hannover entwickelt und dort seit 2006 erfolgreich durchgeführt wird. Die „Patientenuniversität“ hat ein neues Bildungsangebot für Bürger zu gesundheitlichen und systembezogenen Themen geschaffen [7], [8]. Dabei spielt der Aufbau des Lernangebots eine besondere Rolle: Expertenvorträge gepaart mit interaktiven Lernstationen, an denen die Besucher das theoretisch Gehörte in praktischen Übungen vertiefen können.
Um dieses Konzept von Hannover aus in die Fläche zu bringen, wird eine Umsetzung des Bildungsangebotes für Kliniken beliebiger Größe entwickelt. Das Klinikum Braunschweig erprobt erstmals, wie das Konzept auf ein Städtisches Klinikum der Maximalversorgung übertragen werden kann.
Ergebnisse: Es wurde ein modulares Dienstleistungsangebot definiert, das von Kliniken bei der Umsetzung im eigenen Haus je nach Kapazität individuell in Anspruch genommen werden kann. Dabei wurden Gesamt- und Einzelthemen, Lernstationen, Aufbereitung von Vortragsfolien und Unterrichtsmaterialien, Gewinnen von Referenten und Betreuern der Lernstationen, Marketing/Öffentlichkeitsarbeit/PR, Durchführen der Veranstaltungen, Teilnehmerverwaltung und Abrechnung der Teilnehmergebühren als Teilaspekte definiert.
In der praktischen Umsetzung wurde am Klinikum Braunschweig unter dem Titel „Patientenuniversität für alle – Medizin zum Anfassen“ eine sechsteilige Veranstaltungsreihe erarbeitet, die über das Jahr verteilt angeboten wird. Begonnen wird mit einer Reihe mit dem Titel Organe, die die Themen Das Herz, Der Bewegungsapparat, Die Lunge, Gehirn und Nervensystem, Die Niere und Der Darm behandelt. Die Themenwahl basiert auf positiven Erfahrungen aus Hannover und dem hohen Interesse der dortigen Bevölkerung an diesen Themen. Die Inhalte werden größtenteils vom Klinikum Braunschweig selbst umgesetzt, vereinzelt auch über eHealth.Braunschweig ausgelagert.
Diskussion/ Schlussfolgerungen: Die Herausforderung, das Konzept „Patientenuniversität“ aus dem ursprünglich universitären Kontext, in dem z.B. andere personelle Ressourcen (wie Studierende) zur Verfügung stehen, an ein Städtisches Klinikum zu transferieren, konnte durch die Definition modularer Teilaspekte und Auslagerung einzelner Aspekte erfolgreich bewältigt werden. Bei der anstehenden Durchführung der Veranstaltungsreihe soll das Konzept evaluiert und angepasst werden, um im nächsten Schritt bei weiteren Kliniken eingesetzt zu werden.
Literatur
- 1.
- Köhler CO, Hägele M. Integration des Patienten in medizinische Informationskreisläufe. In: Lehmann TM, ed. Handbuch der Medizinischen Informatik. 2. Auflage. Hanser Verlag; 2005. p. 45-47.
- 2.
- Coulter A, Magee H. The European Patient of the future. Open University Press. 2004.
- 3.
- Marsted G. Auf der Suche nach gesundheitlicher Information und Beratung: Befunde zum Wandel der Patientenrolle. In: Böcken J, Braun B, Schnee M, eds. Gesundheitsmonitor 2003, die ambulante Versorgung aus Sicht von Bevölkerung und Ärzteschaft. Gütersloh: Verlag Bertelsmann Stiftung; 2003. p.117-135.
- 4.
- Rapport J. The power of empowerment language. Social Policy. 1985;15:15-21.
- 5.
- Kurtz V, Dierks ML. Empowerment im Gesundheitsversorgungssystem. Umsetzung auf individueller und organisatorisch-gesellschaftlicher Ebene im deutschen Gesundheitswesen. In: von Lengerke T, ed. Public Health Psychologie, Individuum und Bevölkerung zwischen Verhältnis und Verhalten. Weinheim und München: Juventa; 2007. p. 160-170.
- 6.
- Gusew N, Gerlach A, Haux R, Plischke M, et al. eHealth vision towards cooperative patient care – domain fields and architectural challenges of regional health care networks. In: Proceedings of the 13th World Congress on Medical Informatics, Medinfo 2010, Cape Town, South Africa, 2010.
- 7.
- Dierks ML, Seidel G. Empowerment durch Bildungsmaßnahmen im Gesundheitswesen – das Beispiel der Patientenuniversität an der Medizinischen Hochschule Hannover, Dokumentation 13. Bundesweiter Kongress Armut und Gesundheit, 2007.
- 8.
- Dierks ML, Seidel G, Lingner H, Schneider N, Schwartz FW. Die Patientenuniversität an der Medizinischen Hochschule Hannover. Zeitschrift Managed Care. 2007;7/8:34-40.